Zerspanen
Für harte Brocken
Die Referenzliste der renommierten Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart liest sich wie das Who is Who nationaler und internationaler Industriegrößen. Dabei zählt Verschwiegenheit zu den höchsten Tugenden der unabhängigen Prüfer. Halten sie doch meist als erste Instanz Materialproben aus Werkstoffen in den Händen, die in künftigen Produkten verbaut werden, die wir später alle einmal in irgendeiner Form nutzen: Wir beziehen Strom, der in Kohlekraftwerken produziert wird, die immer höheren Belastungen standhalten müssen; wir fahren Autos, deren Motorblöcke auch nach Jahrzehnten noch keine Ermüdungserscheinungen zeigen dürfen. Und wer ins Flugzeug steigt, erwartet, dass die Reise ohne Probleme verläuft und er sicher ans Ziel kommt.
Als technisches Dienstleistungs-Unternehmen arbeitet die Materialprüfungsanstalt im Auftrag von Wirtschaft und Industrie. Die Mitarbeiter beraten ihre Auftraggeber bei der Lösung technischer Probleme, etwa bei der bauaufsichtlichen Zulassung neuer Werkstoffe. Sie bearbeiten wissenschaftliche und anwendungsorientierte Forschungsprojekte, helfen bei der Produktentwicklung, erstellen Gutachten und führen Prüfungen im Rahmen der Qualitätssicherung durch. Als öffentlich-rechtliche Einrichtung ist das Institut unabhängig und neutral. „Im Auftrag verschiedener Industriezweige ermitteln wir hier Materialkennwerte wie zum Beispiel Zugfestigkeit oder Materialermüdung. In Simulationsversuchen werden die Originalbauteile einer Dauerbelastung ausgesetzt, wie sie etwa in einer Schlaglochstrecke auftritt oder es wird das ständige Auf- und Zuschlagen einer Tür im Laufe eines Autolebens simuliert. Auch Wechsellastversuche zählen dazu. So können wir für den Auftraggeber eine Mindesthaltbarkeit bei entsprechender Belastung ermitteln“, erklärt Bernhard Lis, Werkstattmeister an der MPA. Eine Vielzahl an Aufträgen aus der Industrie betrifft auch das Zerspanungsverhalten bestimmter Materialien. „Immer öfter haben wir es in der letzten Zeit mit Metallzusammensetzungen zu tun, die sich für die Prüfungszwecke nicht problemlos bohren, drehen oder eben auch sägen lassen“, berichtet Lis aus seiner langjährigen Erfahrung. Standardmaschinen stoßen da schnell an ihre Grenzen. Deshalb entschieden sich die Verantwortlichen am Institut, im Bereich Sägetechnik für drei Anlagen des Herstellers Behringer aus Kirchardt. „Aufgrund unseres Teilespektrum waren wir auf eine gute Beratung angewiesen, um die richtige Sonderlösung für uns zu bekommen“, betont Lis.
„Schwere Kost“
Alles, was zu Kontrollzwecken unter die Sägebänder kommt, ist speziell. Bei Bauteilen aus Großanlagen ist es die Dimension, die Kreativität allein beim Teilehandling und Einspannen erfordert, bei anderen Teilen ist es das pure Gewicht. Wieder andere Proben machen Probleme aufgrund ihrer Materialzusammensetzung. „Typische Teile haben wir eigentlich nicht. Oft handelt es sich um Zahnräder, Rohre, Turbinenteile oder Gehäuse, Kfz-Bauteile wie Motorblöcke oder ähnliches. Aber alles hat seine Besonderheiten“, sagt Fadi El Majzoub, der die Sägen in der Werkstatt bedient. So haben die beiden Geradschnitt-Bandsägeautomaten HBP413A je ein Bimetallsägeband und ein Hartmetall bestücktes Sägeband, um dem Materialmix gerecht zu werden. Paketspanneinrichtungen an beiden Maschinen sorgen für eine bessere Fixierung von Teilen mit unregelmäßigem Querschnitt. Ein Linienlaser bildet die Bezugskante des Sägebandes auf dem Material ab und erleichtert so die Positionierungsarbeit. „Eine der Geradschnitt-Bandsägen haben wir mit einer Schnittbereichserweiterung ausgestattet. Wir können dann 400 mm statt 500 mm in der Breite trennen“, erklärt Lis. Auch der Sägebandantrieb ist stärker ausgelegt, um im unteren Drehzahlbereich mehr Leistung zu haben. „Hier ist man uns bei Behringer sehr entgegen gekommen“, erinnert er sich. Auch der vertikale Plattenbandsägeautomat LPS60T hat ein stabileres Getriebe mit entsprechend günstigerem Übersetzungsverhältnis und einen Antrieb mit höherem Drehmoment im unteren Bereich der Schnittgeschwindigkeit. „Superlegierungen mit hohem Nickel- und Kobaltanteil verhalten sich sehr zäh unter der Säge, so dass wir hier einfach mehr Leistung beim Zerspanen brauchen“, ergänzt er. Mit der Tisch-LPS können Bauteile von bis zu sechs Tonnen gesägt werden. „Solche Gewichte konnten wir bei Vergleichsmodellen noch nicht mal zur Hälfte aufladen“, erzählt Lis. Und weiter: „Was uns bei Behringer beeindruckt hat, war die enorme Fertigungstiefe bei der Herstellung der Sägemaschinen. Wenn man vom eigenen Gusseisen bis zur fertigen Maschine den Überblick hat, kann man auch auf Sonderwünsche des Kunden so flexibel reagieren, wie wir es für unsere Zwecke hier brauchen.“ Einmal pro Jahr werden die drei Anlagen vom Kundendienst durchgecheckt und sind bisher störungsfrei gelaufen.ee