Montagetechnik
Guter Rat: Wissensvorsprung!
Herr Schunk, die Montagetechnik wandelt sich: Verschiebung der Märkte und Montagestandorte, kürzere Produktlebenszeiten, stärkere Kundenorientierung. Was ist der Trend in der Montagetechnik?
Schnelles Reagieren, Flexibilität und Kostenreduzierungspotenzial sind momentan angesagt. Die dominierenden Treiber aktueller Veränderungen sind Kostendruck, Lieferzeiten, Anforderungen an Qualität und Sicherheit sowie der Umweltschutz. Diesen Treibern muss man offensiv begegnen – zum Beispiel mit der Einführung eines Produktionssystems, das Qualität und Schnelligkeit verbessert. Dies gilt auch bei der Verlagerung an kostengünstigere Produktionsstandorte; das senkt zwar die Arbeitskosten, aber zugleich steigen Qualitäts- und Logistikaufwand. Bosch Rexroth begegnet diesen Treibern mit dem Bosch Production System. Die Forderung ist eine schlanke, kundenorientierte Produktion ohne Verschwendung – also der optimale Umgang mit Mensch, Material und Fläche. Dazu kommt übrigens ein ganz aktuelles Thema: die Ressource Energie besser auszunutzen! Denn der gegenwärtige Boom ist nur zu bewältigen, wenn vorhandene Standortfaktoren bestmöglich genutzt werden.
Firma zum Artikel
„Schlanke Produktion“ – was ist das?
Der Begriff lässt sich mit vier Prinzipien umreißen: Es gilt das Null-Fehler Prinzip vorbeugende Fehlervermeidung und laufende Prozesskontrolle. Außerdem gilt das Pull-Prinzip; die „ziehende Fertigung“ spart Fläche und steigert die Termintreue. Und das Taktprinzip: Die durchschnittliche Nachfrage des Kunden bestimmt die Geschwindigkeit der Produktion. Und schließlich gilt das Prinzip des One-Piece-Flow: Es senkt die Durchlaufzeiten, aber gleichzeitig gilt der Fokus der Reduzierung der Rüstzeiten. Wesentlich für das Gelingen der schlanken Produktion sind die Mitarbeiter – nur durch ihre Bindung, ihre Identifikation und ihre Verantwortlichkeit wird der Produktionsprozess „von unten“ kontinuierlich verbessert und ist somit solide und erfolgreich.
Stichwort Globalisierung – was bedeutet es für die Montage?
Es ist wichtig, in den lokalen Wachstumsmärkten präsent zu sein. Produktionslinien sollten auch deshalb flexibel ausgelegt sein, um sie den Randbedingungen verschiedener Standorte anpassen zu können. Rexroth sieht in der Globalisierung auch eine interkulturelle Herausforderung.
Sie agieren in den Wachstumsmärkten Industrie- und Fabrikautomation; Ihren Kunden, den Maschinenbauern, ging es selten so gut wie derzeit. Wo sehen Sie als Zulieferer Ihren Anteil an diesem Boom?
Ob in Zeiten des Erfolgs oder auf Durststrecken: Wir sitzen alle in einem Boot! Unser Haus liefert dem Kunden wettbewerbsfähige Systeme und Komponenten und gleichzeitig Know-how bei den Applikationen. Wir sehen uns aber nicht „nur“ als Anbieter und Zulieferer, denn wir sind selbst ja auch Anwender. Deshalb verstehen wir die Prozesse genau und unsere Kunden gleichermaßen – viel mehr noch: Wir sprechen ihre Sprache. Daher können wir unsere Systeme im Sinne der Anwender anpassen und entsprechend optimieren. Das bringt für alle Seiten hervorragende Ergebnisse. Wenn der Kunde erfolgreich ist, können auch wir mitwachsen. Ein neues, mögliches Handlungsfeld könnte künftig die Beratung bei der Einführung von Produktionsprozessen sein. Wir sehen hier Potenzial, weil wir als Anwender selbst die Prinzipien der schlanken Produktion umsetzen. Die Beratungstätigkeit haben wir letztes Jahr im Netzwerk gestartet. In den Branchen Automotive, Elektronik und Weiße Ware wurden Erfolge in der Produktionsoptimierung erzielt.
Bosch Rexroth hat den weltweiten Umsatz im vergangenen Jahr um 12,6 Prozent steigern können – geht das jetzt so weiter?
Auch für 2007 bin ich optimistisch. Das gegenwärtige Wachstum auf hohem Niveau könnte auch in 2008 anhalten. Allerdings müssen alle Beteiligten große Anstrengungen unternehmen, dieser rasanten Entwicklung auch zu folgen und die hohe Nachfrage zu befriedigen. Unsere Standorte in Deutschland sind auf Wachstum ausgerichtet und haben Potenzial zur Kapazitätssteigerung. Auch in der Lineartechnik haben wir unsere Produktionskapazitäten erweitert und Anfang 2007 in Rumänien einen neuen Standort eröffnet, an dem 300 Mitarbeiter produzieren.
Es heißt, das Erfolgsgeheimnis des Maschinenbaus, einem überwiegend mittelständisch geprägten Markt meist in der Provinz, sei Beharrlichkeit, Fleiß, Tradition und Gottvertrauen. Sehen Sie das auch so?
Da ist durchaus was dran. Immerhin ist Fakt, dass viele großartig etablierte Unternehmen einst als kleine Familienunternehmen starteten. Fest steht, dass unsere Ingenieure und Konstrukteure kompetent sind, Know-how und Innovationskraft haben. Sie machen sich immer wieder auf die Suche nach neuen Lösungen – diese Eigenschaft der konstruktiven Unzufriedenheit schafft ein hohes Maß an Kreativität. Auf Rexroth übertragen heißt das: Nicht nur Produkt- und Prozess-Know-how machen den Erfolg aus, sondern vor allem die Bindung der Mitarbeiter, ihr Verantwortungsgefühl und ihre Bereitschaft, sich auf den Kunden und seine Anforderungen einzulassen und ihm weiterzuhelfen.
Die Branche sucht Ingenieure und gute Fachleute – Montagetechnik ist ein faszinierendes Arbeitsfeld. Was unternehmen Sie, um junge Leute für dieses Wissensgebiet zu begeistern?
Bosch Rexroth sieht für den Ingenieurberuf ein großes Potenzial bei jungen Menschen, vor allem auch bei Frauen. Über Schulen, Messen, Info-Tage, etwa den Girls-Day, sprechen wir junge Menschen an und versuchen sie für die Technik zu begeistern. Dabei ist es schon faszinierend zu erleben, welcher Quell an Ideen in den Köpfen der jungen Leute steckt. Das muss man unbedingt fördern. Wir gehen offensiv auf die Jugend zu, kommunizieren – und hören ihnen vor allem zu! So hat Rexroth Bildungspartnerschaften mit zahlreichen Schulen und Kindergärten in ganz Bayern vereinbart. Wir setzen alles daran, die Jugend zu motivieren – nur durch sie können wir unser Wachstum in Zukunft absichern. Politik und Gesellschaft müssen hier noch viel unternehmen. Denn worüber sollten wir uns künftig differenzieren und hervorheben, wenn nicht durch Wissensvorsprung!
Welche Neuigkeiten werden Sie Besuchern der Motek zeigen?
Bosch Rexroth zeigt den neuen Modulbaukasten Desktop Factory (DTF) für eine wirtschaftliche Herstellung kleiner Produkte. Durch Miniaturisierung und konsequente Standardisierung sinken mit DTF, je nach Applikation, die Investitionskosten um bis zu 15 Prozent, der Energieverbrauch um bis zu 20 Prozent und der Flächenbedarf um bis zu 75 Prozent. Außerdem stellen wir camoLINE, den Baukasten für Handlingsysteme mit dem Vorschub-Modul VKK als Vertikalachse vor, die teleskopartig ausfährt. Für den Anwender bedeutet das geringere Massen und reduzierte Antriebsleistung.
Das Gespräch führte Petra Born