Kommentar von Prof. Dr. Markus Schneider
Kostenreduzierung und Liquiditätssicherung mit Lean-Maßnahmen
In Krisenzeiten nehmen Lean-Management Ansätze wieder an Bedeutung zu. Denn insbesondere mittelständische Fertigungsunternehmen können mit Lean-Maßnahmen vergleichsweise schnell ihre Kosten reduzieren und die Liquidität sichern und so effektiv den wirtschaftlichen Auswirkungen von Krisen, wie wir sie mit Corona aktuell erleben, begegnen. Von Prof. Dr. Markus Schneider
Nach Lean-Prinzipien lassen sich zum Beispiel die Arbeitsabläufe und die Arbeitsplätze effizienter gestalten. Die Lean-Regel „Erst organisieren, dann investieren“ hilft hier, mit kurzfristigen und kostengünstigen Maßnahmen erhebliche Effekte zu erzielen. So läßt sich der Mitarbeitereinsatz reduzieren oder der Durchsatz bei gleichem Personal steigern.
Die mittel- und langfristig wirksamen Hebel, die Investitionen oder Neukonstruktionen erfordern, können dann später umgesetzt werden.
Auch in den Prozessen der Materialbereitstellung und der Intralogistik – von Supermärkten über Routenzüge bis zur Lagertechnik – stecken erhebliche, ebenfalls kurzfristig realisierbare Einsparpotenziale. Insbesondere über Durchlaufzeitoptimierungen kann die Reaktionsgeschwindigkeit signifikant erhöht werden. In der Folge führen Bestandsreduzierungen im Lager und Supermarkt zur Freisetzung von dringend benötigter Liquidität.
Softwaregestützte PPS-Systeme sind auf eingeschwungene Zustände ausgelegt. Die Einrichtung neuer Szenarien und Produktionsabläufe ist zeit- und ressourcenaufwändig. In stark volatilen Krisenzeiten hilft hier oft eine Produktionssteuerung mit Bordmitteln, beispielsweise mit einem Kartensystem. Ohne die Unterstützung von IT-Experten kann damit auf geänderte Anforderungen reagiert und die Produktionsplanung und -steuerung im Krisenmodus durchgeführt werden.
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Verständlicherweise werden in Krisenzeiten auch die meisten Neubauprojekte in die Zukunft verschoben. Entsprechend muss man noch länger mit den gegebenen Platzverhältnissen klarkommen. Eine methodengestützte Materialflussoptimierung – eine sogenannte Brownfield-Planung – macht sich in den Bestandsgebäuden ebenfalls schnell bezahlt. Die Prozesse werden visualisiert und gemeinsam optimiert. Ob sich die notwendigen Änderungen im Bestandsgebäude noch rechnen, läßt sich anschließend aufgrund der Rahmenbedingungen zuverlässig bewerten.
Der Autor
Dr. Markus Schneider ist Professor für Logistik, Material- und Fertigungswirtschaft an der Hochschule Landshut und wissenschaftlicher Leiter des Technologiezentrums Produktions- und Logistiksysteme (TZ PULS) in Dingolfing mit seiner über 900 m2 großen Lern- und Musterfabrik. Er ist zudem Gründer und Geschäftsführer der PuLL Beratung GmbH und verantwortet mehrere Forschungsprojekte rund um Themen der Fabrikplanung, Prozessoptimierung und Industrie 4.0.