Akustik und Sounddesign
Störgeräusche in Fahrzeugen und Maschinen frühzeitig beseitigen
Vor allem Leichtbauwerkstoffe und zunehmend leisere Antriebe haben dazu geführt, dass heute unerwünschte Geräusche an Geräten oder Fahrzeugen immer stärker auffallen. Beim Entwicklungsdienstleister P+Z Engineering kümmert man sich daher bereits in den frühen Konzept- und Entwicklungsphasen um das Thema Akustik.
„Die Anforderungen des Endkunden und damit auch des Herstellers an die Akustik von Fahrzeugen und Maschinen sind mittlerweile sehr hoch“, berichtet Dr. Marinus Luegmair, Senior Engineer Akustiksimulation und Leiter des Center of Competence (CoC) Akustik bei P+Z Engineering. Hauptgrund dafür ist, dass jeder Nutzer Geräusche wahrnehmen und subjektiv beurteilen kann – während man beispielsweise für die Crashsicherheitsbewertung eines Fahrzeugs schon fachlicher Experte sein muss. Durch immer leisere Antriebe, insbesondere Elektromotoren, treten heute bislang übertönte Geräuschquellen plötzlich in den Vordergrund, so Luegmair: „Im VW Käfer etwa hätte das Surren der Lüftung niemanden gestört, man hätte es gar nicht hören können.“ Hinzu kommt, dass Leichtbaumaterialien wie Composite-Werkstoffe oder Aluminium, die hinsichtlich Gewicht und Verbrauch neue Maßstäbe setzen, für die Geräuschentwicklung ein Problem darstellen können. „In der Akustik ist mehr Masse in der Regel besser. Für den Leichtbau müssen daher bisherige Konstruktionsstandards neu bewertet und passende Lösungen gefunden werden“, erklärt der Gruppenleiter Technische Berechnung und Simulation, Florian Seifferth, der ebenfalls zum Kompetenzteam gehört.
Um diesem neuen, sich ständig erweiternden Aufgabenfeld fachkundig begegnen zu können, setzt der Entwicklungsdienstleister P+Z Engineering auf Interdisziplinarität: Im Kernteam des CoC Akustik tauschen sich Spezialisten aller Bereiche von Simulation bis Versuch, von Strukturdynamik bis Sounddesign aus, so dass Know-how und Kompetenzen der verschiedenen Abteilungen ineinander greifen. Schnittstellen und die damit verbundenen Informationsbrüche werden auf diese Weise vermieden, wodurch Projekte schneller und gleichzeitig umfassender realisiert werden können. „Bei einem Auftrag für einen Nutzfahrzeughersteller trat beispielsweise zwischen Simulation und Versuch eine Abweichung um den Faktor 100 auf“, erzählt Seifferth. „Meist würde in einem solchen Fall lange an den Ergebnissen gezweifelt und nach Fehlern gesucht. Bei uns hat sich dagegen in der Teambesprechung schnell herausgestellt, dass die Sensoren im Versuch auf speziellen Trägern stehen. Nachdem die Berechnung entsprechend ergänzt wurde, stimmten die Daten überein.“
Störgeräusche noch vor dem Prototypenstadium beseitigen
Ein Hauptthema in der Praxis der Akustikexperten ist die Störgeräuschvermeidung, da unerwünschte Geräusche meist mit mangelhafter Qualität verbunden werden und so das Produkt abwerten können. Derartige Probleme erst kurz vor der Serienproduktion beseitigen zu wollen, zieht in der Regel hohe Kosten für Werkzeugänderungen und Nacharbeiten nach sich. Allein eine klappernde Autotür mit Filz nachträglich zu dämpfen, würde bei 150.000 Türen pro Jahr Mehrkosten von rund 1,6 Millionen Euro bedeuten. Um das zu vermeiden, sollte die Akustik möglichst früh in der Entwicklung, idealerweise noch vor dem ersten Prototypen, betrachtet werden. „Durch unseren interdisziplinären Ansatz können wir hier Simulation und Versuch sehr eng verknüpfen und somit frühzeitig Feedback an die Konstrukteure geben“, erklärt Daniel Plum, Gruppenleiter bei P+Z Engineering, der innerhalb des CoC Akustik für die Versuchs-/Projektbetreuung verantwortlich ist.
Wenn man etwa eine Wandung dünner gestalten möchte, lassen sich mit der Simulation verschiedene Varianten durchspielen und bewerten. Um die daraus resultierenden Ergebnisse abschließend validieren zu können, wird jedoch noch immer der klassische Versuch benötigt. Die Verbindung der beiden, sonst oft zeitgleich divergierenden Entwicklungsbereiche hat so den Vorteil, dass jegliche Änderung, aber auch prozessbedingte, geometrische Probleme frühzeitig betrachtet werden können: „Beispielsweise werden in den werksinternen Lackierprozessen die Rohkarossen innerhalb eines Tauchbades lackiert (KTL:Kathodische Tauchbad Lackierung). Um hier für eine ordentliche Beschichtung, aber auch für einen abschließenden Abfluss von Restbeständen zu sorgen, verbleiben innerhalb der Karosserie Kernlöcher, die dieses begünstigen. Diese führen innerhalb der weiteren Fahrzeugentwicklung jedoch zu akustischen Problemstellungen, die es zu lösen gilt“, so Plum.
Geräusche nach Bedarf und Nutzempfinden gestalten
Ein anderes, noch relativ junges Themenfeld beschäftigt sich mit Psychoakustik und Sounddesign. Fragestellungen, wie welche Geräusche vom Nutzer wahrgenommen werden, wie sich Eindrücke objektivieren lassen und welche Töne vielleicht sogar erwartet werden, gewinnen für die Hersteller durch die generell leiser werdende Technik zunehmend an Bedeutung – nicht nur in der Automobilindustrie. „Auch das Weiße-Ware-Segment befasst sich inzwischen mit Sounddesign. Fehlt beim Einschalten der Waschmaschine das Klicken, kann das den Anwender verunsichern und an der Zuverlässigkeit und/oder Wertigkeit des Geräts zweifeln lassen“, erklärt Plum.
Je nach Situation entwickeln die Akustikexperten daher auch Strategien, um Geräusche künstlich zu erzeugen. Anhand psychologischer Beurteilungen lässt sich dabei ein zum Einsatzgebiet passendes, angenehmes Schallspektrum finden, das die Erwartungen des Kunden erfüllt.
Zukunftsperspektiven: Neue Akustikfelder und neue Materialien
Daneben engagieren sich die Akustik-Spezialisten bei P+Z Engineering derzeit stark in der Aeroakustik, also der Betrachtung aerodynamisch erzeugter Geräusche. Dieser Bereich wurde bislang hauptsächlich universitär behandelt und findet erst jetzt Eingang in die Industrie. Da das Thema noch sehr neu ist, müssen für derartige Projekte zunächst zielführende Methoden entwickelt werden. „Versuche im Windkanal wären sehr teuer, weshalb eher die Simulation das Mittel der Wahl werden wird“, so CoC-Leiter Luegmair. „Allerdings müssen die Strömungsberechnungen hierfür um mehrere Zehner-Potenzen genauer sein als für andere Anwendungen. Um dennoch vertretbare Rechenzeiten zu erzielen, untersuchen wir momentan, inwieweit hier mit Näherungen gearbeitet werden kann und welche Aspekte vielleicht wegfallen können.“ Erste Projekte laufen bereits, so wurde etwa eine CFD-Simulation eines ganzen Fahrzeugs erstellt, um das Fahrzeug im aktuellen Entwicklungsstand bewerten und Verbesserungen ableiten zu können.
Gleichzeitig wird an der Integration neuer Werkstoffe gearbeitet. In diesem Rahmen optimieren die Ingenieure beispielsweise ein CFK-Bauteil akustisch oder erstellen Materialkarten zu den Reaktionen verschiedener Stoffe untereinander. Das CoC Akustik kooperiert dabei eng mit den P+Z-Expertenrunden für Composite und Interieur. „Durch diese Know-how-Vernetzung können wir auch vollständige Lösungen anbieten, anstatt nur Teilaspekte abzudecken“, fasst Seifferth zusammen. Das gesammelte Wissen und die gewonnenen Erfahrungen werden zudem in Inhouse-Vorträgen wie auch in Zusammenarbeit mit Fachhochschulen und Universitäten in München und Ingolstadt an die Mitarbeiter sowie an interessierte Studenten weitergegeben, um den Ingenieurnachwuchs für das vielseitige Thema Akustik zu gewinnen. kf