New Work in der Industrie

Andreas Mühlbauer,

Arbeitsprozesse in der Krise digitalisieren

Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie sollen sich die Menschen voneinander fernhalten. Dadurch entstehen viele digitale (Not-)Lösungen, die Mitarbeiter trotz räumlicher Distanz miteinander verbinden. Auch eine Chance für die Zukunft. Von Ulrike Volejnik

Die Krise kann auch eine Chance sein, Arbeitsmodelle zu hinterfragen und zu modernisieren. © T-Systems Multimedia Solutions

Auch an der Industrie geht die Entwicklung nicht spurlos vorbei. Unternehmen können diese Zeit als Chance sehen und ihr Arbeitsmodell soweit möglich digitalisieren.

Auditsicherung: Saubere Sache

Langfristig gesehen gibt es einige Möglichkeiten, die Fertigung stärker über digitale Tools abzubilden. Allerdings stecken wir momentan in einer wirtschaftlichen Krise, die schnelle Maßnahmen erfordert. Besonderes Augenmerk verdienen Maßnahmen zur Qualitätssicherung, um die Audit-Vorgaben weiterhin zu erfüllen. Durch die Pandemie findet die Produktion unter erschwerten Bedingungen statt und Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Hygienevorschriften eingehalten werden.

Als Quick Fix lassen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schichten einteilen, um einen direkten Kontakt weitestgehend zu vermeiden. Einen Schritt weiter gehen Unternehmen aus der Fertigung, wenn sie die Dokumentation der Prozessabläufe vollständig automatisiert digital abbilden und damit den zeitlichen Aufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduzieren. Robotic Process Automation kann hierfür eine wichtige Rolle spielen. Statt händisch erstellten Reportings übernimmt ein Algorithmus und verringert damit gleichzeitig die Fehleranfälligkeit.

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Zusammenarbeit trotz Entfernung

Darüber hinaus existieren inzwischen viele Tools für die Zusammenarbeit, sodass Angestellte, vor allem in den Bereichen Verwaltung und Management, nicht zwingend an einem Ort versammelt sein müssen. Anstelle von langen E-Mail-Threads können sich die Kollegen über Messenger wie Skype for Business oder Microsoft Teams mit integriertem Video Chat verständigen.

Damit auch über die Ferne eine effiziente und strukturierte Zusammenarbeit stattfinden kann, eignen sich Collaboration Tools wie Office 365. Bei der Einführung solcher Tools ist es unbedingt notwendig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu begleiten, Schulungen anzubieten und wichtige Regeln für die Nutzung, zu Netiquette und Verhaltenskodex festzulegen. Wie genau darf und soll miteinander gesprochen werden? Bei welchen Aufgaben eignet sich der Chat zur Abstimmung, wann ist ein Video Call in größerer Gruppe notwendig? Interne Abstimmungen und Termine sollten dabei mit der gleichen Ernsthaftigkeit eingehalten werden wie Termine mit Kunden und Zulieferern. Mit eindeutigen und für alle Kollegen geltenden Regeln lässt sich auch bei räumlicher Trennung eine harmonische und effiziente Zusammenarbeit umsetzen.

Dafür gibt es bestimmt eine App

Spezielle Mitarbeiter-Apps können zudem mehr als nur die Kommunikation unter den Kollegen optimieren. Auch als Informationswerkzeug für die Lieferkettenoptimierung sind sie wichtige Helfer. Beschreibungen von Prozessabläufen, Hintergrundinformationen und Ansprechpartner innerhalb der App können einen Großteil des anfallenden Kommunikationsbedarfs abfangen. Als Out-of-the-Box-Variante können Unternehmen die Apps schnell erwerben und installieren. Für den individuellen Bedarf gibt es in der Regel weitere, bereits fertige Features als App-as-a-Service, die für einen definierten Zeitraum dazu gebucht werden können. In der aktuellen Ausnahmesituation stehen viele dieser Angebote sogar kostenfrei zur Verfügung.

Wartung per Augmented Reality

Selbstverständlich lassen sich nicht alle Aktivitäten am Arbeitsplatz vollständig digital abbilden. Besonders im industriellen Sektor nimmt die Maschinenwartung einen großen Raum ein. Dennoch können auch hier digitale Lösungen aus dem Internet of Things (IoT) Prozesse vereinfachen und die örtliche Gebundenheit auf ein Minimum reduzieren. Das Unternehmen Schwan Cosmetics setzt beispielsweise Augmented Reality für die Fernwartung ein.

Mit dieser Technologie können sich Experten mit Betreibern und Instandhaltern der Maschinen verbinden und bei Problemen unterstützend zur Seite stehen. Über eine Desktop App, die auf Smart Glasses wie der HoloLens läuft, können sich die Mitarbeiter vor Ort Anweisungen direkt in ihr Sichtfeld übertragen lassen. Experte und Vor-Ort-Mitarbeiter können durch die HoloLens beide das gleiche sehen und entsprechend kommunizieren. Selbst Maschineneinstellungen und Anmerkungen lassen sich im Sichtfeld einblenden, damit Verständigungsschwierigkeiten durch verschiedene Sprachen oder Dialekte gar nicht erst entstehen.

Durch das Abwandern vieler Arbeitsprozesse in die digitale Welt wird die örtliche Anwesenheitspflicht immer obsoleter. Unternehmen profitieren letztlich auf mehreren Ebenen davon. Zum einen lassen sich damit leichter qualifizierte Mitarbeiter finden, da die Standortfrage wesentlich flexibler und individueller zu lösen ist. Auf der anderen Seite lassen sich nun immer mehr Prozesse automatisieren und digitalisieren, was bei den Mitarbeitern wiederum Kapazitäten freischaltet, die sie in eine aktive Weiterentwicklung des Unternehmens und Geschäftsmodells investieren können. Die aktuelle Krise beschleunigt diesen Prozess und kann damit Fluch und Segen zugleich sein – wenn Unternehmen die Zeit sinnvoll nutzen.

Ulrike Volejnik, Mitglied der Geschäftsleitung der T-Systems Multimedia Solutions GmbH

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