Sichere Energieverteilung
Energieplan mit Gürtel und Hosenträger
Beim Werk-Neubau in Kaufbeuren setzt Hawe Hydraulik auf die Zukunft. So zog noch vor den modernen Fertigungsanlagen eine Energieverteilung ein, die die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) um 39 Prozent übertreffen sollen. Grundlage dafür ist die „Totally Integrated Power“-Idee von Siemens, auf der die Elektroplaner das effiziente Energiekonzept realisierten.
Wie man einem Rohbau Leben einhaucht, weiß Elektroplaner Christian Kaindl. Hawe Hydraulik vertraute ihm daher die Planung der elektrischen Energieversorgung im neuen Werk in Kaufbeuren an. Viel Zukunft sollte im neuen Werk stecken, was neben Schlagworten wie Effizienz und Zuverlässigkeit auch die Option zum weiteren Ausbau der Produktion bedeutete. So entwickelte Kaindl für die vier Hallen des Neubaus ein rundum sicheres Konzept – „sozusagen mit Gürtel und Hosenträger“, wie es der erfahrene Praktiker aus dem bayerischen Nandlstadt bildlich beschreibt. Dessen Kernpunkte sind: Jede der vier Hallen wird einzeln versorgt und die Lastschwerpunkte sind jeweils um die Halle herum positioniert.
Umgesetzt wird dieser planerische Ansatz mit Komponenten von Siemens. Sie bilden eine einheitliche Lösung, die sowohl die Mittel- als auch die Niederspannungs-Schaltanlagen integriert. Das zugrundeliegende Siemens-Konzept „Totally Integrated Power“ (TIP) soll durch aufeinander abgestimmte Systeme sowie durch technische Supportleistungen in der Planungsphase eine durchgängige und zuverlässige Energieverteilung von der Mittelspannungseinspeisung bis zur Verbrauchsstelle gewährleisten. Die Dimensionierung und Planung der einzelnen Anlagenteile erfolgte über die Softwaretools Simaris design und Simaris project. Alle Komponenten sollen so die richtige Größe für eine optimale Netzauslegung haben.
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Elektroplaner Kaindl hat die Vorteile des TIP-Konzeptes im Laufe der Jahre schätzen gelernt: „Siemens ist ein guter Partner, gerade wie hier bei der Planung für ein großes Werk. Denn bei der Vielzahl der Produkte und Neuerungen kann man als Planer nicht immer im kleinsten Detail stecken. Da ist die Unterstützung und Beratung durch den Hersteller eine wertvolle Hilfe. Und die modernen Softwaretools erleichtern die Planung und Berechnung heute wirklich enorm.“
Prinzip der partiellen Abschaltung
Die Entscheidung für eine Lösung mit Siemens-Komponenten fiel aber auch aus anderen Gründen: „Wir haben uns im Vorfeld des Werk-Neubaus natürlich verschiedene Systeme angeschaut“, erklärt Matthias Wimmer, Projektleiter Haustechnik bei Hawe Hydraulik. Dabei haben die technische Qualität und das Gesamtkonzept von Siemens überzeugt.
Auch bei den Mittelspannungs-Schaltanlagen kommt der Elektroplaner ins Schwärmen: „Eine wunderschöne Kompaktanlage!“ Ausgestattet mit Siprotec-Schutzgeräten sorgt sie für die sichere Energieverteilung von der Mittelspannungseinspeisung an die entsprechenden Verbraucher beziehungsweise an die Transformatoren. Die Mittelspannungsversorgung selbst ist in zwei Ringen aufgebaut. Im Gegensatz zu einer linienförmge Topologie lässt sich somit die Verteilung flexibler gestalten. Vor allem aber lässt sich jeder Abschnitt einzeln abschalten, was entscheidend zu einem unterbrechungsfreien Betrieb beiträgt.
Höchste Ausfallsicherheit war bei den Transformatoren gefragt. Denn eine Wiederbeschaffung dauert mindestens drei bis vier Monate, eine Reparatur nicht weniger lang. Der Produktionsausfall in dieser Zeit wäre erheblich. Deshalb ist in jeder der insgesamt fünf Trafo-Gruppen ein Gerät redundant ausgeführt. Die Trafos sind abwechselnd im Einsatz, was die Verfügbarkeit optimiert und die Wartung erleichtert. Zudem ist die maximale Auslastung des Werkes von 15 MW längst nicht erreicht. Die eingeplante Reserve dient nicht nur der Betriebssicherheit, sondern ist auch schon in die Zukunft gedacht. Denn die Produktionsmaschinen bei Hawe Hydraulik werden dem allgemeinen Trend folgend zwar immer kompakter, die Anschlussleistungen aber immer höher.
Die durch die Trafos erzeugte Niederspannung wird über die Niederspannungs-Schaltanlagen und ein technisch darauf abgestimmtes Stromschienen-Verteilersystems an die Verbraucher geleitet. Rund acht Kilometer umfasst das System – eine Länge, die in Kaindls Worten „mit Kupfer nicht mehr realisierbar“ wäre. Dabei ersetzen die Schienenverteiler nicht nur das klassische Kabel, sondern auch den zentrale Verteiler durch verbrauchernah angeordnete Schutzorgane. Daraus ergeben sich Vorteile, die Schienenverteiler selbst bei geringeren Distanzen als interessante Alternative zum Kabel machen. Allen voran eine hohe Flexibilität und ein geringer Platzbedarf. Nicht zuletzt garantieren Niederspannungs-Schaltanlagen und Stromschienen-Verteilersysteme als bauartgeprüfte Niederspannungs-Schaltgerätekombination nach IEC 61439 eine hohe Betriebssicherheit und Kurzschlussfestigkeit.
Konkret umfasst die in den Produktionshallen realisierte Stromverteilung 30 Felder der gasisolierten Mittelspannungs-Schaltanlage Typ 8DJH, 13 GEAFOL-Gießharztransformatoren, 80 Felder Niederspannungs-Schaltanlagen Sivacon S8 sowie acht Kilometer Stromschienen – alles von Siemens. „Ein stimmiges System von Anfang bis zum Ende“, beurteilt Christian Kaindl dieses Ergebnis des TIP-Ansatzes. cs