Führungssystem
Automatische Ernte
Von Hepco kommt ein Führungssystem für die Werkzeugpositionierung bei der Spargelernte. Aktuell finden Tests auf dem Feld statt. Mit der Automatisierung könnte das beliebte Gemüse künftig günstiger werden.
Spargel gehört zum teuersten Gemüse Europas, weil Erntehelfer in mühevoller Handarbeit jede Stange einzeln stechen müssen – 2015 waren es laut des Statistischen Bundesamtes 112.100 Tonnen. Das könnte künftig ein Roboter ändern, den Ingenieure am Bremer Centrum für Mechatronik (BCM) entwickeln. Er arbeitet mit Erntewerkzeugen, die auf Präzisionsschienen des britischen Unternehmens Hepco Motion fahren; das Unternehmen ist Spezialist für Linearführungssysteme und unterhält eine Niederlassung im bayerischen Feucht.
Bislang ließ sich der Wunsch nach Automatisierung der Spargelernte noch nicht erfüllen – hier zeigt sich der Mensch noch überlegen. Das Projekt Green asparagus harvesting robotic system (Garotics) widmet sich diesem Thema und hat einen Ernteroboter für grünen Spargel entwickelt. Mit an Bord sind das Bremer Centrum für Mechatronik (BCM), der Verpackungsmaschinenhersteller Strauss aus Buxtehude und der britische Landwirtschaftsbetrieb C. Wright & Son. Basis der Erntemaschine ist ein Fahrgestell mit vier Rädern und Vorderradantrieb. Mittig zwischen die Vorderräder ist ein Kamerasystem installiert, das die grünen Spargelstangen während der Vorbeifahrt filmt. Anders als weißer Spargel wachsen sie über der Erde. Eine Bildverarbeitungssoftware unterscheidet erntereife Stangen von solchen, die noch zum Wachsen in der Erde bleiben müssen. Es wäre nicht sinnvoll, eine Art Rasenmäher zu bauen, der alles abmäht, da die Stangen unterschiedlich schnell wachsen. So war es eine Herausforderung, eine Bildverarbeitung zu implementieren, die verschiedene Wachstumsstadien differenzieren kann.
Eine Software leitet die Koordinaten der reifen Exemplare an den Werkzeugkopf weiter, der unter einer gehärteten und präzisionsgeschliffenen Linearführungsschiene aus Edelstahl von HepcoMotion montiert ist. Auf einem zahnriemenbetriebenen Laufwagen kann der Werkzeugkopf über die volle Fahrzeugbreite von Seite zu Seite fahren – ähnlich wie die Patronen in einem Drucker. Den Antrieb übernimmt ein Wechselstrom-Getriebemotor mit Schneckengetriebe, der an der Seite der Linearführungsschiene sitzt. Die Motoren des DLS-Systems leisten bis zu 1,1 Kilowatt, und die Getriebe bringen eine Untersetzung von 5:1 bis 75:1. Das lässt Antriebskräfte bis 1.225 Newton und Geschwindigkeiten bis zwei Meter pro Sekunde zu, mit speziellen Motoren sogar mehr als fünf Meter pro Sekunde. Der Ernteroboter arbeitet mit zwei Werkzeugköpfen gleichzeitig, die sich auf zwei hintereinander positionierten Schienen unabhängig voneinander bewegen können; das erhöht den Durchsatz.
Sobald der Werkzeugkopf positioniert ist, schwenkt er einen Greifarm von hinten nach unten. Für diese Bewegung ist ein weiteres Hepco-System eingesetzt, das PRT2. Es ist ein Spektrum an Ringen und Ringsegmenten aus Edelstahl, die sich mit geraden Führungsschienen zu diversen offenen und geschlossenen Schienenstrecken zusammensetzen lassen. Beim Spargelroboter sind an beiden Innenseiten des Werkzeugkopfs 90-Grad-Bögen mit angeschlossenen geraden Stücken montiert. Der Greifarm ist auf einen Laufwagen mit V-Nut-Zapfenlagern geschraubt, die zentrisch und exzentrisch angeordnet sind. Diese Rollen greifen von oben und unten in die induktionsgehärtete V-Laufbahn des Ringsegments.
Die Bewegung kommt zustande, indem ein Zahnriemen den Laufwagen samt Greifarm über die 25 Millimeter breite Schiene zieht und eine Schwenkbewegung erzeugt. Der Motor ist an der Außenseite des Werkzeugkopfes montiert. Dank des Schienensystems lässt sich eine lineare Bewegung und eine Rotation des Greifarms mit nur einem platzsparenden Antrieb realisieren. Die Rollenführung ermöglicht es, dass sich der Greifarm schnell senken lässt; durch die Kombination aus linearer Bewegung und Rotation beim Absenken reicht ein geringer Abstand zwischen zwei Spargelstangen aus. Bei einer langsameren Bewegung, die entsprechend früher starten müsste, könnte der Greifarm einen vorangehenden Spargel beschädigen, der noch zum Reifen in der Erde bleiben soll. Sobald der Greifarm abgesenkt ist, wird ein über einen Pneumatikzylinder angetriebenes Abscheren und gleichzeitiges Greifen des Spargels ausgelöst, während sich der Roboter kontinuierlich mit 0,5 Meter pro Sekunde vorwärtsbewegt. Der gesamte Werkzeugkopf fährt dann an die Seite und legt den Spargel auf einem Förderband ab.
Auf den Spargelfeldern ist es heiß und kalt, staubig und nass – die Hepco-Führungssysteme halten diese rauen Umgebungsbedingungen aus. Das V-Führungs-Prinzip ist quasi selbstreinigend, denn während der Fahrt des Laufwagens drücken die Lager den Schmutz von der Schiene. Zudem entfällt, anders als bei Kugelumlaufsystemen, die Schmierung. Alle Komponenten sind korrosionsbeständig, und der Spargel wird nicht von Rost verunreinigt. Ein Prototyp der Spargelerntemaschine wird derzeit unter realen Bedingungen Feldtests unterzogen. Hier stellt sich auch heraus, wie lange die Akkus die Maschine mit Energie versorgen können. Bislang arbeitet die Maschine nicht schneller als menschliche Erntehelfer – allerdings kann sie bei ausreichender Energiezufuhr problemlos rund um die Uhr auf dem Feld arbeiten.
pb