Additive Fertigung
Großes kommt aus dem Drucker
Die Fraunhofer-Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP hat mit der Mecklenburger Metallguss einen großvolumigen 3D-Drucker entwickelt, mit dem Positivformen für den Guss von Schiffspropellern generativ hergestellt werden können.
Bei der Mecklenburger Metallguss (MMG) in Waren werden Schiffspropeller für große Fracht- und Kreuzfahrtschiffe mit einem Durchmesser von bis zu zwölf Metern in einem komplexen Gussverfahren hergestellt. Diese Propeller werden in der Regel direkt für das jeweilige Schiff ausgelegt und optimiert. Aus diesem Grund sind die Losgrößen sehr klein, teilweise bis hin zur Einzelfertigung. Der gesamte Fertigungsprozess ist heute, sowohl in der Gießerei als auch in der angeschlossenen mechanischen Bearbeitung, durch einen besonders hohen manuellen Anteil geprägt.
Potentiale, sich über effiziente Fertigung und überlegene Produktqualität von den Mitbewerbern abzugrenzen, sind mit der manuellen Fertigung nur sehr begrenzt vorhanden. Gleichzeitig steigt der Konkurrenzkampf in der Schiffbauindustrie dadurch, dass der Bedarf an Schiffen in den letzten Jahren, insbesondere im Jahr 2016 dramatisch gesunken ist. Um in diesem angespannten Markt bestehen zu können, müssen Zulieferer weltweit operieren, flexibel auf die Forderungen der Kunden reagieren und eine erstklassige Produktqualität anbieten.
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Zum aktuellen Zeitpunkt wird eine Negativform aus Sandbeton durch das mehrmalige Abformen einer konventionellen Positivform aus Holz hergestellt. Die aus Holz gefrästen Positivformen besitzen eine sehr lange Fertigungs- und Lieferzeit und lassen keine Anpassungen mehr zu, sobald der Auftrag zur Fertigung erteilt wurde. Ein Ansatz, die langen Produktionszeiten zu verkürzen und den speziellen Kundenanforderungen zu entsprechen, besteht darin, die Herstellung der Gussformen durch den Einsatz von generativen Verfahren flexibler und schneller zu gestalten.
Dies ist einerseits durch die Fertigung der eigentlichen Negativform als auch der Positivform gegeben. Ein generatives Verfahren könnte genau diese Nachteile aufgreifen und der Gießerei den entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Bestehende Verfahren zur additiven Fertigung von den Sandgussformen sind aufgrund der speziellen Anforderungen an den Gussprozess nicht geeignet. Weiterhin bieten am Markt verfügbare 3D-Drucker dafür aber weder die notwendigen Arbeitsräume noch sind sie hinsichtlich hohen Materialaustrag optimiert.
Das gab den Anlass zusammen mit der MMG einen großvolumigen 3D-Drucker zu entwickeln, der einen Arbeitsraum von zwei mal zwei mal zwei Meter abdeckt und es somit ermöglicht, generativ Positivformen für den Guss von Schiffspropellern mit einem Durchmesser von bis zu vier Metern herzustellen die insbesondere im Yachtbereich eingesetzt werden sollen.
Mittels des Fertigungsverfahrens Gießen werden bei der Herstellung der Schiffspropeller Genauigkeiten zwischen 100 bis 1.000 Mikrometer erreicht. Im Vergleich dazu betragen die erreichbaren Genauigkeiten beim Fräsen zehn bis 100 Mikrometer und beim Sintern sogar zwei bis zehn Mikrometer.
Die Genauigkeitsanforderungen an die Form sind daher als vergleichsweise gering zu bewerten, sodass auf kostenintensive Präzisionslineartechnik weitgehend verzichtet werden kann. Der Fokus ist auf die Langlebigkeit des Antriebssystems sowie Steifigkeit und Maßhaltigkeit des Versuchsaufbaus ausgerichtet.
Die Bauweise bei der Rahmenstruktur des großformatigen 3D-Druckers entspricht einem Kubus mit einem nicht verfahrenden Druckbett und ist entsprechend der Belastungen, speziell ruckartiger Richtungswechseln des Extruders beim Druckprozess, mit hochsteifen Aluminiumprofilen und zusätzlichen Versteifungselementen ausgestattet. Aufgrund des sehr starren Grundgerüsts und der angestrebten Parallelität der Achsen ist es möglich, die X- und Y-Achse mit jeweils nur einem Motor in Kombination mit Laufschienen zu betreiben. Die Abweichungen der Soll- zur Ist-Kontur des zu druckenden Bauteils in den-Richtungen X und Y betragen lediglich einige 1/10 Millimeter. Die Z-Achse hingegen hat zwei Motoren mit jeweils angebrachten Laufschienen am Grundgerüst, die den Extruder samt X- und Y-Achse verfährt. Aufgrund der Motoranordnung an zwei der vier Kubusseiten beträgt die Absolutgenauigkeit in Z-Richtung je nach Extruderposition lediglich einen Millimeter.
Der verwendete Extruder verarbeitet thermoplastischen Kunststoff in Form von Filament und hat eine Ein-Millimeter-Düse, die es ermöglicht, im Vergleich zu einer Standard 0,4-Millimeter-Düse, das sechsfache Volumen an Material aufzuschmelzen. Dieses Verhältnis spiegelt sich auch in der Produktionszeit eines zu fertigenden Propellers wieder. Somit verringert sich mit steigendem Düsendurchmesser die Produktionszeit.
Mit der Wahl einer definierten Schichthöhe von 0,5 Millimeter und mit einer dem Material entsprechenden Prozessgeschwindigkeit von rund 60 Millimeter pro Sekunde ist es möglich, ein Propellerblatt zur Herstellung einer Positivform in rund 200 Stunden herzustellen. Der momentane Herstellungsprozess eines Positivform aus Holz beträgt etwa einen Monat. Weitere Vorteile der aus thermoplastischem Kunststoff hergestellten Formen sind die Wiederverwertbarkeit und die Einsparung von Lagerkosten, da nach der Fertigstellung eines Schiffspropellers die Formen wieder eingeschmolzen und zu neuem Filament verarbeitet werden können. Dies spart Ressourcen und schont die Umwelt.
Klötzer Fh-IGP, Lauer Fh-IGP, Dryba Fh-IGP, Flügge LS Fertigungstechnik UR/as
Kurz erklärt:
Das Fh-IGP in Kooperation mit den LS Fertigungs- und Fügetechnik der Universität Rostock
Die Fraunhofer-Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP mit Sitz in Rostock bildet eines der 72 Institute der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., München. Aufgaben aus dem Bereich der Produktion und Fertigung von Großstrukturen sind die Forschungsschwerpunkte des Fh-IGP. Auf Basis angewandter Forschung werden im Rahmen diverser Projekte mit Kooperationspartnern Konzepte für Produkt- und Prozessinnovationen für Zukunftsbranchen der Wirtschaft wie Schiff- und Stahlbau, Energie- und Umwelttechnik, Schienen- und Nutzfahrzeugbau sowie Maschinen- und Anlagenbau entwickelt und realisiert. Im Rahmen eines Kooperationsvertrages arbeitet das Fh-IGP mit den Lehrstühlen Fertigungstechnik und Fügetechnik der Fakultät für Maschinenbau und Schifftechnik an der Universität Rostock zusammen und ist Mitglied in der Fraunhofer-Allianz Verkehr e. V. sowie in diversen Forschungsvereinigungen und -netzwerken.
Kurz erklärt:
Der MHI e.V.
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Montage, Handhabung und Industrierobotik e.V. (MHI e.V.) ist ein Netzwerk renommierter Universitätsprofessoren – Institutsleiter und Lehrstuhlinhaber – aus dem deutschsprachigen Raum. Die Mitglieder forschen sowohl grundlagenorientiert als auch anwendungsnah in einem breiten Spektrum aktueller Themen aus dem Montage-, Handhabungs- und Industrierobotikbereich. Weitere Infos zur Gesellschaft, deren Mitgliedern und Aktivitäten: www.wgmhi.de.