Kolbenstangenlose Aktuatoren
Die richtige Mischung finden
Systementwickler, die sich für kolbenstangenlose Aktuatoren entscheiden, stehen vor der Qual der Wahl. Fast jede Kombination aus Gleitgewindetrieb, Kugelgewindetrieb oder Steuerriemen mit Gleit-, Kugellager- oder Rollenführungen könnte zur optimalen Lösung führen. Zur Ausschöpfung aller Vorteile ist eine sorgfältige Spezifikation unverzichtbar.
Im Unterschied zu Kolbenstangen-Aktuatoren, bei denen eine Schubstange nicht-abgestützt aus dem Gehäuse ausfährt, verwenden kolbenstangenlose Aktuatoren einen Schlitten (oder Wagen), auf dem ein schienengestützter Verstellmechanismus die Last hin- und her bewegt. Um eine optimale Kombination aus Wirkungsgrad, Zuverlässigkeit und Leistung zu erhalten, müssen mehrere Variablen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden.
Dabei gelten ähnliche Grundprinzipien: Kolbenstangenlose Aktuatoren werden in erster Linie anhand der Länge, Breite und Höhe ihrer Profile unterschieden. Die gängigen Abmessungen reichen von 40 mal 40 bis 120 mal 120 Millimeter. Um innerhalb dieses Spektrums die potenziellen Vorteile auszuschöpfen, gilt es, die benötigte Hublänge, maximale Geschwindigkeit, dynamische Schlittenlast und Lageranforderungen genau zu analysieren. Erst anhand dieser Analyse erfolgt die Motorauswahl, ebenso wie die Festlegung der Anbauvorrichtungen und erforderlichen Steuerungsfunktionen. Die zentralen Komponenten in diesem Auswahlprozess sind die Verstellmechanismen und die Führungssysteme, ergänzt um die Spezifikation des Leistungsfaktors, der Motoren und Sensoren sowie des weiteren Zubehörs.
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Auswahl der Verstellmechanismen
In kolbenstangenlosen Aktuatoren kommen zumeist Gleit- oder Kugelgewindetriebe oder auch Steuerriemen zum Einsatz.
Gleitgewindetriebe: Diese auch als Leitspindel oder Trapezgewindetrieb bezeichneten Lösungen bieten hohe Steifigkeit und Verstellkraft in kompakter Bauform. Die Kraftübertragung zwischen Spindel und Mutter erfolgt gleitend, woraus sich ein hoher Reibungsfaktor und eher geringer Wirkungsgrad ergibt. Andererseits bietet diese Technik den Vorteil einer gewissen Selbsthemmung in Ruhestellung. Die Lebensdauer des Aktuators ergibt sich aus dem Spiel, das durch den Verschleiß zwischen Mutter und Spindel entsteht. Es gibt jedoch mittlerweile Hersteller, die ihre Aktuatoren mit selbstschmierenden Kunststoffmuttern ausstatten, um die Lebensdauer zu verlängern.
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Das Verhältnis zwischen Druckbelastung und Geschwindigkeit (PV) ist ein weiterer Faktor, der die Tragzahl und zulässige Drehzahl von Gleitgewindetrieben bestimmt. Druck entspricht Verstellkraft – steigt also die Verstellkraft, sinkt die Drehzahl und umgekehrt. Aktuatoren mit Gleitgewindetrieb können Hublängen von drei Metern erreichen, sind aber zumeist in eher kurzhubigen Anwendungen mit geringeren Lasten zu finden.
Kugelgewindetriebe: Aktuatoren mit Kugelgewindetrieb sind robuster und eignen sich zudem besser für die meisten Industrieanwendungen. Ein Kugelgewindetrieb-Aktuator auf einem 120-Millimeter-Strangpressprofil mit einer präzisionsgerollten Kugelgewindespindel von 32 Millimeter Durchmesser und 20 Millimeter Steigung bietet beispielsweise eine Verstellkraft von 12.000 Newton und eine maximale Verstellgeschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde bei einer Antriebsdrehzahl von 3,000 Umdrehungen pro Minute. Derselbe Aktuator und Spindeldurchmesser mit 40 Millimeter Steigung bietet dagegen eine Verstellgeschwindigkeit von zwei Meter pro Sekunde und eine Verstellkraft von 8.000 Newton. Eine typische Kombination aus präzisionsgerollter Kugelgewindespindel und Kugelgewindemutter erreicht eine Positions-Wiederholgenauigkeit von plus/minus 0,01 Millimeter oder weniger.
Damit bieten Aktuatoren mit gerollter Kugelumlaufspindel eine kosteneffiziente Lösung für Anwendungen mit einem Hub bis zu drei Meter. Kugelgewindetrieb-Aktuatoren können ausgewählt werden, um die Leistungsdichte zu optimieren, also eine möglichst hohe Verstellkraft in kleiner Baugröße zu erhalten. Die nominelle Lebensdauer L10 kann genau prognostiziert werden, da es sich bei der Kugelgewindemutter im Grunde um ein Kugellager handelt, das derselben ISO-Berechnung unterliegt. Die Länge der Spindel wirkt sich aufgrund der Knickbelastbarkeit auf die Tragzahl aus, genauso wie die zulässige Drehzahl von der Vibrationsentwicklung allgemein begrenzt wird.
Zwei weitere Faktoren, die zur Tragzahl eines kolbenstangenlosen Aktuators mit Kugelgewindetrieb beitragen, sind die Ausführung der Kugelgewindemutter und die Schlittenlänge. Eine längere oder doppelte Kugelgewindemutter steigert die Verstellkraft, während ein längerer Schlitten die Länge oder den Abstand der Lager sowie die Momentbelastbarkeit erhöht. Thomson Industries bietet beispielsweise einen kugellagergeführten Kugelgewindetrieb-Aktuator mit Einzel- oder Doppelmutter. Die Einzelmutter-Ausführung dieser Einheit mit 80-mal-80-Millimeter-Profil hat einen 200 Millimeter langen Schlitten, eine Verstellkraft (FX) von 3.500 Newton und ein Nickmoment (My) von 180 Newtonmeter. Die zugehörige Ausführung mit Doppelmutter hat einen 280 Millimeter langen Schlitten, eine Verstellkraft (FX) von 5.000 Newton und ein Nickmoment (My) von 300 Newtonmeter. Darüber hinaus hat die Doppelmutter selbst eine höhere Steifigkeit, eine etwas bessere Wiederholgenauigkeit und weniger Axialspiel.
Verstellmechanismen mit Steuerriemen: Auch diese Aktuatoren sind robust und eignen sich für die meisten Industrieanwendungen. Aktuatoren mit zugfesten Steuerriemen vertragen hohe Verstellkräfte, Verstellgeschwindigkeiten bis zehn Meter pro Sekunde und sind in der Länge praktisch unbegrenzt. Für Anwendungen, die Hublängen von mehr als drei Meter erfordern, sind sie gegenüber Aktuatoren mit gerollter Kugelumlaufspindel die kostengünstigere Alternative. Zudem sind Steuerriemen-Aktuatoren besonders sauber und gleichzeitig unempfindlich gegen Verschmutzung.
Auswahl der Führungssysteme
Ein weiterer kritischer Erfolgsfaktor für kolbenstangenlose Aktuatoren ist die Spezifikation der Führungssysteme, die den Schlitten stützen, aber auch sämtliche Kräfte, die auf die zu bewegende Last wirken. Zur Auswahl stehen Gleitlager, Kugellager, Kurvenrollen und/oder Räder.
Gleitlager: Gleitlager haben einen höheren Reibungsfaktor als die übrigen Lösungen, kommen aber andererseits häufig ohne Schmierung aus und widerstehen Schmutz oder Nässe. Sie dämpfen darüber hinaus die Vibrationen, laufen geräuscharm und vertragen kurze Hübe bei schnellem Arbeitsspiel. Gleitlager oder -führungen laufen entweder direkt auf dem Aluminium-Strangpressprofil oder auf in das Profil eingelassenen Schienen aus unterschiedlichen Werkstoffen wie gehärtetem Stahl, Edelstahl oder eloxiertem Aluminium. Die Gleitlagerbuchsen können ebenfalls in verschiedenen Materialien ausgeführt sein, wie Polymer, PTFE und zahlreiche reibungsarme Kunststoffe.
Kugellager-Führungen: Diese Varianten bestehen aus umlaufenden Kugellagerbuchsen, die am Schlitten montiert sind und auf Schienen aus gehärtetem Stahl laufen, die wiederum auf das Profil oder auf Stahleinsätze geschraubt werden. Sie können entweder als Einzelprofilschiene für einen kompakteren Aktuator ausgeführt sein oder als stabilere Doppelschiene. Kugelführungen bieten eine hohe Genauigkeit sowie Tragzahl und unterstützen mittlere Geschwindigkeiten.
Räder und Kurvenrollen: Diese einfachen und wirtschaftlichen Lösungen laufen gleichfalls auf Schienen aus gehärtetem Stahl, die in das Profil eingelassen sind. Sie bieten hohe Tragzahlen und Geschwindigkeiten bei mittlerer Genauigkeit. Die gekapselten Kugellager sind wartungsfrei und schmutzresistent.
Leistungsfaktor
Der Leistungsfaktor ist eine entscheidende Variable bei der Auswahl eines kolbenstangenlosen Aktuators. In einem typischen Arbeitsspiel beschleunigt ein Aktuator, läuft und verzögert mindestens einmal pro Bewegungsrichtung. Es können aber auch viele Zwischenstopps über den Hub vorgesehen sein. Die Momentlasten geben die benötigte Kraft an, um die angetriebene Komponente zu beschleunigen, und deren Position relativ zum Schlitten. Selbst bei angetriebenen Komponenten mit eigenen Führungssystemen wirken Nick- und Giermomente auf den Schlitten.
Motor-Ausführungen
Zum Antrieb von kolbenstangenlosen Aktuatoren kommen hauptsächlich Servo- oder Schrittmotoren zum Einsatz. Gleichstrom- und Wechselstrom-Standardmotoren werden ebenfalls genutzt, allerdings wird ihre Einschaltdauer auf die Anzahl von Starts pro Stunde begrenzt, die der Motor schadlos ausführen kann. Aktuatorenhersteller bieten üblicherweise metrische und NEMA-Montagehalterungen mit oder ohne angebauten Motor. Die Größe des Motors wird letztlich von den Drehzahl- und Drehmoment-Anforderungen bestimmt.
Automatischer Auswahlprozess
Linear Motioneering ist ein Online-Tool, das Thomson für die Auslegung und Auswahl von Linearkomponenten, auch für Linearaktuatoren, anbietet. Die Anwender machen Angaben wie Umgebungsbedingungen, Wiederholgenauigkeit, Hub, Verfahrweg, Verfahrzeit, Einschaltdauer, Ausrichtung, Lasten und Kräfte, woraus das Tool eine maßgeschneiderte Aktuator-Lösung ermittelt.
Nehmen wir als Beispiel die Konstruktion einer Verpackungsmaschine, die eine Horizontalachse mit einer Hublänge von 1.500 Millimeter benötigt, um Produkte aufzunehmen und in Kartons abzusetzen. Nach Eingabe der Hublänge zusammen mit weiteren anwendungstechnischen Parametern, wie die mit dem Schlitten verbundene Masse, ein etwaiger seitlicher Versatz vom Schlitten zur Mitte der Masse sowie Anforderungen an das Arbeitsspiel, werden die besten und kostengünstigsten Lösungen ausgegeben
Ist das Aktuator-Grundmodell ausgewählt, hilft das Tool auch bei der Ausstattung mit Sensoren, Montagehalterungen und einem Motor-Anbausatz, einschließlich Schrauben und Kupplungen. Das Ergebnis ist ein vollständiger Bestellcode inklusive aller Preisangaben. Damit nicht genug, berechnet das Tool ein komplettes Bewegungsprofil mit Dauer- und Spitzendrehmomenten, maximalen Verstellgeschwindigkeiten und erwarteter Laufleistung. as