Planung von Handhabungssystemen
Automatisch zum richtigen System
Das Forschungsprojekt AsenBa hat Ansätze entwickelt, um den Aufwand für die Planung von Handhabungssystemen zu minimieren. Die individuelle Auslegung von Handhabungssystemen wird durch eine Auslegungslogik realisiert, die auf Simulationsergebnisse zurückgreift.
Die Handhabung von Objekten in automatisierten Prozessen gilt im Allgemeinen als nicht wertschöpfend. Dennoch bleibt sie ein notwendiger Bestandteil der Automatisierung, sodass oft viel Aufwand in ihre Projektierung investiert wird. Das Forschungsprojekt AsenBa, gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung, hat hierfür Ansätze entwickelt, um den Engineering-Prozess zu automatisieren und damit den notwendigen Aufwand für die Planung des Handhabungssystems zu minimieren.
Empfindliche Objekte als Herausforderung für die Handhabung
Im Fokus des Projekts stehen dabei besonders solche Objekte, die aufgrund ihrer Eigenschaften für die Planung der Handhabungsgeräte eine besondere Herausforderung darstellen. Gemeint sind empfindliche zweidimensionale Objekte wie Textilien, die sich bei der Handhabung leicht deformieren. Je nach Verarbeitungsprozess sind Deformationen bis zu einem bestimmten Maß hinnehmbar. Relevant wird diese Fragestellung also beispielsweise in automatisierten Leichtbauprozessen, die Kohlenstofffasern in Form von Textilien verarbeiten, wie auch in der Bekleidungsindustrie.
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Die Auslegung eines Handhabungssystems für solche Fälle ist für einen Menschen nur mit sehr viel Erfahrung möglich, geschieht oft intuitiv und ist selbst dann mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet. Die Antwort eines Ingenieurs auf solche Unsicherheiten heißt verständlicherweise Überdimensionierung. Das Ergebnis einer Überdimensionierung ist ein Handhabungssystem, das mehr Greifer einsetzt als notwendig und damit gleichzeitig mehr wiegt. Besonders bei großflächigen zweidimensionalen Objekten führt diese Überdimensionierung zu einem Missverhältnis von Bauteilgewicht und dem Gewicht des Handhabungssystems.
Automatisierung der Handhabungsauslegung
Die individuelle Auslegung von Handhabungssystemen wird im Projekt AsenBa durch eine Auslegungslogik realisiert, die auf Simulationsergebnisse zurückgreift. Möglich wird dies durch die Integration von Finite-Element-Simulationen (FE-Simulation), mit denen sich der Durchhang von Textilien aufgrund einer Greiferkonfiguration berechnen lässt. Gleichzeitig handelt es sich bei der FE-Simulation aber um ein Expertenwerkzeug, denn das Modell erfordert sowohl beim Aufbau wie auch bei der Interpretation ein tieferes Verständnis der angenommenen Randbedingungen und den daraus resultierenden Ergebnissen. Das Ziel von AsenBa ist jedoch bewusst eine Reduktion der Komplexität für den Anwender.
Möglich wird diese Reduktion durch die Interaktion mit einfachen grafischen Schnittstellen. Durch eine geführte webbasierte Oberfläche soll der Anwender alle notwendigen Informationen für die automatische Auslegung eingeben. Zu diesen Informationen gehören die vermuteten Geschwindigkeiten und Beschleunigungen des Handhabungsprozesses, wie auch die geometrische Form des Objekts und die Materialeigenschaften. Die Beschreibung der Materialeigenschaften stellt eine Herausforderung dar. Exakte Modelle würden hier eine Vielzahl an Eingabeparametern erfordern, deren Ermittlung mit sehr viel Aufwand verbunden ist. Im Projekt AsenBa wird darum versucht mit sehr rudimentären und einfachen Daten auszukommen, die einfach und schnell von jedem ermittelt werden können.
Basierend auf den Eingangsdaten werden dann für zweidimensionale Bauteile Greiferanordnungen berechnet, die danach simuliert werden. Möglich wird dies durch die Verwendung von Ansätzen aus dem Bereich der selbstorganisierenden Karten. Der Algorithmus versucht eine definierte Anzahl an Greifern auf dem Bauteil zu platzieren. Anschließend wird versucht durch die Anpassung der Greiferpositionen eine den Randbedingungen genügende Anordnung zu finden. Gelingt dies nicht, werden weitere Greifer integriert.
Um solche Greiferanordnungen nicht nur zu berechnen, sondern auch in praktischen Versuchen testen zu können, wurde im Projekt ein modulares Handhabungssystem umgesetzt. Die eigentliche Besonderheit liegt dabei in den Greifermodulen. Diese lassen sich frei an der Rahmenstruktur anbringen und beinhalten die notwendige Peripherie, die zur Steuerung der Greifer selbst notwendig ist. Über eingebaute Kommunikationsmodule werden Befehle von einer zentralen Steuerung kabellos empfangen und mit Hilfe von integrierten Druckluftventilen umgesetzt.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei der Baden-Württemberg Stiftung für die Finanzierung des Forschungsvorhabens bedanken.
J. Fleischer, S. Coutandin, F. Ballier/as
Kurz erklärt: Das wbk
Das wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist thematisch in der Fakultät für Maschinenbau angesiedelt. Die drei Bereiche Fertigungs- und Werkstofftechnik, Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung und Produktionssysteme, die von den Professoren Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Schulze, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer und Prof. Dr.-Ing. Gisela Lanza geleitet werden, widmen sich der anwendungsnahen Forschung, der Lehre und Innovation im Bereich Produktionstechnik am KIT. www.wbk.kit.edu
Kurz erklärt: Der MHI e.V.
Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Montage, Handhabung und Industrierobotik e.V. (MHI e.V.) ist ein Netzwerk renommierter Universitätsprofessoren – Institutsleiter und Lehrstuhlinhaber – aus dem deutschsprachigen Raum. Die Mitglieder forschen sowohl grundlagenorientiert als auch anwendungsnah in einem breiten Spektrum aktueller Themen aus dem Montage-, Handhabungs- und Industrierobotikbereich. Weitere Infos zur Gesellschaft, deren Mitgliedern und Aktivitäten: www.wgmhi.de.