Schwenkeinrichtung

Andreas Mühlbauer,

Fahrzeugteile effizient bearbeiten

Eine modifizierte Schwenkeinrichtung ermöglicht kürzere Rüstzeiten und höhere Stückzahlen einer 3-Achs-Werkzeugmaschine.

Die Peiseler-Schwenkeinrichtung in der Hyundai-Werkzeugmaschine. © Peiseler

Automobilzulieferer stehen unter besonderem Kostendruck und sehen sich einem überdurchschnittlichen Wettbewerb ausgesetzt. Das gilt auch für das auf Metallbearbeitung spezialisierte Lohnfertigungs-Unternehmen AVCI in Solingen, das überwiegend im Automotive-Bereich aktiv ist. Dabei geht es immer um Serienfertigung mit hohen Stückzahlen, die möglichst kostengünstig zu fertigen sind. So auch bei der mechanischen Bearbeitung von speziellen Halterungen für Antriebe von Cabrio-Verdecken. Wurden diese früher aus Stahl-Tiefziehblechen gefertigt, ermöglicht heute die Verwendung von Aluminium-Druckgussteilen eine erhebliche Gewichtseinsparung. Bislang nutzte AVCI eine 5-Achs-Maschine für deren Bearbeitung, um zum Beispiel erforderliche Bohrungen, Nachfräsarbeiten und das Fräsen von Gewinden durchzuführen. „Da diese aber nur eine Bearbeitungsstation und somit kein hauptzeitparalleles Rüsten bot, kam die Überlegung auf, alternativ eine 3-Achs-Maschine mit Werkstückwechseltisch um zusätzliche Zweiachs-Schwenkeinrichtungen aufzurüsten“, sagt Lutz Wassem, Fertigungsleiter bei AVCI. Damit wäre die Maschine hauptzeitparallel rüstbar und fast ständig in Betrieb. Die Nebenzeiten würden nur Sekunden während des Werkstückwechsels betragen.

Eine wesentliche Herausforderung bei der Umsetzung dieser Idee war die Anforderung von AVCI, für die Fertigung hoher Stückzahlen auf jeder Seite eine Mehrfachspannvorrichtung mit entsprechend dimensionierten Störkreisen auf der C-Achse montieren zu können. Die auf dem Markt angebotenen Schwenkbrücken kamen wegen ihres asymmetrischen Aufbaus dafür nicht infrage. Insofern galt es, einen Anbieter zu finden, der die Planscheibe nicht seitlich, sondern mittig unter Beibehaltung der Stabilität positioniert und damit einen ausreichend großen Störkreis bietet. Mit diesem Wunsch wandte sich AVCI an das Bielefelder Unternehmen Aro-tec, das im Kerngeschäft Werkzeugmaschinen von Hyundai WIA vertreibt, mit denen die Solinger gute Erfahrungen gemacht haben. Sowohl Hyundai WIA als auch Aro-tec zeigten großes Interesse und Kooperationsbereitschaft. Schwieriger gestaltete sich die gemeinsame Suche nach einem Anbieter von Schwenkeinrichtungen, der offen war für die angestrebte Sonderlösung. „Zwar gibt es Anbieter, die ein komplettes Bearbeitungszentrum mit Werkstückwechsel und Schwenkeinrichtung und insofern einer fünfachsigen Bearbeitung anbieten“, sagt Michael Kesterke, Sales Engineer bei Aro-tec. „Doch konnten die preislich nicht mithalten.“ Dann gingen Aro-tec und AVCI auf das Remscheider Unternehmen Peiseler zu, einen Hersteller von Wendern, Drehtischen, Zweiachs-Schwenkeinrichtungen, Schwenkköpfen und Werkzeugwechseltischen, der auch für die Entwicklung komplexer Sonderkonstruktionen bekannt ist.

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Höhere Stückzahlen in kürzerer Zeit

Peiseler zeigte sich offen für das Finden einer passenden Lösung. Da eine Zusatzachse viel Platz benötigt, galt die Prämisse, diese so klein und schlank wie möglich zu bauen, ohne Stabilitätseinbußen zu haben – und das als Plug-and-Play-Lösung. Denn die vierte und fünfte Achse, die das Wenden des Werkstücks ermöglichen, sollten sich in kurzer Zeit leicht entfernen lassen, um die Werkzeugmaschine auch als normale 3-Achs-Maschine einsetzen zu können. „Das alles hat Peiseler hervorragend umgesetzt“, sagt Wassem. Die Konstrukteure haben für den größeren Störkreis das Wiegengehäuse mit zwei veränderten Gusshauben rechts und links verlängert. Statt einem ursprünglich maximalen Durchmesser von 180 mm kann dieser nun bei einem Werkstück bis zu 650 mm betragen. Zwar ist für AVCI nicht die Größe des Werkstücks relevant, doch erlaubt diese bauliche Veränderung die Einrichtung einer hydraulischen Vorrichtung mit mehreren Spannnestern. Damit besteht die Möglichkeit, mehrere kleinere Werkstücke nebeneinander zu bearbeiten. Dies und der Einsatz eines Palettenwechslers ermöglichen eine höhere Stückzahl bei einer reduzierten Fertigungszeit.

„Dass Peiseler in Kooperation mit AVCI und uns eine derart passende Lösung entwickelt hat, ist wirklich außergewöhnlich“, betont Kesterke. „Die Entwicklung einer Schwenkeinrichtung mit vergrößertem Störkreis und die erstmalige Umsetzung einer solchen Variantenkonstruktion aus bestehenden Baukastenkomponenten war auch für uns etwas Neues“, sagt Markus Kocherscheid, der bei Peiseler im Vertrieb Aro-tec betreut. Neben den mechanischen Veränderungen sei die nahtlose Anpassung an die Steuerung der Hyundai WIA F 600 D eine gewisse Herausforderung gewesen. „Diese Anbindung an die Werkzeugmaschine und deren elektrische Schnittstellen hat Peiseler exzellent hinbekommen“, sagt Kesterke. Die Maschine mit der Peiseler-Schwenkeinrichtung läuft seit gut einem Jahr im Drei-Schicht-Betrieb mit wechselnden Bauteilen. „Dank der außergewöhnlichen Technik profitieren wir von der hohen Verfügbarkeit im Dauerbetrieb und den damit möglichen deutlich höheren Stückzahlen“, sagt AVCI-Fertigungsleiter Wassem. Insgesamt habe man die Ausbringung dadurch um 20 Prozent steigern können. „Und zugleich vermeiden wir die kostenintensiven Nebenzeiten fast vollständig.“

Kooperation und Engagement als Erfolgsfaktoren

Die Zusammenarbeit aller drei Unternehmen sei absolut reibungslos gelaufen und sehr produktiv gewesen. Peiseler habe sich während des gesamten Prozesses massiv eingebracht. „Wir hatten unsere Vorstellungen und Peiseler hat sie realisiert“, sagt Wassem. Wichtig seien auch die technologische Performance und die Präzision gewesen. Entscheidend sei daneben die Offenheit und ausgeprägte Bereitschaft zu außergewöhnlichen Sonderlösungen, ebenso die Kundenorientierung sowie die Technologie, Qualität und Leistungsstärke. Dass Peiseler ein sehr guter Partner ist, darin sind sich AVCI-Fertigungsleiter Wassem und Aro-tec-Vertriebsmann Kesterke einig.

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