Handhabungstechnik
Montagegerecht konstruieren
Eine altbekannte Forderung begleitet die Prozessautomatisierer auch in die Zukunft: Produkte müssen montagefreundlich sein. Zwar wurde in den letzten dreißig Jahren insbesondere bei Massenprodukten schon allerhand erreicht, aber neue Produkte und veränderte bzw. weiterentwickelte Fügeverfahren setzen die Montagegerechtheit immer wieder neu auf die Tagesordnung. Bereits in der Produktentstehungsphase soll deshalb der Zusammenbau anforderungsorientiert durchdacht werden!
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Das Ziel
Montagegerechtes Gestalten hängt sehr stark von der Produktstruktur ab, also wie ist das Produkt in Baugruppen und Bauteile gegliedert, welche Schnittstellen stehen zur Verfügung und welche Montagereihenfolge muss eingehalten werden. Der Zusammenbau soll schließlich mit minimalen Kosten, kleinstmöglichem Arbeitsaufwand, minimalem Platzbedarf, einfachen Fügebewegungen und möglichst geringer Durchlaufzeit erfolgen. Besonders zeitaufwändiges Justieren kann sich als echter Flaschenhals im Durchlauf erweisen. Das Bild 1 zeigt an einem Beispiel, wie eine gefederte Lagerhülse (ein Kompensator) die Selbstjustierung des Lagerspiels übernimmt. Die Einstellung wirkt auch noch später bei verschlissenen Lagerflächen.
Neue Verbindungselemente können ebenfalls Zeiteinsparungen bringen. Das Bild 2 zeigt eine Sechskantmutter, die nicht über eine lange Spindel bis zur Klemmstelle geschraubt werden muss, sondern sofort als „halbe“ Mutter angesetzt werden kann. Die Koppelflächen der Mutternhälften sind in ihrer Geometrie derart raffiniert ausgeführt (patentiert), dass man sofort nach dem Zusammensetzen die Mutter festziehen kann. Die Festigkeit der Verbindung unterscheidet sich nicht von einer herkömmlichen einteiligen Schraubenmutter. Die Herstellung der „Twin Nut“ ist außerdem mit Einsparungen verbunden.
Schnappverbindungen sind montagegerecht
Eine geradlinige Fügebewegung von oben ist automatisierungstechnisch ideal. Eine dauerhafte Verbindung erreicht man natürlich nur, wenn die Fügepartner mit entsprechenden Haltelementen ausgestattet sind. Besonders Bauteile aus Kunststoff lassen sich mit Schnappelementen günstig herstellen. In Bild 3 wird eine Baugruppe mit Schwinghebel dargestellt, bei der man auf einen Wellensicherungsring verzichten kann, indem man beim geradlinigem aufstecken Haltekrallen überwindet. Außerdem wird die Herstellung der Hebelachse einfacher, weil das Einstechen der Nut entfällt. Weil immer auch der Montagefortschritt kontrolliert werden muss, spart man so auch eine Kontrolloperation ein.
Wenn keine Demontageöffnungen oder Ähnliches vorgesehen werden, ist das Zerlegen von Schnappverbindungen oft nur durch Zerstörung der Fügestelle möglich. Das ist dann ein leidiges Übel. Bei einfachen Produkten mit begrenzter Lebensdauer mag das angehen. Sie sind dann reparaturunfreundlich. Das Bild 4 zeigt ein Beispiel. Die Buchse ist einfach zu fügen, zentriert das Wälzlager und deckt es nach außen ab. Eine Demontage ist allerdings ohne Zerstörung nicht möglich. Das kann nicht unbedingt akzeptiert werden. In letzter Zeit wird der Demontierbarkeit von Produkten mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
Positionstolerante Verbindungselemente
Wer zum Beispiel ein Blechgehäuse oder Schaltschränke durch Verschrauben herstellen will, benötigt Gewinde im Blech, entweder als Blechdurchzug mit Gewinde oder aufgeschweißte oder hartgelötete Muttern. Die Schraubstellen sind dann unverrückbar festgelegt. Bei Bauteiltoleranzen schnäbelt die Schraube dann beim Zusammenbau oft nicht mehr an. Die Fügefähigkeit ist also stark eingeschränkt. Abhilfe schaffen spezielle Muttern (Käfigmuttern, Blechfedermuttern, Kastenmuttern), wie es das Bild 5 zeigt. Das Dünnblech erhält an der entsprechenden Stelle eine Prägung, die gleichzeitig auch das Blech etwas versteift. Bei Käfigmuttern braucht man einen rechteckigen Ausschnitt im Blech. Die geclipste Mutter lässt sich in der Position in beiden Richtungen etwas verschieben. Das Mutterngewinde kann sich dem Schraubengewinde in kleinen Grenzen anpassen. Es gibt übrigens auch Gewindebolzen zum Einclipsen.
Das ist natürlich nur ein Ausschnitt aus einem umfangreichen Regelwerk. Am Anfang der Betrachtung ist immer auch zu klären: Handmontage oder Automat. Danach unterscheiden sich im Einzelfall die Regeln in ihrer Wertigkeit. Hilfsmittel und Methoden zur Selbstkontrolle und Unterstützung findet man bei REFA, MTM- und DFA- bzw. DFMA-Vorgehensweisen. Stefan Hesse