Handhabungstechnik
Ein weites Feld
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Unter dem Begriff ,,Greifer" versammelt sich eine riesige Zahl verschiedenster AusfÃhrungen. Es gibt Greifer fÃr fast alle Gelegenheiten. Da existieren solche fÃr 60–Tonnen–Objekte und andere nutzen kapillare oder elektrostatische KrÃfte fÃr die Handhabung in der Mikromontage. In der Textilbranche fixiert ein Greifer die von den Nadeln eingebrachten FÃden, so dass eine Schlaufe gebildet werden kann. Ja es gibt sogar den Zwei-Schalen-Friedhofsgreifer fÃr einschlÃgige Erdarbeiten. Auch wenn uns hier nur Greiftechnik fÃr die Fertigungsautomatisierung interessiert, es bleibt dennoch ein weites Feld, um einen Buchtitel von GÃnter Grass noch einmal zu verwenden. Er beschreibt in seinem Roman ein Panorama deutscher Geschichte von 1848 bis heute. Weniger alt, aber dennoch in der Breite ausufernd, sind inzwischen Geschichte und Gegenwart der automatischen HÃnde in einer automatisierten Produktion.
Greifgerechte Gestaltung
Kann man das automatische Greifen vorteilhafter gestalten? Ja, das ist mÃglich, wenn auch oft zu spÃt daran gedacht wird. Man soll z.B. die Einzelteile fÃr eine Montagebaugruppe mÃglichst mit solchen Griffstellen ausstatten, die mit ein und demselben Greifer bewÃltigt werden kÃnnen. Das Ziel ist die EinschrÃnkung der Anzahl notwendiger Greifer bzw. die Einsparung von Wechselsystemen. Es gibt aber weitere Zielstellungen: Eine greifgerechte Gestaltung kann auch schonendes und sicheres Greifen unterstÃtzen und dazu beitragen, dass auch schnellste Bewegungen des Teils im gegriffenen Zustand mÃglich werden. Trotzdem ist eine Einflussnahme auf die WerkstÃckgestalt meistens gering, weil die Teile oder Baugruppen vielfach bereits in der oft unzweckmÃÃigen Form in das Ensemble der Teile einer Produktkonstruktion eingegangen sind. Einige MÃglichkeiten zur Anpassung werden in Bild 1 als Anregung und GedankenstÃtze aufgefÃhrt. Mitunter hilft auch ein anderes Greifprinzip weiter. So ist mÃglich ein konisches WerkstÃck mit formangepassten SaugflÃchen-Backen anzufassen, anstelle parallel schlieÃender und abgeschrÃgter Klemmbacken. Auch die ErhÃhung des Reibungskoeffizienten durch ElastomerbelÃge auf den Backen kann schon hilfreich sein. Greifgerechtes Gestalten ist ein spezieller Bestandteil der allgemeinen Forderungen nach automatisierungsgerechter Gestaltung von Teilen, Baugruppen und Produkten. Es gehÃrt zu den sagenhaften ,,100 Gerechtheiten", die der Konstrukteur berÃcksichtigen soll.
Sechs Finger halten die Form
Runde WerkstÃcke aus weichem Material, wie Gummi oder Pappe, sowie dÃnnwandige Ringe bzw. Zylinder bÃÃen meistens ihre ursprÃngliche Form ein, wenn man sie kraftpaarig anfasst. LÃsst sich der Klemmgriff nicht vermeiden, die Greifkraft nicht reduzieren und die Steife des Objekts nicht erhÃhen, z.B. durch Sicken an einem BlechstÃck, dann kann man durch geometrisch angepasste Greifbacken die Form des Greifobjekts bewahren. Das leistet der in Bild 2 dargestellte Sechsfingergreifer. Er hÃlt das Teil mit je drei zueinander versetzten Innen- und AuÃenfingern fest. Es wird gleichzeitig innen wie auÃen zentrisch gegriffen. Die gruppenweise entgegengesetzten Fingerbewegungen werden von einem einzigen Antrieb hervorgebracht. Ein solches Greifprinzip ist auch fÃr aufgewickeltes Material vorteilhaft, bei dem die Enden wÃhrend der Handhabung weder innen noch auÃen aufgehen dÃrfen. Allerdings ist die Verwendung des Greifers auf einen bestimmten Durchmesser beschrÃnkt. FÃr andere WerkstÃckgrÃÃen braucht man einen anderen Satz Greifbacken.
Neue Wege fÃr den Antrieb
Nicht immer muss alles beim Alten bleiben. Allgemeine Ziele fÃr Weiterentwicklungen sind Verringerung der Anzahl von Einzelteilen, besseres Masse-LeistungsverhÃltnis, kleinere StÃrkonturen, weniger Masse, grÃÃere Nutzungsdauer und auch wettbewerbsfÃhige Preise. NatÃrlich will man mit neuen Greifern auch schwierige Greifaufgaben einer LÃsung zufÃhren. Es gÃrt noch immer geheimnisvoll im Marktsegment ,,Greifertechnik".
Ein recht interessanter und deshalb patentierter Greifbackenantrieb wird in Bild 3 dargestellt. Zugunsten eines vorteilhaften FÃhrungsverhÃltnisses (FingerlÃnge zu FÃhrungslÃnge der Greiferbacken), hat man die FÃhrungspunkte fÃr die Grundbacken weiter auseinandergelegt als meistens Ãblich. Die Grundbacken laufen auf Rollen und werden Ãber Kipphebel angetrieben. Damit beide FÃhrungsrollen genutzt werden kÃnnen, Ãberlappen sich die Grundbacken symmetrisch. Beim SchlieÃen der Greifbacken drÃckt der groÃe Kolben mittels einer BrÃcke auÃen auf die Kipphebel, beim Ãffnen wird der kleine innen laufende Kolben aktiv. Die Kipphebel greifen in Bolzen ein und bewegen so die Grundbacken. Der Greifer benÃtigt wenig Raum, weil die beiden Pneumatikkolben ineinander stecken. Der gesamte Greifer ist Ãbrigens ohne Schraubenverbindungen zusammengesetzt, ausgenommen die noch anzubauenden Greifbacken. Der Greifer ist deshalb gegen Schwingungen besonders immun.
Nun noch zu einem zweihÃndigen Greifkopf: Doppelgreifer haben bekanntlich technologische Vorteile, weil sie beim Abholen eines Fertigteils bereits das neue Rohteil mitbringen kÃnnen. Das spart Zeit. Der Wechsel der Greifpositionen ist aber oft an raumgreifende SchwenkkÃpfe gebunden, die dann zusammen mit dem Greifer und einem langen, axial gegriffenen WerkstÃck eine relativ groÃe StÃrkontur beschreiben. Eine ungewÃhnliche Schwenkeinheit, die diesen Nachteil bannen will, ist in Bild 4 zu sehen. Ein Hebelsystem bewegt die angebauten Greifer durch Kreisschiebung in die Greifpositionen. Die Hebel sind natÃrlich enger beieinander angebracht, als es in der Skizze dargestellt ist. Die Schwenkeinheit ist also relativ schmal und besitzt ausnahmslos Drehlager. Auch die KabelfÃhrung wird einfacher. Stellt man sich dann noch Greifer mit Drehbacken vor, die also ein gegriffenes Teil im Greifer um 90ú oder 180ú schwenken kÃnnen, dann kann man auf einer Stelle WerkstÃckmanipulatoren vornehmen, ohne dass die Handhabungseinrichtung entsprechende Achsbewegungen ausfÃhren muss. Man kommt dann eventuell mit einem einfachen HandhabungsgerÃt aus und kann auf einen hochbeweglichen Industrieroboter verzichten.Stefan Hesse