Luftabsaugung
Tornado im Werk
Bei nahezu jedem industriellen Bearbeitungsprozess entstehen luftgetragene Schadstoffe, die mehr oder weniger der Gesundheit schaden können. ROM setzt dem einen künstlichen Tornado entgegen, der die Umgebungsluft zu 100 % sauber halten soll. Die Herausforderung beim Einsatz an einer neuen Portalfräsmaschine bei der SMS Group lag im beengten Montageraum.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Lufterfassungstechniken mittels Stoff- und Wärmeabzugsanlagen nahm sich Prof. Rüdiger Detzer, ehemaliger Zentralbereichsleiter F&E bei ROM in Hamburg, die Natur zum Vorbild und entwickelte ein auf Luftverwirbelung basierendes System, das Rauche und Gase direkt im Nahfeld der Emissionsquelle abziehen kann. Für das sogenannte ROM-Drall-System der Rud. Otto Meyer Technik (ROM) spielen die baulichen Dimensionen nur eine untergeordnete Rolle: So lässt es sich sowohl an Einzelarbeitsplätzen im Montagebereich, zur Stofferfassungen an Gießereiöfen, bei Aufgabenstellungen in der mechanischen Fertigung sowie der Kunststoff verarbeitenden Industrie bis hin zur Rauchfreihaltung von Rettungswegen in großen Tunneln oder Atrien einsetzen.
Bevor sich der Wirbelstrom jedoch in Bewegung setzen kann, muss eine Ist-Analyse vor Ort gemacht werden. Die dabei gesammelten Daten werden in Modell- und Simulationsstudien optimiert, emissionsbeeinflussende Parameter bestimmt und anschließend die Anlage durch das Kompetenzzentrum Industrielle Lufttechnik der ROM Technik konstruiert.
So geschehen bei der der SMS Group, Systemanbieter von Anlagen, Maschinen und Services entlang der metallurgischen Wertschöpfungskette, die in ihrem Werk in Hilchenbach Großteile von bis zu 300 Tonnen bearbeiten. Werden die großen Werkstücke in Bearbeitungszentren gefräst, entstehen luftgetragene Emissionen, die aufgrund der Mitarbeiter- und Arbeitssicherheit direkt erfasst werden sollten. Trotz der immensen Dimension des mehrere Stockwerke hohen Waldrich-Siegen-Fräsportals war der Montageraum begrenzt.
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Im ersten Schritt dokumentierten und analysierten die ROM-Techniker die Emissionsströmungen sowie die Luftströmungsverhältnisse im Bearbeitungsbereich per Video. Mithilfe dieser Videoaufnahmen beurteilten sie dann die Strömungsverhältnisse und berechneten den notwendigen Emissionsvolumenstrom nach VDI 2262 Blatt 4 („Luftbeschaffenheit am Arbeitsplatz – Minderung der Exposition durch luftfremde Stoffe – Erfassen luftfremder Stoffe“).
Das Ergebnis ist eine Drallhaube, die aufgrund ihrer speziellen Strömungsform über die komplette Breite des Bearbeitungsbereichs die belastete Luft gleichmäßig erfassen kann. Dabei stellt eine zum Zentrum des Dralls stetig ansteigende Drucksenke sicher, dass einmal vom Drall erfasste Stäube und Emissionen zu 100 % abgeführt werden. Die Abluftströme werden in einer Sammelleitung zusammenfasst und über ein Schieberohrsystem zu einer Filteranlage weiterleitet. Diese schmale, linienförmige Erfassung ent- lang des Bearbeitungsbereichs ermöglicht es, die Abluft raumsparend und nahezu vollständig zu erfassen. Laut ROM musste so nur eine geringe Einschränkung der Bewegungsfähigkeit der Portalfräse in Kauf genommen werden. De facto ragt das Absaugelement circa 500 mm unterhalb des Horizontalportals heraus.
250 km/h gegen Rauch
Die patentierte Drall-Technologie kommt jedoch nicht nur in Maschinenhallen zum Einsatz, sondern macht auch als Brandschutz-System Sinn. So wird im Atrium des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart im Brandfall ein etwa 34 Meter hoher Tornado erzeugt, der durch sein hohes Druckgefälle vom Randbereich zum Auge hin den Brandrauch gleichmäßig aus allen Geschossen ansaugt, in seinem Zentrum bündelt und kontrolliert ins Freie abführt. Den erforderlichen Unterdruck erzeugen zyklisch angeordnete Strömungssenken. Überlagern sich diese Unterdruckzonen, entsteht ein Rotationsfeld, das im Inneren Umfanggeschwindigkeiten von 250 km/h und Unterdrücke über 1.000 Pa aufweist – damit ist der Brandschutztornado in etwa so stark wie ein mittelschwerer Tornado in der Natur. cs
Autoren: Dr. Mirko Schäfer, Andreas Galitz, Philipp Fehr, Simon Decher und Mark Otrisal, Rud. Otto Meyer Technik Ltd. & Co. KG, Hamburg, Stuttgart