Additive Fertigung

ERP sorgt für den richtigen Antrieb

Die Auswahl eines ERP-Systems (Enterprise Resource Planning) ist eine Entscheidung, die Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen hat. Wird die richtige Entscheidung getroffen, dann dient die betriebswirtschaftliche Software als effizientes Steuerungsinstrument. SCOPE-Redakteur Stefan Graf befragte den Antriebshersteller Kordel zum Umstieg auf die Software Psipenta und nach Erfahrungen im Praxisbetrieb

Die Auswahl eines ERP-Systems (Enterprise Resource Planning) ist eine Entscheidung, die Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen hat. Wird die richtige Entscheidung getroffen, dann dient die betriebswirtschaftliche Software als effizientes Steuerungsinstrument. SCOPE-Redakteur Stefan Graf befragte den Antriebshersteller Kordel zum Umstieg auf die Software Psipenta und nach Erfahrungen im Praxisbetrieb.

Die Kordel-Gruppe mit ihrem Stammsitz im westfälischen Münsterland und heutiger Global Player in der Sondergetriebe und Antriebstechnik blickt auf eine lange Tradition zurück. Der in 1879 als Schmiede gegründete Betrieb stieg nach der Fertigung von landwirtschaftlichen Geräten in den 50iger und 60iger Jahren auf die Entwicklung und Herstellung von Komplettgetrieben um. Bereits 1969 wurde das erste Einradtriebwerk, welches heute den Hauptteil der Fertigungskapazitäten füllt, hergestellt.

Ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte war in den achtziger Jahren die Entwicklung und Herstellung von Drehkranzlagern sowie Gleichstrommotoren, um die Flurförderzeug<discretionary-hyphen>industrie mit Kompletteinheiten beliefern zu können. Seit Jahrzehnten ist Kordel mit seinen Produkten weltweit präsent und setzt auf eine große Fertigungstiefe, um Kunden flexibel zu bedienen und einen hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten. Das Stammwerk in Dülmen wurde über die Jahre hinweg ständig erweitert und beschäftigt heute 320 Mitarbeiter. Im Zuge der Globalisierung und im Hinblick auf die stetige Ausweitung der Geschäftsfelder wurde vor rund 10 Jahren ein zur Kordel-Gruppe gehörendes Produktionsunternehmen in Polen gegründet. „Die Fertigungsplanung dieser Produktionsstätte mit etwa 240 Mitarbeitern geschieht von Dülmen aus“, erklärt Fertigungsleiter Manfred Schwack. Heute ist Kordel ein reiner Auftragsfertiger, der zielgerichtet Produkte für seine Kunden entwickelt. „Die Kunden teilen uns ihre Wünsche mit und wir entwickeln und fertigen dann ein auf diese Wünsche hin abgestimmtes System unter Berücksichtigung der geforderten Leistungsdaten und Einbauverhältnisse“, sagt Schwack. Kordel arbeitet für rund 40 Großkunden, die zu den Marktführern ihrer Branche zählen.

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Zeit für Veränderungen

Zur Steuerung der Produktion sowie flankierender Geschäftsprozesse ist der Hersteller auf den Einsatz der IT angewiesen. Bis 1998 hatten die Westfalen die PPS-Lösung „Weigang Struktura“ im Einsatz. Deren Weiterentwicklung war vom Hersteller eingestellt worden und der Wechsel ins neue Jahrtausend wäre nicht möglich gewesen. „Hinzu kamen zu hohe Supportkosten, die wir als Anlass für einen Umstieg auf ein modernes ERP-System nutzen wollten“, erinnert sich Werner Rips, EDV-Leiter bei Kordel. „Bereits 1997 begannen wir den Markt zu sondieren und aufgrund von Funktionalitäten eine Vorauswahl zu treffen.“ Es folgten Messebesuche bei ERP-Anbietern und die Kontaktaufnahme.

Nach einer Vorauswahl wurde der Kreis auf vier Anbieter reduziert. Diese präsentierten nicht nur ihre Software bei Kordel, sondern mussten unter anderem auch einen beispielhaften Auftragsdurchlauf simulieren. „Weil wir in unserer Produktionsplanung sehr beweglich sein müssen, legen wir hohen Wert auf die Flexibilität des ERP-Systems und die einfache Anpassbarkeit an Veränderungen im Auftragsdurchlauf“, sagt Fertigungsleiter Schwack. Die Kordel-Geschäftsleitung und ein Team von Key-Usern waren sich bald einig: Psipenta erfüllte die Anforderungen am besten. „Wir entschieden uns für eine moderne Software mit großem Umfang, die flexibel ist und gut in unsere Abläufe zu integrieren war. Das mittelstandsgerechte Angebot umfasste zudem hochwertige Hardware, die einen sicheren Betrieb gewährleistet“, sagt Rips. Auf Basis des Pflichtenheftes startete man 1998 mit der Einführung des neuen ERP-Systems. „Aufgrund der umfangreichen Ausstattung der Software „Psipenta Auftragsmanagement“ war diese Standardversion mit Funktionen wie Einkauf, Materialwirtschaft, Lagerverwaltung, Fertigungssteuerung und Vertrieb bereits ausreichend für uns. Sollten wir später weitere Funktionalitäten benötigen, können wir diese mit weiteren Modulen abdecken“, ergänzt der EDV-Leiter.

Sicherer Umstieg

Die Schwerpunkte des Projektes waren die möglichst vollständige Daten<discretionary-hyphen>übernahme aus dem Weigang-Programm, das Abbilden von Prozessen im ERP sowie der Test des Systems mit Echtdaten und der Start im Praxisbetrieb. Aber auch auf eine umfassende Mitarbeiterschulung wurde großen Wert gelegt.

Für die Datenübernahme wurde zunächst eine detaillierte Schnittstellenbeschreibung erstellt, die später die Übernahme aller Produktivdaten ohne zusätzlichen Pflegeaufwand ermöglichte. „Daran haben wir sehr sorgfältig gearbeitet, da es um enorme Datenbestände ging: zum Beispiel rund 35.000 Teile und etwa 11.000 Stücklisten“, verdeutlicht der Fertigungsleiter. Als nächsten Schritt nahm man den Aufbau einer Testumgebung mit Psipenta in Angriff, die mit den Echtdaten aus dem alten System abgeglichen wurde. Beide Systeme liefen von November bis Dezember 1998 im Parallelbetrieb. „Alle ERP-Anwender hatten in dieser Zeit Zugriff auf beide Systeme, um erste Erfahrungen zu sammeln, die Daten zu vergleichen und auch Fehler zu erkennen und zu beheben“; erklärt Rips die Einführungsstrategie. Parallel hierzu liefen bereits die Anwenderschulungen. Dies hatte den Vorteil, dass die Mitarbeiter ihre theoretischen Erfahrungen zeitnah im Testsystem umsetzen konnten. Positiv wirkte sich in dieser Phase eine bereits im Vorfeld abgeschlossene Optimierung der Geschäftsprozesse aus. Dadurch konnte das neue System ohne individuelle Anpassungen eingeführt werden. Der Start des neuen Systems sollte zum 1. Januar 1999 erfolgen: „Zwischen den Jahren erfolgte die Echtdatenübernahme, wobei wir diese noch einmal sehr sorgfältig überprüft und Fehler behoben, beziehungsweise Daten auch bereinigt haben. Dem „Go-Live“ sahen wir gelassen entgegen, denn wir wussten bereits, dass alles funktionieren würde“, erinnert sich der EDV-Leiter. In den folgenden drei Januar-Wochen erfolgte der „Feinschliff“: kleinere Fehler wurden behoben und zusätzliche Daten für Funktionen eingegeben, die mit Psipenta nun zur Verfügung standen.

Hohe Anforderungen

Zu den besonderen Anforderungen an das ERP-System zählt bei Kordel beispielsweise die Auftragsabwicklung: „Neben den herkömmlichen Aufträgen über eine bestimmte Bestellmenge zu einem definierten Zeitpunkt schließen viele unserer Kunden Rahmenverträge mit uns. Diese besagen, dass wir eine bestimmte Menge von Antriebseinheiten nach einem Terminplan fertigen und liefern müssen. Psipenta ermöglicht es uns zum einen diese Rahmenverträge abzubilden und unsere Fertigung, den Einkauf oder auch das Lager entsprechend zu steuern. Zum anderen kann aber der Verkauf auch anhand verlässlicher Daten entscheiden, ob ein solcher Rahmenvertrag überhaupt ausführbar ist“, erklärt Fertigungsleiter Schwack. Dazu müssen die Verantwortlichen viele Parameter im Blick haben, wie beispielsweise den Lagerbestand und die Fertigungskapazitäten in Dülmen, aber auch die Kapazitäten des polnischen Werkes sowie die Bestände, die täglich auf Lastwagen zwischen den Standorten unterwegs sind. Um dies zu ermöglichen, wurde der polnische Standort per VPN-Datenleitung (Virtual Private Network) an die EDV in der Zentrale angebunden.

Eine große Rolle spielte für die Dülmener auch die einfache Handhabung des ERP-Systems. Dies betrifft sowohl die einfache Bedienung für die Anwender als auch das Anpassen von Bedienungsoberflächen oder Auswertungen. Vorteilhaft ist hierbei, dass Psipenta über eine leistungsstarke SQL-Datenbank verfügt. Positiv bemerkbar macht sich die Kompatibilität der objektorientierten ERP-Software: Offene Schnittstellen und die Integration von Microsofts Visual Basic for Applications (VBA) ermöglichen schnelle Anpassungen und die Anbindung von Fremdsoftware.

Fit für die Zukunft

Die Einführung des modernen ERP-Systems brachte für die Mitarbeiter in der Fertigungsplanung weitere Vorteile: „Wir nutzten früher ein Planungs- und Simulationsprogramm der Firma Wassermann, die sich auf Beratung und Software für die Materialflussoptimierung spezialisiert hat. Mit dem Einsatz von Psipenta ist dessen Betrieb nicht mehr notwendig. Es ist auch von Vorteil, die Fertigungsplanung nicht zu simulieren, sondern mit Echtdaten zu arbeiten. Die Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich, dass die Eingaben in das ERP-System zeitnah erfolgen und exakt sind“, gibt Rips zu bedenken.

Ein weiteres Einsparpotential ergab sich aus der Ablösung der alten Systeme: „Vorher hatten wir mit den zwei Programmen einen wesentlich höheren Pflegeaufwand. Da Psipenta alle Bereiche abdeckt, konnten wir diesen deutlich reduzieren“, betont der EDV-Leiter. Auch die Abbildung und Organisation des Lagers mit Hilfe der Software hat sich ausgezahlt: „Heute ist alles besser geordnet und schneller auffindbar; die verfügbaren Lagerflächen werden optimal genutzt“, bestätigt Fertigungsleiter Schwack. In vielen Bereichen zeigt sich heute, dass die Entscheidung für Psipenta richtig war. Der Antriebshersteller wächst seit Jahren kontinuierlich und konnte mit Hilfe des ERP-Systems seine Geschäftsprozesse ständig optimieren, teilweise sogar die Kosten reduzieren und die Qualität trotzdem auf einem hohen Niveau halten. „Offensichtlich zahlt sich sowohl die Industrie-Erfahrung der Berliner aus, als auch der enge Kontakt zu den Kunden, deren Feedback und Anregungen in die Weiterentwicklung einfließen“, sind sich Rips und Schwack einig. <forced-line-break>Stefan Graf / graf@hoppenstedt.de

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