Heckstoßfänger sicher bewegen
Werkstückträger-Transportsystem von Stein verbessert Materialfluss bei SMP
Ein Werkstückträger-Transportsystem der Stein Automation in Villingen-Schwenningen sorgt für effizienteren Materialfluss beim Automobilzulieferer SMP: Die Prozesse in der Endmontage von Heckstoßfängern laufen durch die Automatisierungslösung nun deutlich schneller, weil umständliche und aufwändige Arbeitsabläufe entfallen. Damit sparen die Mitarbeiter erheblich Zeit.
Samvardhana Motherson Peguform (SMP) gehört zur indischen Samvardhana Motherson Group, die mit 70.000 Beschäftigten zu den 50 weltweit größten Automobilzulieferern zählt. SMP erzielte im Geschäftsfahr 2014/15 einen Umsatzerlös von 2,2 Milliarden Euro und ist führender Direktzulieferer von kunststoffbasierten Automobilteilen. Dabei handelt es sich insbesondere um hoch entwickelte, ästhetische Komponenten für verschiedene Preiskategorien vom Volumen- bis zum Premiumsegment. Zu den Hauptkunden zählen Volkswagen, Audi, BMW, Porsche und General Motors.
Im SMP-Werk in Neustadt/Donau sind rund 2.200 Mitarbeiter beschäftigt. Jeden Tag verlassen rund 100.000 Komponenten das Werk, darunter 13.000 Stoßfänger, 13.000 Türseitenverkleidungen und 1.700 Instrumententafeln. Der Zulieferer setzt in Neustadt eine hohe Fertigungstiefe um. „Vom Granulat bis zum fertigen Teil decken wir die gesamte Wertschöpfungskette ab“, sagt Thomas Kubrak vom Industrial Engineering.
SMP fertigt größtenteils Teile, die später im Fahrzeug sichtbar sind. Deswegen müssen die Komponenten dem strengen Auge des Automobilbetrachters Stand halten und sehr hohe Oberflächenansprüche erfüllen. „Unsere Kernkompetenz liegt im Lackieren, Montieren und Beschäumen. Ein spezielles Verfahren gestaltet Armaturen-Komponenten so, dass sie nahezu perfekt aussehen. Qualität hat bei uns Top-Priorität“, erläutert Kubrak. Außerdem verlangen die OEMs strikte Liefertreue. SMP liefert die Teile just-in-sequence in die Produktionshallen – also in gleicher Reihenfolge wie die Autos über das Band laufen. „Wir müssen unsere Produkte so vorhalten, dass wir unsere Kunden jederzeit zuverlässig beliefern können“, sagt Kubrak. Und er präzisiert: „Weil die Variantenvielfalt in der Autoindustrie in den letzten Jahren stark zugenommen hat, sahen wir uns vor der großen logistischen Herausforderung, die Prozesse zu synchronisieren.“
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Empfindliche Werkstücke schonend transportieren
Auf der Motek 2014 zeigte Stein Automation innovative Lösungen für einen effizienten Materialfluss. Das Schwarzwälder Unternehmen präsentierte ein Werkstückträger-Transportsystem live in Aktion. Herzstück der Anlage ist das Antriebssystem Softmove, das für einen materialschonenden und energiesparenden Transport von empfindlichen Gütern sorgt.

Die Neustädter haben diese Aufgaben in vielen Produktionsbereichen bereits gelöst. In anderen bestand noch Optimierungsbedarf. So liefen die Prozesse in der Endmontage der Heckstoßfänger noch nicht reibungslos. Die Mitarbeiter schoben diese in Montagewagen von einer Station zur nächsten. Dabei stauten sich die Wagen, behinderten den Prozess oder wurden als Ablage genutzt. Thomas Kubrak und seine Kollegen wollten diesen Zustand ändern und machten sich auf die Suche nach einer effizienten und platzsparenden Montagelinie, um vor allem den Prozessfluss zu verbessern. „Eine Lösung, die die Mitarbeiter zwingt, Abläufe einzuhalten“, wie er sagt.
Erste Kontakte zu STEIN gab es auf einer Logistikmesse. Es folgten Fachgespräche, Projektbeschreibung, Vor-Ort-Besuche, intensive Beratung und Lösungsvorschläge. In dieser Phase waren auch Wettbewerber im Spiel. „Letztlich hat uns das Konzept des Automatisierungsspezialisten überzeugt. Wir waren sicher, dass das System unsere Anforderungen erfüllt“, erläutert Kubrak die Entscheidung für die Lösung aus dem Schwarzwald.
Seit Januar 2015 arbeitet ein Werkstückträger-Transportsystem (WTS) vom Typ STEIN 300 in der Montagehalle. Es ist 15 Meter lang und linienförmig angeordnet. STEIN lieferte keine Anlage „von der Stange“. Üblicherweise transportieren WTS eher kleinere Teile. Die Stoßfänger sind jedoch bis zu 1,80 Meter breit mit komplexen Geometrien. SMP setzt Werkstückträger von STEIN mit den Maßen 1.800X700 Millimeter ein. Um die Stoßfänger prozesssicher zu bewegen, waren außerdem besondere, abgepolsterte Aufnahmen notwendig. Auf Wunsch von SMP sollten diese sich in der Höhe verstellen lassen. Damit können die Mitarbeiter das System flexibel auf Stoßfänger unterschiedlicher Größe einrichten. Die Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern war in der Entwicklungsphase intensiv. „Die Kooperation verlief hervorragend“, lobt Thomas Kubrak. Begeistert ist er vom Service und den STEIN-Mitarbeitern, die schnell auf seine Wünsche reagiert haben.
Das System mit insgesamt zehn Werkstückträgern arbeitet als separate Einheit autark am Ende der Wertschöpfungskette. Die gespritzten und lackierten Stoßfänger werden aufgesteckt und zu den einzelnen Stationen bewegt. Mitarbeiter bringen dort Elemente wie Parksensoren, Spurwechselassistenten, Rückstrahler und Zierleisten an. Die Werkstücke sind von allen Seiten frei zugänglich, was den Montageprozess erleichtert. Wenn die elektronische Kontrolle am Ende der Linie grünes Licht gibt, gehen die fertig montierten Stoßfänger direkt an die OEMs.
Mit dieser Automatisierungs-Lösung hat SMP die Montageprozesse optimiert. „Unser Materialfluss ist deutlich besser geworden. Dabei mussten wir das Rad nicht neu erfinden. Mit der von Stein eingesetzten, bewährten Technik haben wir den größtmöglichen Nutzen erzielt“, betont Kubrak. Die bedienerfreundliche Bereitstellung der Stoßfänger vermeide unnötige Laufwege und erleichtere das Anbringen der unterschiedlichen Komponenten. „Das bringt uns eine deutliche Zeiteinsparung“, sagt Kubrak. Darüber hinaus laufe die gesamte Endmontage reibungsloser. Im Weg stehende oder als Ablage genutzte Montagewagen gehörten der Vergangenheit an.
Seit Inbetriebnahme läuft das Transfersystem störungsfrei. Aus Sicht von SMP punktet das WTS auch in Bezug auf Anwenderfreundlichkeit und Flexibilität. Es lässt sich jederzeit ohne großen Aufwand umbauen. „Das ist gerade in der Montage ein wichtiger Faktor. Durch die gestiegene Variantenvielfalt wechseln die Modelle ständig und wir müssen das Montage-Layout anpassen. Deswegen ist uns Flexibilität sehr wichtig“, erläutert Thomas Kubrak.
Als besonders effizient hat sich die Steuerung Stein Control erwiesen. SMP kann je nach Bedarf einzelne Stopp-Stellen einfach an- und ausschalten, ohne in die Leitsteuerung eingreifen zu müssen. „Wir können entsprechend dem Montageaufwand in verschiedenen Modi fahren. Das macht den Prozess noch effizienter“, sagt Kubrak und verweist auf die hohe Akzeptanz, die das WTS bei den Mitarbeitern mittlerweile genießt und die sich auch schon herumgesprochen hat: Intern prüft SMP, ob solche Systeme auch in anderen Konzernbereichen einsetzbar sind.
Die Anlagensteuerung kann auf viele Um- und Ausbauten, die sich in Produktions- und Montageprozessen über Jahre hinweg ergeben können, schnell reagieren. Für SMP ein wichtiger Aspekt. Thomas Kubrak: „Es ist durchaus vorstellbar, mit dieser Anlage künftig einen noch höheren Automatisierungsgrad zu erreichen. Was die Komplexität angeht, stehen wir technisch erst am Anfang.“