Predictive Maintenance
Ausfallsicherheit dank KI
Über ein besonders anspruchsvolles Projekt im Bereich Predictive Maintenance, eine originelle Lösung und aktuelle Trends bei der vorausschauenden Wartung sprach Daniel Schilling mit Hans Klingstedt von Smart Systems.
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Herr Klingstedt, Sie haben auf den digital networking days 2021 ein Projekt aus der Halbleiterindustrie vorgestellt, das Sie umgesetzt hatten. Können Sie kurz umreißen, was die Aufgabe war?
Es ging in diesem Projekt um die Ausfallfrüherkennung von Industrieventilen eines Reinstwasserkreislaufes. Globalfoundries war in diesem Innovationsprojekt der Challenge-Geber, für welchen wir ein individuelles Experten- und Developer-Team zusammengestellt haben, um eine Erweiterung der Predictive-Maintenance-Maßnahmen unter Verwendung neuster Technologien, zugeschnitten auf diesen Use Case, umzusetzen. Unser Ziel ist die beschleunigte Umsetzung von Spitzentechnologien in innovative Produkte. Dafür haben wir in diesem Projekt als Hardware die Multisensorplattform Ganymed ausgewählt, um diesen „Smart Sensor“ mit einer KI-Software auszustatten, welche einen Ausfall anhand von Anomalien vorhersagen kann. Diese Art der Datenvorverarbeitung, -analyse und -klassifizierung auf dem Edge Device, hier der Ganymed, ist dem Edge Computing zuzuordnen. Diese Hardware nahe Verarbeitung hebt enorme Potenziale in Themen wie Datenübertragung, Verringerung der Latenz und allgemeine Integrationsthemen. Immer mehr Use Cases beschäftigen sich mit Fragestellungen der Latenz und einer Alternative zum gängigen Vorgehen, bei dem große Datenmengen ausschließlich in die Cloud gesendet und dort ausgewertet werden.
Wo lag die größere Herausforderung: eher bei der eingesetzten Hardware oder eher bei der Programmierung der KI?
Lassen Sie es mich so formulieren: Die Herausforderung war es, das KI-Modell auf die Hardware einzubetten. Mit dem Schritt, schnell ein KI-Modell mithilfe passender Bibliotheken aufzubauen und sehr gute Vorhersagen zu treffen, war diese Challenge noch nicht gelöst. Das von uns passend zugeschnittene Modell musste auf den Smart Sensor mit seinen entsprechenden Restriktionen implementiert werden . Für diese Herausforderung haben wir das Start-up Coderitter in das Projekt-Team integriert, das sich diesem wichtigen Meilenstein erfolgreich angenommen hat.
Waren die Anforderungen an die Lösung bei dem Halbleiterhersteller höher als in anderen Industrien?
Halbleiterhersteller weisen im Vergleich zu anderen Industrien einen sehr hohen Digitalisierungsreifegrad auf. In der Produktion gibt es dennoch kritische Prozesse und Infrastrukturkomponenten, die durch flexible und einfach integrierbare Lösungen resilienter gestaltet werden können. Zugleich muss jedoch dafür Sorge getragen werden, dass sich – wie in unserem Fall – eine solche Predictive-Maintenance-Lösung gut in das Gesamtkonzept des Facility Management und Datenmanagement der Globalfoundries einfügt. Dies konnten wir mit unsere Edge-AI-Lösung im beschriebenen Szenario sehr gut aufzeigen.
Wo sehen Sie in den kommenden Jahren das größte Wachstumspotenzial für Predictive Maintenance? Was sind die Einsatzfelder?
Die rasante Technologieentwicklung von leistungsstarken Prozessoren wird in Zukunft die vereinfachte Implementierung von KI-Modellen auf einem Edge-Device ermöglichen. Darüber hinaus werden mehr und mehr Standard-Use-Cases erschlossen und entsprechende Bibliotheken bereitgestellt, die den Zugang für Unternehmen erleichtern. Einsatzfelder im Industrial IoT werden nun immer mehr Komponenten, Maschinen oder allgemein Orte, die smarte Services integrieren können und einen hohen Nutzen durch optimierte Wartungszyklen und frühzeitige Ausfallerkennung ermöglichen.
Ich sehe Predictive Maintenance primär in der Edge, aber kann es auch Anwendungen in einem größeren Maßstab geben? Wie fügt sich das Thema in das Gesamtbild der vernetzten Industrieanlage ein?
Wir glauben, dass ein Großteil der Daten on Edge bearbeitet werden kann. Für ein Device Management und die Optimierung von KI-Modellen sind Cloud Services jedoch zweckmäßig, wenn nicht unerlässlich. Hier werden Anwenderunternehmen auf Basis Ihrer Strategie weiterhin entscheiden, wie stark sie datengetriebene Services von unterschiedlichen Lieferanten auswählen oder intern Know-how zur Integration und Betrieb von Predictive-Maintenance-Lösungen aufbauen. Dies wird eine Ergänzung zu Maschinendaten bilden, welche über übliche SPS-Steuerung und Daten zur Einhaltung einer Lieferspezifikation hinausgeht.
Haben Sie schon ein neues Projekt im Bereich Predictive Maintenance, über das Sie sprechen können?
Das Thema Predictive Maintenance bildet weiterhin einen zentralen Bestandteil unser Innovationsprojekte. In unserer aktuellen Digital Product Factory, unserem 3-monatigen Co-Innnovationsformat, bauen wir eine Robot-Pay-per-Use-Lösung auf, in der wir in einem Bestandteil des Projekts Roboterdaten mit dem „Predictive Assets Insights“-Modul von SAP auswerten Dies liefert uns neben Erkenntnissen über den Gesundheitszustand unserer Roboterkollegen auch Einblicke, welche Tätigkeiten überhaupt und wie genau sie diese ausführen, was wiederum wertvolle Informationen über das Produkt, die Umwelt oder die Interaktion mit Menschen zulässt. Auch hier wird es in der Zukunft darum gehen, Roboter für mehr Unternehmen zugänglich zu machen. Predictive-Maintenance-Lösungen helfen uns, diesen menschlichen Helfer noch besser und zuverlässiger werden zu lassen. Wir freuen uns bereits auf die nächste Digital Product Factory im zweiten Halbjahr, in der wir wieder Maßstäbe im Bereich Predictive Maintenance durch Co-Innovation setzen.