Wechselgreifersystem für Roboter

Andrea Gillhuber,

Roboter bauen Roboter

War die Montage von Robotern früher noch Handarbeit, so übernehmen diese Aufgabe jetzt Roboter. Wie das funktioniert und welche Rolle dabei Greifer spielen, zeigt die Robotermontage in Augsburg.

Der KR titan bei der Montage seiner Artgenossen. © Kuka/Zimmer

Wie bei Jurassic Park, so mag man sich vorkommen, wenn man einem der stärksten Roboter der Welt, dem KR 1000 titan  – dem größten Roboter von Kuka  – hinter dem Schutzzaun bei der Arbeit zusieht. Zugegeben, der Vergleich ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber wenn man sich dessen Größe mit einem Eigengewicht von 5 t und einer Reichweite von bis zu 3,6 m anschaut, dann können einem vielleicht Steven Spielbergs Raptoren schon in den Sinn kommen. Als Schwerlastroboter bewegt der Riese schwerste Bauteile und Komponenten auch über große Distanzen. Die Wiederholgenauigkeit des KR titan liegt, trotz seiner Lastaufnahme von 1.300 kg, bei +/–0,1 mm.

Ein Roboter fertigt Artgenossen

Normalerweise wird der Sechs-Achs-Roboter KR titan bei Palettier-, Verpackungs- und Schweißarbeiten eingesetzt. Im Kuka-Werk Augsburg fertigt der orange Riese in einer Zelle jedoch das Grundgerüst seiner etwas kleineren Artgenossen, unter anderem den Konsolroboter KR Quantec  K und den Schwerlastroboter KR Fortec. Dabei sind eine ganze Reihe von Handling- und Fügeaufgaben zu bewältigen. Der Koloss saust dafür auf einer Schiene eine Strecke von mehreren Metern mit einer maximalen Geschwindigkeit von 1,45 m/s entlang, um sich mit den einzelnen Werkstücken zu versorgen. Er dreht sich dabei auch mit seiner Last um die eigene Achse.

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Bei der sogenannten Achse-1-Montage wird das Grundgestell auf das Karussell des zukünftigen Roboters montiert. Das Karussell ist für die Drehbewegung des Roboters (Achse A1) verantwortlich und ist mit dem Grundgestell über ein Getriebe verbunden. Das Grundgestell bildet die Basis des Roboters. An ihr befinden sich die Schnittstellen zwischen der Robotermechanik und der -steuerung. Ist das Grundgestell nun mit dem Karussell verbunden, werden die zwei gefügten Teile von zwei Mitarbeitern in Empfang genommen. Die zwei Teile erhalten sie von einer Art Drehtisch, der diese nach dem letzten Arbeitsgang automatisch in Wechselvorrichtungen fixiert freigibt. Der Drehtisch sind dabei speziell entwickelte 3-Achs-Positionierer, die zweimal 2 t Traglast aufnehmen können.
Nach dem finalen Verschrauben und einer Endkontrolle wird der unfertige Korpus des zukünftigen Roboters zur nächsten Arbeitslinie weitergeleitet.

Von der Insel- zur Linienfertigung

Noch bis 2013 fertigte man im Augsburger Werk die Roboter in einer Inselfertigung. Während früher die Mitarbeiter alle Arbeitsschritte händisch an einem Robotertyp vollzogen hatten, können jetzt in der Linienfertigung mit dem KR titan gleich mehrere Robotertypen gefertigt werden. Da ein Hantieren der Werker mit großen Gewichten entfällt, reduziert sich auch die Zahl der Krankheitsausfälle bei den Mitarbeitern.
Ein weiterer Vorteil: Während früher die Mitarbeiter pro Schicht an eine Anlage gebunden waren, wird nun die Arbeit durch die Automatisierung entzerrt. Vor der Umstellung waren die Rüstzeiten deutlich höher und die Mitarbeiter mussten die mehrere hundert Kilogramm schweren Teile mit Unterstützung eines Krans manuell auf die Arbeitsfläche laden und präzise ausrichten. Die Gefahr, die Teile beim Be- oder Entladen mit dem Kran zu beschädigen, ist gebannt und es entsteht praktisch kein Ausschuss mehr.

Der KR titan benötigt für alle Handling-Tätigkeiten nur noch wenige Minuten. Somit konnte auch die Produktivität erhöht werden.

Einer der insgesamt 17 Zimmer-Greifer, die bei der KR-1000-titan-Roboterzelle im Einsatz sind. © Kuka/Zimmer

Schlüsselkomponente Greifer

Wichtigstes Handwerkszeug für die Montage seiner Artgenossen stellen für den KR titan die verschiedenen Greifer dar. Mit Wechsel-Greifern der Zimmer Group aus Rheinau handelt der Augsburger Kraftprotz die verschiedenen Roboterteile und die Wechselvorrichtungen und wechselt auch die von Kuka-Experten gefertigten typspezifischen Fügevorrichtungen aus. Insgesamt 17 verschiedene Greifer sind dabei im Einsatz  – vom klassischen 2-Backen-Greifer bis hin zum komplexen Greifersystem. Am sogenannten Greiferbahnhof nimmt sich dafür der Schwerlastroboter einen speziellen Greifer oder legt einen anderen an einem freien Magazinplatz ab.

Die Beweggründe von Kuka, für diese besonderen Aufgaben Zimmer-Greifer zu verwenden, sind vielfältig. Markus Keese, Teamleiter Projektierung und Kalkulation bei Kuka, führt dabei unter anderem die erfolgreich realisierten kleineren Automatisierungsprojekte in der zerspanenden Fertigung im Vorfeld an, mit der die Zimmer Group bereits mit seiner Greiftechnologie punkten konnte. Dies war der Grund für die Entscheidung, mit der Zimmer Group auch in einer Pre-Engineering-Phase des Projektes „Achse 1“ zusammenzuarbeiten. „Die Handlings- und Fügeaufgaben, die für verschiedene Robotertypen bei der Achse-1-Montage zu lösen waren, erforderten bei der Greiftechnologie ein großes Know-how und die Bereitschaft, sich in verschiedene, knifflige Situationen reinzudenken, um dann in enger Absprache mit allen anderen Gewerken die beste Lösungen zu finden. So hat Zimmer im Projekt auch komplexe GEO-Greifer entwickelt, die halfen, das automatisierte Fügen der Achsen zu realisieren“, berichtet Markus Keese. Die GEO-Greifer zum Andocken an die von Kuka gebauten Fügevorrichtungen für das passgenaue Fügen haben mehrere aktivierbare Schwimmungen zum Toleranzausgleich und sind integraler Bestandteil der Kuka-Fügetechnologie bei der Achse-1-Montage. Der Greiferspezialist konnte sich in dieser Pre-Engineering-Phase aufgrund seiner Kompetenz entscheidend abheben, und so entschied sich Kuka letztendlich dafür, die 17 Wechselgreifer für den KR titan bei Zimmer zu beauftragen.

Der KR titan produziert smart

Neben den Greifern sind alle an der Produktion beteiligten Komponenten miteinander und auch mit der Kuka-Cloud vernetzt. © Kuka/Zimmer

Bis in die einzelnen Greifer hinein wird bei Kuka mittels Smart Production alles überwacht. Neben den Greifern sind alle an der Produktion beteiligten aktiven Komponenten miteinander und auch mit der Kuka Cloud vernetzt. Die Daten werden in der sogenannten Kuka Connectivity Box zusammengeführt und dann an die Cloud weitergegeben. In der Cloud werden neben einer Datenverarbeitung und -speicherung sämtliche Daten der Maschinen, des Roboters und auch des einzelnen Greifers aufgearbeitet und dem Kuka-Mitarbeiter visuell auf Dashboards übersichtlich dargestellt. Dies erlaubt allen Beteiligten volle Transparenz und Kontrolle über den kompletten Produktionsprozess.
Gregor Neumann, Zimmer Group / ag

Motek, Halle 3, 3405

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