Forschung

Gustavo Barros, Maximilian Bega, Daniel Gorsek und Bernd Kuhlenkötter vom LPS, Ruhr-Universität Bochum / red,

5G im industriellen IoT

Der Lehrstuhl für Produktionssysteme an der Ruhr-Universität Bochum LPS erforscht industrielle Anwendungen mit einem lokalen 5G-Netzwerk im Kontext von Industrie 4.0. Um diese Studien durchzuführen, müssen Architekturkonzepte erstellt und die Systeme definiert werden, die auf dem industriellen IoT-Konzept basieren. Dieses Konzept bezieht sich auf die Vernetzung von industriellen Geräten, Sensoren und Maschinen zur Überwachung, Kontrolle und Optimierung von Produktionsprozessen.

Die fünf Ebenen der 5G-IIoT-Referenzarchitektur. © LPS

Das industrielle Internet of Things (IIoT) verbessert die Effektivität von Fertigungsprozessen durch Datenerfassung, Verarbeitung und intelligente Entscheidungsfindung. Es bietet eine automatisierte Produktion mit minimalem menschlichem Eingriff und Vorteile – etwa verbesserte Zugänglichkeit, Leistung, Skalierbarkeit und Kosteneinsparungen. IIoT ist eine Unterkategorie des Internet of Things und erfordert eine höhere Konnektivität sowie besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit, Latenzzeiten, Geschwindigkeit, Flexibilität und sichere Kommunikation.

Eine Referenzarchitektur, die das Zusammenwirkung von 5G und IIoT berücksichtigt, umfasst fünf Ebenen: Sensorik-, Netzwerk-, Middleware-, Anwendungs- und Business-Ebene. In einem IIoT-System sammeln Sensoren und Aktuatoren Daten, die über verschiedene Kommunikationstechnologien übertragen und in der Middleware-Ebene verarbeitet werden, bevor sie für verschiedene Anwendungen in der Anwendungsebene genutzt werden. Die Business-Ebene verwaltet das gesamte System und erfordert die Entwicklung besserer Geschäftsmodelle.

Anzeige
Schematisches Konzept für die Anwendung eines 5G-Netzwerks im Kontext der Produktion. © LPS

Die 5G-Technologie bietet im Vergleich zu früheren Netzgenerationen eine verbesserte drahtlose Konnektivität und erweiterte Kapazitäten für die maschinelle Kommunikation und das Internet of Things. 5G unterstützt dabei drei Kommunikationsprofile: Enhanced Mobile Broadband (eMBB), Massive-Type Communication (MTC) und Ultra-Reliable Low-Latency Communication (URLLC), die hohe Datenraten, allgegenwärtige Konnektivität und Zuverlässigkeit bei der Ausführung von Anwendungen bieten. In der Produktionsindustrie ermöglicht 5G eine intelligente, datengesteuerte Produktionsumgebung mit leistungsstarker Konnektivität.

Die Anwendungsprofile URLLC und eMBB stellen die Basis für die folgenden 5G-IIoT-Technologien bereit:

• Network Function Virtualization (NFV) ermöglicht die Erstellung virtueller Versionen von Netzwerk-Hardware, die einfacher zu verwalten und zu aktualisieren sind. Es ersetzt dedizierte Hardware durch handelsübliche Server, was Netzwerke agiler, robuster und kosten-effektiver macht.

• Bei Massive Multiple-Input Multiple-Output (MIMO) werden mehrere Antennen und Sender auf der Empfängerseite verwendet. Dadurch wird der Datendurchsatz verbessert, die maximale Anzahl an Endgeräten in einem Bereich angehoben und die Reichweite des Systems durch die Überlagerung der Signale vergrößert.

• New Radio Frequency (5G NR) ist eine Zugangstechnologie, die in einem Bereich von niedrigen, mittleren und hohen Bandfrequenzen von unter 1 GHz bis 24+ GHz betrieben wird. 5G NR bietet eine Funktion zur Bereitstellung der erforderlichen Bandbreite im System, um sehr schnelle Datenübertragungen zu ermöglichen.

• Mobile Edge Computing (MoEC): Diese Technologie wird als Alternative zur derzeit zentralisierten Cloud angesehen, da sie Ressourcen nahe an Edge-IIoT-Geräte bereitstellt. MoEC zielt darauf ab, Netzwerküberlastungen zu reduzieren und die Reaktionszeiten zu beschleunigen.

• Durch Non-Orthogonal Multiple Access (NOMA) wird eine hohe spektrale Effizienz bei begrenztem Spektrum ermöglicht. Die gleichzeitige Übermittlung von Daten verschiedener Sensoren auf demselben Ressourcenblock ist möglich. Ferner werden Interferenzen reduziert und die Nutzung des Spektrums erhöht.

Best Practice im Kontext der Produktion

In der Lern- und Forschungsfabrik des Lehrstuhls für Produktionssysteme wird das Zusammenspiel von IIoT-Assets unter Nutzung von 5G getestet. Insbesondere für zeitkritische Anwendungen und Informationsverarbeitung auf dem Shopfloor bietet 5G hohe Potenziale bezüglich Konnektivität, Latenz, Übertragungsgeschwindigkeit und -qualität, die aus den 5G-Anwendungsprofilen URLLC, eMBB und mMTC hervorgehen.

Für die Evaluierung eines 5G-Netzwerks in einem solchen Szenario werden Assets des Shopfloors nach dem Referenzarchitekturmodell durch ein 5G-Funknetz verbunden. Dazu zählen unterschiedliche speicherprogrammierbare Steuerungen, die Sensoren und Aktoren überwachen. Diese werden mit einem 5G-Modul für die Integration in das Netzwerk ausgestattet und gemäß dessen Kommunikationsprotokollen konfiguriert. Die Kommunikation zwischen den Anlagen erfolgt über die 5G-Basisstation, die per LAN-Kabel mit dem OPC-UA-Server und der SQL-Datenbank verbunden ist. Auf der Middleware-Ebene werden die Daten in dieser Datenbank konsolidiert und auf der Anwendungsebene von einem Manufacturing Execution System (MES) und anderen Anwendungen für Visualisierungszwecke weiterverarbeitet.

Weiterhin werden in der Lern- und Forschungsfabrik bereits mobile und luftgestützte Robotik-Anwendungen mit 5G implementiert. Bei Tests mit ICMP-Paketen werden Latenzen von 10 bis 15 Millisekunden und Datenübertragungsraten von 300 Mbit pro Sekunde im Downlink und 130 Mbit pro Sekunde im Uplink erreicht, was für diese Art der Anwendung zufriedenstellend ist. Allerdings sollte die Latenzzeit für Anwendungen mit speicherprogrammierbaren Steuerungen so niedrig wie möglich sein, um mit anderen Kommunikationsmitteln konkurrieren zu können.

Gustavo Barros, Maximilian Bega, Daniel Gorsek und Bernd Kuhlenkötter vom LPS, Ruhr-Universität Bochum/ red

Anzeige
Jetzt Newsletter abonnieren

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige

Zerspanung

Fräsaufgaben wirtschaftlich umsetzen

Fräsen umfasst sehr viele Anwendungsbereiche – von der Bearbeitung großer Freiformflächen in der Luftfahrtindustrie und in der Fertigung von Windturbinen über das Fräsen von Kavitäten bis hin zur hochautomatisierten Massenfertigung.

mehr...
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige