Faserverbundwerkstoffe
Composites wirtschaftlich produzieren
Vor allem im automobilen Leichtbau kommen Faserverbundwerkstoffe wie Carbon zum Einsatz. Allerdings haben sie den Sprung in die Serienfertigung noch nicht ganz geschafft, sind doch die Herstellungskosten für Teile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, kurz: CFK, noch immer zu hoch. Das soll sich nun ändern. Der Pressenhersteller Schuler und weitere Partner hatten sich im Forschungsprojekt „iComposite 4.0“ zusammengeschlossen, um das Problem zu lösen. Letztendlich ist es ihnen gelungen, die Kosten für ein Prototyp-Teil um mehr als 50 Prozent und die Durchlaufzeit um über 40 Prozent zu reduzieren.
Als Referenzbauteil diente eine Bodenplatte, welche unter dem Motor und dem Fahrgastraum eines englischen Sportwagens angebracht ist. Zu den Anforderungen zählten, dass deren Struktur einem Frontalaufprall standhalten muss und auf eine hohe Torisionssteifigkeit und Sitzlast ausgelegt ist. Bisher betrugen die Kosten für eine solche Bodenplatte knapp 400 Euro. Im Rahmen des Projekts konnten diese auf rund 150 Euro reduziert werden. Die Durchlaufzeit verringerte sich von 73 auf 46 Minuten.
Prozesse greifen ineinander
Für den ersten Produktionsschritt war das Aachener Institut für Kunststoffverarbeitung zuständig: Ein Roboter spritzt die Grundstruktur aus Glasfaser auf. Als Nächstes berechnet ein Algorithmus – entwickelt vom Aachener Zentrum für integrativen Leichtbau (AZL) und CFK-Anbieter Teijin Carbon – die individuelle Zugfestigkeit. Abhängig davon legt ein weiterer Roboter die Carbonfasern nach einem Verfahren, das von Siemens und Broetje Automation Composites stammt, und gleicht dadurch Schwankungen der Bauteileigenschaften aus. Die optische Kontrolle erfolgt durch ein 3D-Messsystem von Apodius. In diese Matte aus Verbundfasern wird im Anschluss ein Harz injiziert. Unter dem hohem Druck einer hydraulischen Presse von Schuler härtet dieses aus und wird gleichzeitig in die gewünschte Form gebracht. Für die gewünschte Wanddicke kann die Presse die Durchbiegung des Werkzeugs gezielt beeinflussen. Damit lassen sich ab Stückzahl eins Gutteile herstellen, der Ausschuss reduziert sich also auf Null. Bislang benutzen Hersteller von Faserverbund-Teilen Carbon-Matten als Ausgangsmaterial, das zugeschnitten werden muss. Dabei wird fast die Hälfte der teuren Kohlenstofffasern zum Ausschuss. Beim Forschungsprojekt wird das benötigte CFK vollständig verbraucht. Gleichzeitig sinkt die Durchlaufzeit, während die Ausbringungsleistung steigt.
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Für die Rückverfolgbarkeit sorgt ein RFID-Chip von ID-Systec. Sämtliche Bestandteile der Fertigungslinie, die beim AZL an der RWTH Aachen läuft, sind miteinander vernetzt. Die Erkenntnisse des Forschungsprojekts sollen nun in die industrielle Praxis Einzug finden.
Nach Unterlagen von Schuler / ag