MES
Guardus Solution entwickelt Leitfaden zur individuellen I4.0-Strategie
Unternehmen, die sich an Industrie-4.0-Projekte wagen, stellen schnell fest, dass sich die damit verbundene Digitalisierung nicht nur auf Produktionsverfahren beschränkt. Die neuen Denkmodelle wirken sich auf die gesamte Vernetzung der betrieblichen Infrastruktur aus und betreffen die Entwicklungsagenda von Produkten ebenso sowie die Interaktion mit Kunden und Partnern.
Vor diesem Hintergrund hat der MES-Hersteller Guardus Solutions einen Leitfaden zur Hilfestellung für Projektleiter entwickelt, mit dem sich Industrie-4.0-Projekte aus MES-Sicht zum Erfolg führen lassen.
Je nachdem, wie weit das unternehmerische Auge reicht, können Industrie-4.0-Bestrebungen ganze Geschäftsmodelle ermöglichen – oder gar zum Einsturz bringen. Die Angst vieler Betriebe: Produkte, die im großen Internet der Dinge und Dienste nicht mitreden können, laufen Gefahr, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Serviceprozesse, die nicht darauf ausgelegt sind, automatisiert mit den verkauften Produkten zu interagieren, werden als altmodisch verpönt. Produktionsverfahren und Kommunikationskonzepte ohne Echtzeitfaktor gelten als vorsintflutlich. Auf der anderen Seite unterstellt man digitalen Lösungskonzepten ein großes Potenzial an Chancen und Möglichkeiten: umsatzsteigernde Produktneuerungen, reduzierte Produktionskosten bei gesteigerter Produktqualität sowie zukunftsfähige Management-Konzepte und Unternehmensstrukturen.
Was will ich? Wo stehe ich? Welche Möglichkeiten bieten sich mir? Mit diesen scheinbar einfachen Fragen beginnt der Leitfaden von Guardus. Scheinbar einfach und dennoch schwer zu beantworten. Denn ein Großteil der Betriebe kann nicht klar artikulieren, welchen Nutzen sie aus Industrie-4.0-Projekten genau ziehen wollen. „Doch nur wer eine klare Vorstellung entwickelt, welche Ziele er verfolgt und welche Ressourcen er dabei zur Verfügung hat, kann diese zu innovativen Neuentwicklungen kombinieren“, erklärt Andreas Kirsch, Vorstand Guardus Solutions. Als MES-Hersteller konzentriert sich Guardus bei diesem Set an Fragen auf das softwaretechnische Fundament. Ausgangspunkt für Standortbestimmung und Zieldefinition sind hierbei die MES-relevanten Kernthemen „Automatisierung“ und „Mobilität“.
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Kernfaktor Automatisierung
Die Fragen nach dem Automatisierungsgrad in den Kommunikations-, Informations- und Produktionsabläufen sowie nach weiteren Beschleunigungsmöglichkeiten sind aus MES-Sicht im Rahmen von Industrie 4.0-Projekten essenziell. Um die Kommunikations- und Produktionsintelligenz im Sinne von Digitalisierung zu erhöhen, müssen alle qualitäts- und fertigungsrelevanten Produkt- und Prozessdaten abteilungsübergreifend vernetzt und möglichst automatisiert zur Verfügung stehen – von Auftrag, Material, Maschinen und Werkzeugen über Mengen, Zeiten, Zustände und Qualität bis hin zu Energie- und Personaldaten. Die Art und Weise der vernetzten Erfassung von Qualitäts-, Betriebs- und Maschinendaten verlangt dabei einen hohen Automatisierungsgrad, um die Flexibilität und den Echtzeitcharakter der Produktionsverfahren zu gewährleisten. Sprich: Je nachdem, welchen Weg ein Bauteil bei seiner Fertigung einschlägt, müssen die dazugehörenden Qualitäts- und Produktionsparameter in Echtzeit reagieren und sich gegebenenfalls automatisch anpassen. Kirsch erklärt: „Neben der effizienten Erfassung spielt die automatisierte, abteilungsübergreifende Ist-Datenbereitstellung in den Produktionsprozessen eine wichtige Rolle für das Gelingen von Industrie 4.0-Technosphären.“ Treten etwa prüfungsrelevante Änderungen in der Maschinenbelegung oder den Fertigungshilfsmitteln auf, müssen diese umgehend in den Produktions- und Prüfprozessen umgesetzt werden.
Ein weiterer notwendiger Baustein der digitalen Transformation ist die integrative Datenhaltung. Erst wenn sich Produkt- und Prozessdaten in einer homogenen Datenbasis vereinen und alle Datenbeziehungen vollständig sowie aktuell zur Verfügung stehen, sind Verantwortliche in der Lage, Abweichungen hinsichtlich Prozessstabilität, -sicherheit und -qualität umgehend zu erkennen und sofort regelnd in die Prozesssteuerung einzugreifen. Deshalb findet die multiple Datenerfassung und -verarbeitung in allen Disziplinen des Qualitäts- und Produktionsmanagements in modernen Systemen wie Guardus MES mithilfe einer integrierten Datenbasis statt. Das Qualitätsmodul ist für die gesamte Prüfplanung sowie die Erfassung der Prüfergebnisse verantwortlich. Das Produktionsmanagement verwaltet alle Informationen rund um die eingelasteten Produktionsaufträge, und die Layer-basierten Integrationskomponenten liefern Echtzeit-Prozessparameter aus der laufenden Fertigung. Diese vereinheitlichen und beschleunigen die gesamte Datenkommunikation heterogener Shopfloor-Landschaften, ohne unerwünschte technologische Abhängigkeiten zwischen Maschinen, Prüfsystemen und MES zu verursachen.
Neben der Geschwindigkeit in der Datenerfassung ist der bestehende Grad an Mobilität eine weitere zentrale Stellschraube. Warum? „Die Arbeitswelt von morgen wird von einer Dynamik geprägt sein, die sich kaum noch an festen Zeitmustern orientiert“, erklärt Kirsch. Für ein MES habe diese Veränderung gravierende Auswirkungen in Hinsicht auf das Prozessverständnis sowie bei der Informationsaufbereitung und -darstellung. Denn ein Industrie-4.0-Projekt sollte auch intelligente Assistenzkonzepte berücksichtigen, die dem Anwender exakt jene Informationen liefern, die er für seine Entscheidung oder Tätigkeit im Prozess benötigt. Vor diesem Hintergrund geht es künftig nicht länger um Funktionen, sondern um kontextabhängige Informationen, die auf das Wesentliche reduziert werden und genau dann bereitstehen, wenn der Anwender sie braucht.
Viele „schlüsselfertige“ Industrie-4.0-Services erreichen Unternehmen in Form von Business Apps. So könnten beispielsweise spezielle Fachkräfte auch außerhalb des Dienstplans erreicht oder gewachsene Abteilungsbarrieren geschickt durchbrochen werden. „Damit automatisierte Kommunikation mithilfe mobiler Assistenzsysteme tatsächlich den Alltag bereichert, ist es dringend angeraten, den Sinn und Zweck genau zu hinterfragen“, so Kirsch. Sprechendes Beispiel dafür ist die prozessorientierte Verschmelzung von Shopfloor und ERP zu einem integrierten Systemkomplex. In so einem Fall könnte etwa die Fertigmeldung eines Produktionsmitarbeiters im MES eine automatisierte Nachbestellung von Rohmaterialien durch das ERP zur Folge haben. Hier muss also jedes Unternehmen individuell entscheiden, wieviel Transparenz es zulassen möchte.
Es zeigt sich also, dass Industrie-4.0-Ansätze neue Herausforderungen hinsichtlich IT-Homogenität, Verfügbarkeit und Sicherheit aufwerfen. Hinzu kommt die Problematik, dass Entscheidungs-Prozedere nach dem 2-4-6-8-Augenprinzip vollständig neu gedacht werden müssen, um Risiken in den betrieblichen Abläufen auszuschließen.
Migration oder Evolution
Ein weiterer Projektschritt ist die Analyse der bestehenden Software-Systeme sowie deren Adaption an künftige Anforderungen. Fragen nach Migration oder Evolution der Software sowie nach dem damit verbundenen Kostenaufwand stehen im Raum. Migration hat zur Folge, dass die zugrundliegende Softwarelandschaft in Teilen erneuert werden muss. Die Konsequenz: Hohe Kosten beim Änderungsmanagement von Funktionen sowie der Update-Strategie hinsichtlich kunden- oder prozessspezifischer Systemanpassungen. Evolutionär hingegen bedeutet, dass sich ein System elastisch gegenüber Markt- und Prozessmutationen verhält. Gemäß dem Prinzip „never touch a running system“ dienen Datenmodell, Bedienoberflächen und Funktionen als Fundament, das um Industrie-4.0-relevante Zusätze ergänzt wird.
Aus Sicht eines Software-Partners bietet Industrie 4.0 nahezu unerschöpfliche Möglichkeiten, das Produktionsgeschehen des Kunden zu beschleunigen und zu optimieren. Eine zentrale Herausforderung dabei ist das Paradoxon aus Bewährtem und Innovation. Aufgrund seiner Kritikalität sollte ein MES mit vielen Jahren Entwicklung und Praxiseinsatz begeistern und gleichzeitig den Zeitgeist neuer Technologien und Denkmodelle ausstrahlen. „Diesen Spagat kann nur bewältigen, wer seit Jahrzehnten die Kunst der intelligenten Evolution beherrscht“, schließt der Guardus-Vorstand. Andreas Kirsch/cs