Studie „Interim Management 2017“
Neue Optionen für eine zukunftsfeste Personalstrategie
Von Axel Oesterling, Geschäftsführer Aurum Interim Management
Matchmaker+
Drei von vier Unternehmen aus der Industrie und dem Verarbeitenden Gewerbe haben regelmäßig Schwierigkeiten, Stellen für Fach- und Führungskräfte innerhalb einer akzeptablen Frist mit qualifiziertem Personal zu besetzen, sofern es überhaupt gelingt. Damit ist die Branche überdurchschnittlich stark vom anhaltenden Fach- und Führungskräftemangel betroffen. Wie die Studie „Interim Management 2017“ zeigt, bleibt dies nicht folgenlos: Sowohl die aktuelle Performance als auch die Positionierung für die Zukunft leiden.
Das schleppende Personal-Recruiting ist die sprichwörtliche Achillesferse des deutschen Mittelstands: So klagen die Mitarbeiter in nahezu acht von zehn Firmen aus der Industrie und dem Verarbeitenden Gewerbe über eine zu hohe Belastung, zum Beispiel in Form von regelmäßigen Überstunden. Das sind Ergebnisse der Studie „Interim Management 2017“, für welche die auf die zeitlich befristete Vermittlung von Führungskräften und Experten spezialisierte Beratung Aurum Interim Management 384 Führungskräfte deutscher Unternehmen befragt hat. Etwa jeder zweite Teilnehmer kommt aus der Industrie oder dem Verarbeitenden Gewerbe.
Die zunehmende Belastung der Belegschaft ist nur eine der Folgen des Personalmangels. Bei 57 Prozent der Betriebe kommt darüber hinaus die – für die Industrie enorm wichtige – Entwicklung neuer Produkte oder Geschäftsmodelle aufgrund nicht besetzter Stellen zu kurz. Zum Vergleich: Über alle Branchen hinweg ist dieser Anteil mit 49 Prozent deutlich niedriger. Überdies bleibt mehr als jedes zweite Unternehmen beim Wachstum unter seinen Möglichkeiten. Auch ein anderes Problem infolge des Fach- und Führungskräftemangels betrifft die Industrie und das Verarbeitende Gewerbe vergleichsweise stark. So können 35 Prozent der Betriebe ihre Liefertermine an Kunden nicht immer einhalten. Am Gesamtmarkt betrifft das nur 26 Prozent der Firmen.
Artikel zum Thema

Fehlendes Digital-Know-how schreckt Bewerber ab
Digitalisierung ist aktuell das Thema Nummer 1 – doch das dazugehörige Wissen fehlt in vielen deutschen Betrieben. So haben 41 Prozent der Führungskräfte und mindestens jeder zweite Mitarbeiter nur ein geringes Digital-Know-how. Dieses Wissensniveau hält digital versierte potenzielle Kollegen davon ab, bei diesen Unternehmen anzuheuern, wie die Studie "Interim Management 2017" ergab.

Aber wie lösen die Unternehmen ihre personellen Engpässe abseits von Festanstellungen? 76 Prozent der Führungskräfte sprechen sich für Zeitarbeit aus und 61 Prozent für befristete Arbeitsverträge. Diese Instrumente sind in der Industrie und dem Verarbeitenden Gewerbe überdurchschnittlich stark verbreitet – von der Gesamtwirtschaft werden sie nur zu 60 beziehungsweise 51 Prozent genutzt. 52 Prozent der Manager aus der Industrie setzen zudem auf interne Weiterbildungsmaßnahmen und bereits jeder vierte bis fünfte auf Interim Management (22 Prozent). Der letztgenannte Anteil steigt bereits seit längerem kontinuierlich, denn der Bedarf an flexiblen, kurzfristig verfügbaren Personal-Lösungen wächst spürbar. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich zum ersten Mal mit diesem Thema und lassen sich von Interim Management Providern beraten.
Interim Management eignet sich für viele Aufgaben in den unterschiedlichsten Bereichen
Der Aurum-Studie zufolge herrscht in der Industrie und dem Verarbeitenden Gewerbe eine noch größere Offenheit als am gesamten Markt, Interim Management in verschiedenen Firmenbereichen einzusetzen: Die befragten Industrieunternehmen sehen Möglichkeiten vor allem in der Logistik mit 69 Prozent (sämtliche Branchen: 55 Prozent), im Finanzressort mit 66 Prozent (sämtliche Branchen: 60 Prozent) und im Einkauf mit 60 Prozent (sämtliche Branchen: 49 Prozent). Die Produktion halten 53 Prozent der Industrie-Manager für geeignet und die Abteilungen HR sowie Marketing jeweils 47 Prozent. Mindestens jeder Vierte kann sich Interim Management auch im Bereich Forschung und Entwicklung vorstellen sowie etwa jeder Fünfte im Vertrieb. Diese Verteilung deckt sich weitgehend mit den tatsächlichen Anfragen von Industriebetrieben, die das Instrument bereits nutzen.
Interim Management wird nicht nur in verschiedensten Unternehmensbereichen sondern auch für unterschiedlichste Aufgaben eingesetzt: Das Spektrum der Möglichkeiten reicht von Spezialisten, sei es ein Facility Manager, Lohnbuchhalter oder HR Business Partner, über Linienmanager (Leiter Vertriebsinnendienst, Werksleiter etc.) bis zur Geschäftsführung in Form etwa eines Logistikvorstands oder eines Finanzgeschäftsführers. Ebenso wertvoll sind externe Projektmanager, die beispielsweise den Aufbau eines neuen Standorts verantworten oder zur Unterstützung bei der digitalen Transformation herangezogen werden.
Zeitlich befristet eingesetzter Experte als Digitalisierungs-Katalysator
Dass solches Know-how von außen echten Mehrwert schafft, belegt die Studie „Interim Management 2017“ ebenfalls, z.B. im Zusammenhang mit dem Thema Digitalisierung. So laufen die Unternehmen laut der Befragung aufgrund der Lücken bei der digitalen Transformation Gefahr, ihre Attraktivität für Kompetenzträger auf diesem Feld und damit den Anschluss insgesamt zu verlieren. Das gilt vor allem für die Industrie und das Verarbeitende Gewerbe: Hier haben 51 Prozent der Führungskräfte (Gesamtmarkt: 41 Prozent) und 70 Prozent der Mitarbeiter (Gesamtmarkt: 56 Prozent) allenfalls ein geringes digitales Wissen. Dabei sollten gerade diese Unternehmen mit Blick auf die Industrie 4.0 Vorreiter am Markt sein.
Immerhin: Wenn es um die digitale Transformation geht, stehen viele Führungskräfte aus der Industrie dem Einsatz eines Interim Managers bereits aufgeschlossen gegenüber: Drei von vier befragten Führungskräften sagen, ein zeitlich befristet eingesetzter Experte könne den digitalen Wandel mit seinem externen Know-how beschleunigen. Und neun von zehn Befragten begrüßen es, dass ein Interim Manager nicht nur Ideen und Tools mitbringt wie ein klassischer Berater, sondern auch bei der Umsetzung der Digitalisierung im Tagesgeschäft hilft.
Agile Firmen schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe
Am Beispiel der Digitalisierung wird deutlich: Es geht nicht nur darum, via Interim Management eine Vakanz zu überbrücken. Das Unternehmen holt zugleich einen externen Wissensträger ins Haus, der die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Bereichs und damit des gesamten Betriebs mittel- und langfristig positiv beeinflusst.
Agile Mittelständler machen sich dies zunutze – insbesondere mit Blick auf den sich weiter verschärfenden Fach- und Führungskräftemangel. Eine kurzfristig entstehende Vakanz wird oftmals bewusst nicht sofort wieder fest besetzt. Vielmehr wird gezielt zunächst ein Interim-Professional herangezogen, der dabei unterstützt, den jeweiligen Verantwortungsbereich zu überprüfen und die Strukturen, Prozesse und Systeme zu optimieren. Erst auf dieser Basis sucht der Betrieb dann ohne zeitlichen Druck sehr gezielt den langfristigen Nachfolger.
Interim Management Provider als strategischen Partner aufbauen
Im Vorteil sind dabei die Unternehmen, die offene Positionen auf allen Ebenen praktisch auf Zuruf mit einem zur Aufgabe und Firmenkultur passenden Interim Manager oder Spezialisten besetzen können. Deshalb ist es entscheidend, Interim Management als strategisches Personalinstrument fest in die eigenen HR-Prozesse zu integrieren. Firmen, die sich darüber hinaus einen Interim Management Provider als strategischen Partner in der Personalstrategie aufbauen, erweitern ihren Handlungsspielraum zusätzlich.
Studie "Interim Management 2017"
Die auf die zeitlich befristete Vermittlung von Führungskräften und Experten spezialisierte Beratung Aurum Interim Management hat zur Jahreswende insgesamt 384 Führungskräfte deutscher Unternehmen zum Thema Interim Management befragt. 52 Prozent der Befragten sind in der Industrie und im Verarbeitenden Gewerbe tätig. Fast 80 Prozent der Studienteilnehmer gehören dem Vorstand, der Geschäftsführung oder der 2. Führungsebene ihres Unternehmens an.