Embedded Computing
Der Tiger unter den Prozessoren
Seit der Zug in Richtung Industrielles Internet der Dinge (IIoT) und Industrie 4.0 Fahrt aufgenommen hat, müssen Prozessorboards und -module exponentiell wachsende Datenmengen verarbeiten können. Der Bedarf an Rechenleistung sowie Übertragungs- und Speicherbandbreite steigt rapide an. Dazu tragen auch immer anspruchsvollere Bildverarbeitungsaufgaben und Anwendungen von künstlicher Intelligenz bei.
Als Hersteller von innovativen und skalierbaren Produkten für Embedded Computing und IIoT entwickelt Kontron diese auf Basis der jeweils aktuellen Halbleitertechnologie kontinuierlich weiter. Die enge Partnerschaft mit Prozessorherstellern wie Intel ermöglicht es dem deutschen Hersteller, diese Technologien bereits sehr früh in Single-Board-Computer, Computer-on-Modules und Industrie-PCs zu integrieren. So stehen bereits kurz nach Verfügbarkeit des Prozessors einsatzbereite Produkte zur Verfügung – auch in industrietauglichen Ausführungen.
Entwicklungssprung der Prozessorarchitektur
Bereits voll verfügbar sind die Produkte auf Basis der Intel-Core-i-Prozessoren der 11. Generation. Neben Low-End-Prozessoren wie der Serie Intel Atom und Server-Prozessoren der Intel-Xeon-Reihe bilden diese als Mittelklasse einen Hauptschwerpunkt im Portfolio des US-Anbieters. Sie sind in vielen Skalierungen erhältlich und einer Weiterentwicklung unterworfen, die teilweise auch in Technologieschritten erfolgt. Ein solcher ist die Umstellung auf die „Tiger Lake“-Mikroarchitektur. Ende 2020 erstmals angekündigt, nutzt diese einen neuen Herstellungsprozess mit 10 statt bisher 14 nm Strukturbreite. Dadurch sind diese Prozessoren ihren Vorgängerprodukten sowohl hinsichtlich der möglichen Taktfrequenzen (bis 4,8 GHz) als auch bezüglich der Energieeffizienz deutlich überlegen.
Intel bietet diese Prozessoren in zahlreichen Varianten an. Wie bereits bei einigen Vorgängertypen, kennzeichnen die Buchstaben U und H die Haupttypen. Tiger Lake U ist eine Single-Chip-Lösung, während bei Tiger Lake H zwei getrennte Chips in einem Gehäuse arbeiten. Der separate PCH-Chip stellt als Hub zusätzlich zu den 20 PCIe-4.0-Lanes 30 programmierbare Hochgeschwindigkeits-I/O-Lanes zur Verfügung. So bietet Tiger Lake H mehrere schnelle SSD- und USB-Schnittstellen, ebenso 2,5-Gb-Ethernet und WiFi-6E-Gigabit-WLAN. Anders als bei früheren Architekturen ist die Thermal Design Power (TDP), auf deren Grundlage Kühlung und Stromzufuhr ausgelegt werden, innerhalb bestimmter Bereiche einstellbar. Sie beträgt 15 bis 25 W bei Tiger Lake U und 25 bis 45 W bei den leistungsfähigeren Tiger-Lake-H-Prozessoren.
Echtzeitfähigkeit im Standard
„Für die Eignung von Computerhardware in industriellen Anwendungen sind die reine Datenverarbeitungsleistung und die Übertragungsbandbreite auf den Netzwerkleitungen nicht die einzigen Kriterien“, sagt Peter Müller, Vice President Product Center Boards & Modules bei Kontron. Speziell im Maschinenbau geht es oft um das Synchronisieren miteinander verbundener und voneinander abhängiger schneller Prozesse. Dort ist es wesentlich, dass die Datenübertragung ohne zu große Latenzen geschieht, also in Echtzeit. Ebenso wichtig ist, dass das Eintreffen der übertragenen Daten stets berechenbar, also deterministisch bleibt. Die 11. Generation bietet im Standard sowohl Intel Time Coordinated Computing (Intel TCC) als auch Time Sensitive Networking (TSN). Diese Erweiterungen von Ethernet um die Echtzeitfähigkeit ermöglichen das Verschmelzen der bisher getrennten Netzwerke für IT und OT ohne Zusatzkosten.
Die aktuellen Intel-Prozessoren sind besonders für den Aufbau sicherheitsgerichteter programmierbarer Steuerungen geeignet. So kann nicht nur ein dedizierter Prozessorkern für sicherheitsgerichtete Anwendungen reserviert werden. Das Intel Functional Safety Essential Design Package (Intel FSEDP) stellt Kunden die technische Dokumentation für die Entwicklung und Zertifizierung sicherheitskritischer Plattformen nach den Normen für funktionale Sicherheit zur Verfügung.
Mit der 11. Prozessorgeneration, PCIe 3.0 und einem TSN-fähigen Ethernet-Controller dringt das Kontron-COM-Express-Modul im Formfaktor Compact in eine neue Performanceklasse vor, ohne die Leistungsaufnahme über Gebühr zu steigern. Dazu ist es mit einem Single-Chip-Prozessor Tiger Lake U mit zwei oder vier Rechnerkernen bestückt. Bereits diese CPUs verfügen über einen Befehlssatz für vektorisierte neuronale Netze.
Im Formfaktor Basic der COM-Express-Module sorgen diese Prozessoren mit bis zu acht Rechenkernen für die Eignung in High-End-Anwendungen mit hoher Bandbreite. Dabei handelt es sich um die Zwei-Chip-Lösungen Tiger Lake H. Diese erhalten Unterstützung durch Intel Iris Xe Graphics und Intel Deep Learning Boost für erhöhte KI-Performance und integrierte TSN- und TCC-Funktionalität.
Tiger-Performance auf 3,5 Zoll
Der 3.5"-SBC-TGL ist ein 3.5"-Single-Board-Computer, der auf den Core-i-Prozessoren der 11. Generation U-Serie und Celeron-6000-Serie beruht. Bei Kontron nennt sich das Tiger Lake UP3. Er ist zusätzlich mit einer Intel-Iris-Xe-Graphics-Grafikeinheit der nächsten Generation ausgestattet. Die dadurch erzielte Prozessor-, Grafik- sowie KI-Leistung prädestiniert ihn ideal für verarbeitungsintensive Anwendungen wie KI oder Deep Learning.
Interessant für industrielle Anwendungen macht ihn seine hervorragende Eignung für Anwendungen von Computer Vision und das deterministische Rechnen mit geringer Latenz. Dazu unterstützt das Board 8K-Videostreaming mit 60 Bildern pro Sekunde (fps). Mithilfe der B2B-Schnittstelle lassen sich gleichzeitig vier unabhängige Displays via DP mit einer Auflösung von 4K mit 60 fps ansteuern. Die TDP ist im BIOS konfigurierbar. Damit lassen sich Systeme schaffen, die hinsichtlich des Kühlungsbedarfs an die individuellen Nutzungsprofile der Kunden eingestellt werden können. Sowohl die COM-Express-Module als auch das 3.5"-SBC-TGL sind in Varianten mit dem erweiterten Temperaturbereich von –40 bis 85 °C verfügbar.
Ausschließlich in der leistungsstärkeren Zwei-Chip-Ausführung Tiger Lake H verbaut Kontron diese Prozessoren auch in der neuen Generation seiner High-End-Industriecomputer im Box-PC-Format. Ausgestattet mit Intel Core i3, i5 und i7 CPUs mit bis zu acht Rechenkernen, eignen sich die Geräte der Familie KBox C-104-TGL mit integrierter TSN- und Intel-TCC-Funktionalität speziell für anspruchsvolle Edge-Workloads und High-End-Anwendungen mit hoher Bandbreite.
Für besonders datenintensive IoT-Edge- und AI-Anwendungen hat Kontron auf Basis derselben Prozessoren den Industrie-PC KBox A-151-TGL entwickelt. Er verfügt über einen Erweiterungsslot an der Front (I/O Door), über den er sich um zusätzliche Funktionalitäten wie Feldbusse oder Schnittstellen wie Grafik, serielle oder digitale I/Os sowie Ethernet erweitern lässt. Optional lässt sich das System um 4G/5G- oder auch WiFi-6-Konnektivität ergänzen.
Erweiterte Zukunftssicherheit
Ebenso wichtig wie technische Eignungsmerkmale ist für Industrieanwender die langfristige Verfügbarkeit der Hardware. Sowohl Intel als Prozessorhersteller als auch Kontron garantieren diese. „Wir können über sehr lange Zeiträume die Verfügbarkeit funktionsäquivalenter Produkte mit zeitentsprechend mitwachsenden Performancedaten gewährleisten“, sagt Peter Müller. „Damit bieten wir unseren Kunden auf lange Sicht Zukunftssicherheit.“