Zulieferer
Dünnes Zwischeneinander
In der Gestalt dünner Platten dienen sie als Sockel-Ausgleich bei der exakten Positionierung von Spritzgießmaschinen; in der Form flacher Ringe halten sie in Getrieben den definierten Abstand zwischen Antriebswelle und Achse; als winziger Stellring sichern sie die Justage des Spannkopfes in Werkzeugmaschinen und, und, und – metallische Zwischenlagen erfüllen heute ganz unterschiedliche Aufgaben. Allgemein darf man vielleicht sagen: Wo immer Bauteile manuell montiert werden oder Relativbewegungen in Baugruppen der exakten Abstimmung bedürfen, gleichen sie im Dienste von Effizienz, Sicherheit und Qualität selbst kleinste Toleranzen aus. Und um es vorweg zu nehmen: Der systematische Einsatz von Zwischenlagen kann höchst erfreuliche Konsequenzen nach sich ziehen – und zwar gleich an mehreren Stellen der Wertschöpfungskette!
Nähern wir uns dem Thema zunächst über einige konkrete Anwendungsfälle. Zum Beispiel die Antriebstechnik: Für viele Hersteller dieser Branche gelten metallische Zwischenlagen längst als unverzichtbare Zulieferteile. Und das hat gute Gründe. Zum einen lässt sich mit den Pass- und Schichtblechen der Toleranzausgleich direkt in die Baugruppen „hinein konstruieren“; zum anderen sind die Baugruppen auf diese Weise bestens vorbereitet für die zügige Montage. Das mittelständische Familienunternehmen Georg Martin liefert seine metallischen Zwischenlagen beispielsweise in Gestalt einbaufertiger Ringe und Ronden in den Getriebebau von Voith Turbo.
Laminierte Mikrometer
Georg Martin gehört in Europa zu den führenden Entwicklern und Herstellern von Zwischenlagen in maßgefertigten Geometrien und Dimensionen. Die Getriebebauer von Voith Turbo versorgt der Zulieferer mit kundenspezifisch ausgeführten Zwischenlagen seiner Produktlinie M-Tech L. Sie bestehen aus unlegiertem Edelstahl, die auf ein massives Getriebeelement der gleichen Geometrie aufgeklebt werden. Diese hochfesten Schichtbleche bestehen aus bis zu 64 laminierten Metallfolien mit Dicken von 50 bis 100 µ. Ihre dünnen Lagen lassen sich in der Montage – oder eben in der Instandhaltung – einzeln mit einem Handmesser abschälen, bis die gewünschte Blechdicke für den Toleranzausgleich erreicht ist.
Wie sich im Getriebebau durch den gezielten Einsatz metallischer Zwischenlagen erhebliche Kostenspar-Effekte erzielen lassen, das haben die Ingenieure von Georg Martin mal am Beispiel eines kompakten Universal-Kegelradgetriebes der Größe 100 ausgerechnet. Dazu muss man wissen: Ein zentraler Faktor für die Effizienz und Standzeit eines Kegelradgetriebes ist das paarweise Ausrichten der Flanken seiner Zahnräder und Ritzel, und hier insbesondere die Einstellung des Tragbildes des eintriebsseitigen Kegelrades. „Wer das Thema Toleranzausgleich hier falsch anpackt, lässt viel Geld liegen“, sagt Geschäftsführer Christoph Martin.
Großvaters Methode
Wer etwa die Positionierung der Eintriebsseite dadurch lösen würde, dass er den Anschraubflansch zunächst mit Aufmaß versieht, um ihn bei der Montage (und später in der Instandhaltung) auf das Wunschmaß nachzudrehen, arbeitet nach Großvaters Methode. Das gleiche gilt für den, der zwischen Anschraubflansch und Getriebegehäuse eine Distanzscheibe legt, deren Dicke später durch Schleifen auf Maß gebracht wird. In beiden Fällen addieren sich zum Aufwand für die Demontage und Montage (der Eintriebsseite) erhebliche Bearbeitungskosten. „Selbst wenn das Zielmaß mit einmaliger Nacharbeit erreicht wird, entstehen hier Stückkosten von fast 34,- Euro – das sind über acht Prozent des Getriebepreises. Warte- und Lieferzeiten sind dabei noch nicht berücksichtigt“, betont Firmenchef Martin. Und auch wenn man zwischen Kegelrad und Lager eine Passscheibe hinein konstruiert, liegen die Stückkosten immer noch bei über fünf Prozent des Getriebewerts.
Wer beim Toleranzausgleich von Kegelrädern einen wirklich guten Schnitt machen will, der sollte schon bei der Getriebe-Konstruktion hochpräzise Zwischenlagen des Typs M-Tech L berücksichtigen. Denn im Gegensatz zur herkömmlichen Passscheibe, die meist schwer zugänglich zwischen Kegelrad und Wälzlager liegt, wird die Zwischenlage reparaturfreundlich zwischen Flansch und Gehäuse eingesetzt, wobei der Monteur (oder auch der Instandhalter) die Folienlagen bis auf die ausgemessene Dicke per Hand abziehen kann. Die Stückkosten für die Positionierung des eintriebsseitigen Kegelrades sinken so auf unter drei Prozent des Getriebepreises! Der Getriebebauer erhält mit dem Einsatz von Zwischenlagen also eine konkurrenzlos günstige Methode, um den Wirkungsgrad seiner Aggregate nachhaltig sicher zu stellen. Und der Anwender darf sich über einen reduzierten Instandhaltungsaufwand freuen.
Szenenwechsel – wenden wir den Blick weg vom Getriebebau, hin zur Konstruktion der Lagerstellen von Arbeitswalzen für Walzwerke. Kraft, Hitze, Feuchtigkeit – die Fertigungsstraßen der Stahlblech-Erzeuger arbeiten unter extremen Bedingungen; alle Komponenten der Warmwalz-Anlagen sind hohen Anforderungen ausgesetzt, insbesondere die Lagerung der Arbeitswalzen. Denn die schweren Walzen müssen nicht nur präzise laufen, sondern sich auch möglichst einfach warten lassen. Ein Blick in die technischen Zeichnungen namhafter Anlagenbauer verrät: Die Arbeitswalzen-Lagerung ist eine konstruktiv komplexe Angelegenheit. Sie wird unter anderem mit Hilfe unterschiedlicher Wälzlagertypen gelöst – etwa gegeneinander laufender Schrägrollenlager. In die Konstruktion der Lagerstellen integriert sind Zwischenlagen, deren Aufgabe es ist, für den Toleranzausgleich innerhalb der Lagerstellen zu sorgen und damit zugleich den Ausgleich des Axialspiels der Arbeitswalzen zu gewährleisten. Als Konstruktionselemente sichern sie also den dauerhaft exakten Lauf der Walzen.
Für die Arbeitswalzen eines großen Walzstraßen-Herstellers liefert Martin beispielsweise einbaufertige Distanzringe und Ringsegmente mit Bohrungen – ebenfalls vom Typ M-Tech L. Je nach Bedarf lässt sich deren Dicke von 0,5 bis 3,2 Millimeter anpassen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Doppelfunktion der Zwischenlagen: In der Konstruktion sind sie nötig, weil aufgrund der Komplexität der Arbeitswalzen-Lagerung eine Kombination verschiedener Passungen zu berücksichtigen ist. Daraus resultieren Summentoleranzen, für deren Ausgleich es keine wirtschaftlichere Lösung gibt – so der Anlagenbauer. Darüber hinaus erleichtern die eingebauten Zwischenlagen auch die spätere Instandhaltung. Wenn nämlich die Arbeitswalzen nach Wartungsplan neu auszurichten sind, lässt sich deren Axialspiel durch das Abschälen der laminierten Zwischenlagen schnell und präzise ausgleichen.
Des Messers Schneide
Auch die Maschinenhersteller der Nahrungsmittelindustrie nutzen metallische Zwischenlagen zum Toleranzausgleich. Dort werden zum Beispiel die Schneidvorrichtungen für das Trennen von Fleischscheiben mit Zwischenlagen feinjustiert. Das erleichtert bereits die Montage von Unter- und Obermesser und vereinfacht zudem die Neuabstimmung nach dem Nachschleifen. „Wenn auf einer Zeichnung `bei Montage abstimmen´ steht, können unsere Kunden ihre Schleifmaschine außen vor lassen“, berichtet Firmenchef Christoph Martin.
Das Produktspektrum von Martin beinhaltet dreierlei Zwischenlagen: Neben den Schichtblechen vom Typ M-Tech L gibt es solide Bleche (M-Tech S), die geschliffen, selbstklebend oder im Sortiment ab einer Stärke von 15 µm zu haben sind sowie paketierte, randverklebte Dünnbleche in verschiedenen Dicken, die wie ein Abreißkalender genutzt werden (M-Tech P). Die Geometrie der Zwischenlagen richtet sich meist nach den konstruktiven Vorgaben. Martin liefert sie als einbaufertige Formteile aus Stahl, Aluminium und Messing. Die Endprodukte können Gesamtdicken von bis zu 3,2 Millimeter erreichen und haben Kantenlängen von maximal zu 1200 x 600 Millimeter. Der Zulieferer kann dabei fast jeden Kundenwunsch erfüllen, weil er sowohl spanlose und spangebende Fertigungsverfahren als auch das Laserschneiden einsetzt. Der eigene Werkzeugbau liefert Stanzwerkzeuge für Blechstärken bis hinunter zu 15 µm. Welches Optimierungspotenzial sich durch den intelligenten Einsatz der Zwischenlagen erschließt, zeigt der Blick aufs große Ganze – also auf den Wertschöpfungsprozess von der Entwicklung über die Montage bis zur Instandhaltung. Wer Zwischenlagen systematisch einplant, spart schon in der CAD-Phase Zeit, weil sich der Konstrukteur dann nicht mehr an engen Toleranzzielen festbeißen muss. Anschließend brauchen die „toleranter“ konstruierten Fügestellen nicht mehr teuer nachbearbeitet werden, denn selbst das Problem der Summentoleranz lässt sich ja mit Zwischenlagen lösen – der gesamte Fertigungsaufwand sinkt.
Das gleiche geschieht mit den Durchlaufzeiten, wenn die Ausgleichselemente für die Montage des Bauteils termingerecht disponiert werden. Noch weiter lassen sich die Durchlaufzeiten reduzieren, wenn die Zwischenlagen so gruppiert und gebündelt werden, dass sie zu definierten Einbaustellen im Montageprozess passen. Für den Anwender ergeben sich zudem Handhabungsvorteile, weil er den Materialaufbau der Zwischenlagen exakt auf die Aufgabenstellung abstimmen oder aber mit einem Mix aus dicken und dünnen Zwischenlagen flexibel arbeiten kann.
Potenziell reduziert der systematische Einsatz von Zwischenlagen auch den Reparaturaufwand. Denn der Instandhalter kann sich optimal vorbereiten, indem er den Fügestellen definierte Zwischenlagen zuordnet. Und damit nicht genug: Die Überwachung der Lagerbestände vereinfacht sich ebenfalls. Denn durch den Einsatz laminierter Zwischenlagen kann man mit einer einzigen Zwischenlage beliebig viele Dickenvarianten an massiven Passscheiben ersetzen.
Betriebswirtschaftlich betrachtet münden all diese Einzelaspekte aus der Wertschöpfungskette in einem verbesserten Cashflow – was gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht ganz ohne Charme ist!
Michael Stöcker