Pneumatische Förderanlagen
Teiletransport im Luftstrom
Seit mehr als 120 Jahren werden pneumatische Förderanlagen mit Erfolg eingesetzt. Man kann sie nicht nur für fließfähiges Schüttgut verwenden, sondern auch für kleine Formteile mit beliebigem Querschnitt und aus verschiedenen Materialien.
Fördergut und Förderluft strömen durch die Leitung in den Abscheider. Dieser trennt am Ende des Weges das Gut von der Luft. In einer pneumatischen Flugförderanlage bewegen sich die Teile mehr oder weniger frei in der Förderleitung und berühren die Rohrwandung in unregelmäßigen Abständen. Aerodynamisch günstig geformte Teile wie Kugeln oder Nadeln sind allerdings nicht fürs pneumatische Fördern brauchbar.
Das Prinzip
Man unterscheidet solche Systeme in Druck- und Saugförderanlagen. Der prinzipielle Unterschied ist aus Bild 1 gut erkennbar. Er besteht im Wesentlichen darin, ob das zur Erzeugung des Luftstromes erforderliche Aggregat (Gebläse) vor oder nach der Transportrohrleitung angeordnet ist. In der Sauganlage wird das Fördergut bei Atmosphärendruck eingeschleust, bei der Druckanlage mit einem Druck von 1 bar ausgeschleust. Die nach dem Transport austretende Förderluft kann wegen der mitgeführten Staubpartikel meist nicht ungefiltert in den Arbeitsraum entlassen werden. Aus Gründen der Unterdruckerzeugung und des Betriebes ist nur ein kleiner Druckbereich zwischen 1 bar und 0,5 bar wirtschaftlich für Saugluftsysteme nutzbar. Bei der Druckförderung bestimmt der gewählte Verdichter die Auslegung der Anlage. Am Ende der Förderstrecke müssen die Teile auf die Geschwindigkeit Null abgebremst werden.
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Nach Bild 2 ist eine geführte Förderung von Teilen nur möglich, wenn die Stückgutlänge wesentlich größer ist als die Stückgutbreite. Dann kann sich das Teil nicht durch Selbsthemmung im Rohr verklemmen oder überschlagen. Unregelmäßige Stückgüter, wie zum Beispiel Kunststoffformteile, sollten sich beim Auflaufen nicht miteinander verhaken oder verkeilen. Eine besondere Aufgabe obliegt der Handhabungstechnik, die Stückgüter sicher in das System einzubringen, beispielsweise über Zellenradschleusen. Die Verhakung von Teilen während des Transportes ist eher gering, weil die Teile mit gleicher Geschwindigkeit gewissermaßen nebeneinander „fliegen“.
Nachfüllsystem
Im Beispiel nach Bild 3 wird eine dosierte Stückgutnachfüllung gezeigt. Die Teile befinden sich in einem Vorratsbunker, aus dem sie nach dem Staubsaugerprinzip in einen prozessnahen Sammelbehälter gebracht werden. Meldet der Vibrationsförderer Bedarf an Teilen an, dann öffnet sich die Bodenklappe und eine vorbestimmte Menge an Teilen wird ausgegeben. Von Vorteil ist, das bei einem Sortimentswechsel vielfach kein Umbau des Systems erforderlich ist. Grenzen werden durch Masse, Geometrie (Größe und Form) sowie Stoß- und Schlagempfindlichkeit der Förderobjekte gesetzt. Werden Rohrweichen im Leitungssystem eingesetzt, dann lassen sich viele weitere Bedarfsstellen bis in 100 Meter Entfernung bedienen. Es sind Zwei- oder Dreifachweichen für das Verteilen verwendbar. Das ermöglicht eine große zentrale Teilebevorratung abseits von den Produktionsmaschinen. So entsteht eine hohe Autonomie des Systems, weil sich der Teilenachschub selbsttätig steuert. Der Bedienaufwand für das System reduziert sich.
Zuteilen mit Luftunterstützung
Beim Zuteilen, meistens ist es ein Vereinzeln, werden Teile von einer Werkstückschlange abgeteilt und dann als Einzelstück in den Prozess gegeben. Dazu gibt es viele erprobte Lösungen, wie man das beispielsweise auf mechanische Weise mit Schiebern, Schnecken und Greifern erreichen kann. Das Bild 4 zeigt den Ablauf eines Zuteilvorganges auf Basis einer Lochscheibe. Kleine Rundteile werden über ein Rohr bis zur Zuteilerscheibe gebracht. Nun ist es schwierig, die Teile mit einer Mindestkraft und schnell in die Aufnahmen der Scheibe zu bringen. Im letzten kleinen Streckenabschnitt schiebt deshalb ein Druckluftimpuls das Objekt zusätzlich voran. Der Weg des Werkstücks wird hinter der Zuteilerscheibe durch einen Anschlag begrenzt. Um die Teile im letzten Moment etwas zu beschleunigen, wäre eine mechanische Hilfe aus Platzgründen schlecht unterzubringen. Seitlich eingespeiste Druckluft ist hier leichter zu führen. Die Lösung ist allerdings nicht flexibel und im Beispiel auf ein vergleichsweise geometrisch einfaches Objekt abgestimmt. Die Fördermenge je Zeiteinheit hängt von der Länge der Teile, ihrer Masse, dem pneumatischen Druck und der Zuteilergeschwindigkeit (im Beispiel Drehzahl) ab. Bei großen Förderstrecken machen sich dann auch Druckverluste bemerkbar, die zu Einbußen an Fördergeschwindigkeit führen.
Stefan Hesse