Robotik und IIoT

Digitalisierung: Stromsparer oder Stromfresser?

Der Digitalisierung verschiedener Wirtschaftszweige wie dem verarbeitenden Gewerbe stehen steigende Energiemengen und -kosten gegenüber. Muss die Digitalisierung unter diesem Aspekt betrachtet neu unter die Lupe genommen werden – und welche Schlüsse können wir daraus ziehen?

© hotstock/stock.adobe.com

Das Digitalisieren von Geschäftsprozessen birgt viele Vorteile. Wiederkehrende Abläufe können mithilfe passender Anwendungen so automatisiert werden, dass Experten nur noch zum Überprüfen und Korrigieren eingesetzt werden müssen. Die dadurch frei gewordene Arbeitszeit können Betriebe anderweitig einsetzen, etwa zum Weiterentwickeln des Geschäfts. Neben dem Einsparen menschlicher Arbeitszeit können Prozesse mithilfe digitaler Technologien auch effizienter und transparenter gestaltet werden, was wiederum Zeit und Geld spart. Auch das Überbrücken räumlicher und zeitlicher Grenzen wird für das geschäftliche Zusammenarbeiten zunehmend wichtiger. Via Remote-Work-Tools gelingt abgestimmtes Arbeiten immer besser – egal, ob vom Büro, von unterwegs, aus dem Homeoffice oder über verschiedene Betriebsstandorte hinweg.

Zur Produktionsunterstützung setzen verarbeitende Unternehmen immer häufiger ausgereifte Maschinen ein. Damit verbrauchen sie mehr Strom und stoßen einen Großteil der weltweiten CO2-Emissionen aus: 2020 verantworteten produzierende Unternehmen 38 % des Energieverbrauchs und 26 % der CO2-Emissionen auf der Erde. Auch der Einsatz kollaborativer Roboter, von End-to-End-Monitoring-Lösungen, von Remote-Work- und Predictive-Maintenance-Tools erzeugen stetig wachsende Daten- und Energieströme. Gespeichert, sortiert und geleitet werden die Daten häufig in großen Rechenzentren, die für ihren Betrieb wiederum sehr viel Strom benötigen. Die eigene ökologische Bilanz zu verbessern ist daher eine wichtige langfristige Aufgabe für das verarbeitende Gewerbe.

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Green Engineering für den Klimaschutz

Um das zu schaffen und Prozesse nachhaltiger zu gestalten, bedienen sich Produktionsbetriebe häufig des ingenieurstechnischen Verfahrens, dem Green Engineering. Im Fokus stehen dabei das ganzheitliche Analysieren, Entwickeln und Bewerten energie- und stoffwirtschaftlicher Prozesse zum Schutz natürlicher Ressourcen. Digitalisierungstechnologien wie Sensoren und Datenanalysen ermöglichen es, Ressourcenverbräuche zu untersuchen, zu steuern und zu minimieren. Neben sinkenden Energieverbräuchen und Emissionen von Treibhausgasen lässt sich durch den vernetzten Einsatz umweltfreundlicher Technik auch die Produktivität des verarbeitenden Gewerbes erhöhen. Doch je mehr Prozesse digitalisiert werden, desto mehr digitale Geräte setzen Unternehmen ein und umso mehr negative Umweltwirkungen treten auf.

Die Studie zeigt, dass für die große Mehrzahl der befragten Unternehmen ein Trade-off existiert: zwischen dem Einsatz digitaler Technologien und den absoluten Energieeinsparungen. Mit steigendem Einsatz digitaler Technologien steigt die verbrauchte Energie binnen eines Jahres um 1,03 %. Betrachtet man darunter lediglich den Stromverbrauch, steigt dieser binnen eines Jahres sogar um 1,34 %. Die zur Stromerzeugung verbrauchte Energie aus fossilen Brennstoffen ändert sich dagegen kaum. Daraus folgt, dass der Gesamtanstieg des Energieverbrauchs hauptsächlich durch den höheren Stromverbrauch der digitalen Technologien verursacht wird. Deshalb ist es sinnvoll, diese ständig auf dem neuesten Stand zu halten und kontinuierlich nach energieeffizienten Alternativen zu suchen.

Durchdacht digitalisieren und Verbräuche senken

Produzierende Betriebe müssen durchdacht digitalisieren und ihre Stromverbräuche nachhaltig senken. Dafür integrieren immer mehr verarbeitende Betriebe etwa Photovoltaikanlagen auf den Dächern ihrer Produktions- und Fertigungshallen. Zudem verbessern sie das Erfassen ihrer Energiedaten und optimieren ihre Maschinenauslastungen mit KI-Lösungen. Auch das Kennzeichnen energieeffizienter Soft- und Hardware durch das Siegel "Blauer Engel" trägt zum nachhaltigen Digitalisieren bei. Um die Energieverbräuche langfristig und bleibend zu senken, gilt es, stets auf dem aktuellen Stand der technologischen Entwicklung zu bleiben und neue Lösungen sinnvoll vernetzt im Produktionsbetrieb zu verankern.

Tobias Thelemann, Produktmanager Mechanische Bauelemente und Automatisierungstechnik bei Reichelt Elektronik / am

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 6/23

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