Kollaborative Montage will geübt sein

Virtual Reality zur Arbeitsplanung und Schulung

An der Universität Bremen wurde eine Simulationsumgebung zur virtuellen Erprobung von Mensch-Roboter-Kollaboration entwickelt, die auf einer mechatronischen Anlagensimulation basiert und eine Interaktion von Mensch und Roboter in Echtzeit unterstützt.

VR Simulation eines kollaborativen Montageprozesses. © bime/Patrick Rückert

Mit der Zielsetzung die Mensch-Roboter-Kollaboration bereits im Vorfeld zu erproben, wurde am Bremer Institut für Strukturmechanik und Produktionsanlagen (bime) eine virtuelle Umgebung zur Simulation und Schulung von kollaborativen Montageszenarien umgesetzt. Hierbei wird ein realer Arbeitsplatz virtuell nachgebildet und die Montageoperationen von Mensch und Roboter in eine interaktive Simulation in virtueller Realität (VR) überführt. Die virtuelle Erprobung kann so bereits frühzeitig mögliche Problemfelder offenlegen und relevante Aspekte wie Ergonomie und Arbeitssicherheit können im Vorfeld untersucht werden. Das Ergebnis ist eine interaktive VR-Simulation, in welcher explizite Anforderungen an die Arbeitsplatz- und Anlagengestaltung abgeleitet und validiert werden können.

Die virtuelle Erprobung kann frühzeitig mögliche Problemfelder offenlegen.

Die technologische Basis für die Entwicklung der Trainings- sowie Test- und Programmierumgebung für die Mensch-Roboter-Interaktion liegt in der physikbasierten, echtzeitfähigen Anlagensimulation. Unter der Verwendung der Simulationslösung Industrial Physics lassen sich komplexe mechatronische Anlagen simulieren und Testläufe einer erstellten Roboter-Programmierung überprüfen. Zur Umsetzung der Simulation wird das CAD-Modell des Montagesystems und Montageobjektes in die Simulationsumgebung übertragen und der Arbeitsplan schrittweise implementiert.

Anzeige

Durch die interaktive Live-Darstellung von Simulations-Modellen auf Head Mounted Displays und Augmented Reality (AR) Brillen sind die technischen Voraussetzungen geschaffen, jeweils auf diesen Hardwareplattformen eine VR- beziehungsweise AR-gestützte, kooperative Entwicklungsumgebung zu erstellen.

Die in der Simulation erzeugten Roboterpfade können an die Robotersteuerung des Montagesystems übergeben und in den Montageprozess übernommen werden.

Zur Integration des menschlichen Verhaltens in den Ablauf der Simulation wird eine haptische Rückkopplung durch ein Force Feedback System realisiert. Dadurch wird eine möglichst hohe Immersion in die virtuelle Welt ermöglicht. Kollisionsgeometrien mit dem menschlichen Körper sowie menschliche Aktivitäten wie Handhabungs- und Montagetätigkeiten werden entsprechend einbezogen und mögliche Fehler im kollaborativen System offengelegt. Die in der Simulation erzeugten Roboterpfade können an die Robotersteuerung des Montagesystems übergeben und in den Montageprozess übernommen werden. Dadurch können insbesondere in der Montage variantenreicher Produkte neue Konfigurationen erprobt und in das System implementiert werden, ohne in den operativen Betrieb der Montageanlage einzugreifen.

Aus der entwickelten Methodik zur virtuellen Erprobung können zudem Schulungsszenarien abgeleitet werden, in denen ein Mitarbeiter an einem virtuell abgebildeten Arbeitsplatz den Umgang mit kollaborativen Robotern erlernt und dabei Schrittweise an Themen wie Arbeitsteilung, Mensch-Roboter-Interaktion und Prozesssicherheit herangeführt wird. Die anwendungsnahe Gestaltung der Szenarien wird durch Erkenntnisse aus einer Evaluation mit einer realen Anlage ermöglicht. In einer Validierung der Szenarien wird zudem bewertet, inwieweit diese die Anlaufphase kollaborativer Systeme hinsichtlich der Faktoren Akzeptanz durch Mitarbeiter, Einarbeitungszeit und Sicherheitsempfinden optimieren. Entsprechend können individuelle Schulungsbedarfe für Unternehmen gestaltet werden, um deren Mitarbeiter für den Anlauf und Betrieb kollaborativer Montagesysteme zu befähigen und sensibilisieren.

Die gewonnenen Kenntnisse aus der vorangegangen virtuellen Erprobung werden genutzt um Erfolgsfaktoren in Bezug auf die Einführung und den Nutzen kollaborativer Systeme zu identifizieren, zu bewerten und zu validieren. Im Forschungsprojekt Kokomo („Konsolidierung von Lebenszyklusinformationen für die kollaborative Montage variantenreicher Produkte“) werden dazu drei industrielle Anwendungsszenarien simulativ und physisch erprobt. Dabei entsteht ein Umsetzungskatalog, aus welchem Handlungsempfehlungen für die Implementierung und Nutzung kollaborativer Systeme hervorgehen und es auch KMU ermöglicht, durch Einsatz kollaborativer Montagesysteme dauerhaft wandlungsfähig zu bleiben und sich binnen kürzester Zeit auf neue Produktvarianten einstellen zu können. P. Rückert/as

© MHI

Kurz erklärt: Der MHI e.V.
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Montage, Handhabung und Industrierobotik e.V. (MHI e.V.) ist ein Netzwerk renommierter Universitätsprofessoren – Institutsleiter und Lehrstuhl­inhaber – aus dem deutschsprachigen Raum. Die Mitglieder forschen sowohl grundlagenorientiert als auch anwendungsnah in einem breiten Spektrum aktueller Themen aus dem Montage-, Handhabungs- und Industrierobotikbereich. Weitere Infos zur Gesellschaft, deren Mitgliedern und Aktivitäten: http://www.wgmhi.de.

© bime/Patrick Rückert

Kurz erklärt: Das bime
Das Bremer Institut für Strukturmechanik und Produktionsanlagen (bime) ist ein Institut der Universität Bremen im Fachbereich Produktionstechnik – Maschinenbau & Verfahrenstechnik. Am bime arbeiten derzeit ca. 70 Mitarbeiter. Die von Prof. Dr.-Ing. Kirsten Tracht geleiteten Arbeitsgebiete Montagesysteme und Produktionsgestaltung entwickeln Lösungskonzepte für die Produktion komplexer Produkte in zunehmend vernetzten und agilen Umfeldern. Neben der Entwicklung und dem Betrieb von Produktionsanlagen ist die Gestaltung von Montageprozessen, die Auslegung von Handhabungsgeräten und die Modularisierung von Produktionssystemen sowie Betriebsmitteln Gegenstand der Forschungsarbeiten. Planungshilfsmittel für effiziente Planungsprozesse und frühzeitig erreichbare, qualitativ hochwertige Planungsergebnisse stehen ebenso im Fokus der Arbeitsgruppe. Das bime, vertreten durch Prof. Dr.-Ing. Kirsten Tracht, ist Mitglied im MHI e.V. (http://www.bime.de)

Anzeige

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige