Handhabungstechnik
Globoid-Player und Co.
,,Jeder geliebte Gegenstand ist der Mittelpunkt eines Paradieses" (Novalis), was immer man sich unter dem Paradies so vorstellt. Doch was ist der Mittelpunkt einer Rundschalttischmaschine? Oft genug ist es ein Rundtisch mit Globoid–Kurvengetriebe. Bei einem solchen Getriebe wird ein Rollenstern schrittweise getaktet. Die Globoidkurve zeichnet sich dadurch aus, dass sie der Rundung des abtreibenden Rollensterns exakt angepasst ist. Mit solchen Getrieben lassen sich sehr kleine Schaltzeiten bei wenig Schwingungsanregung erreichen. Das verspricht exzellente Laufruhe und Transferanlagen wie Pick-and-Place-Geräten ist damit auch auf Dauer eine hohe Positionier- und Wiederholgenauigkeit beschieden. Natürlich gibt es noch andere Kurven-Schrittgetriebe, die mit ähnlichen Vorzügen ausgestattet sind und als Antrieb ,,paradiesische Mitte" sein können.
Rund getaktet und linear transportiert
Kurvenschaltgetriebe lassen sich auch als Schrittantrieb für Werkstückträgersysteme einsetzen. Das Bild 1 zeigt dazu ein Beispiel. Das Zugmittel, welches die Werkstückaufnahmen trägt, wird von einem Globoid-Kurvengetriebe in Gang gesetzt. Der Werkstücktransport ist auch mit einem System möglich, bei dem das Zugmittel (Kette, Zahnriemen) über vier Umlenkräder geführt wird, deren Achsen vertikal angeordnet sind. Dann ergibt sich ein Rechteckumlauf der Werkstückträger, was einer Transferanlage entspricht. Die Taktzeit ist bei Automaten festgelegt, bei manuellen Montageplätzen kann die Taktfolge aber auch vom Montagepersonal zu beliebigen Zeitabständen ausgelöst werden. Der Antrieb bleibt dann vorübergehend ausgeschaltet.
Bei solchen Linearsystemen ist wichtig, wo es im Umlauf welche Reibungswiderstände zwischen Kette und den Führungen zu überwinden gibt, weil das Auswirkungen auf die Kraft des Antriebsmotors hat und auch die Lebensdauer des Systems beeinflusst.
Kurve gekriegt
Trotz großem Angebot an fertigen Handhabungseinrichtungen, sind immer wieder auch Geräte gefragt, die z.B. im Sondermaschinenbau genau ,,auf Lücke" passen müssen. Man kann sie relativ einfach zusammenstellen, wenn man auf handelsübliche und erprobte Hub-Schritt-Getriebe zurückgreift. Das Bild 2 zeigt ein Beispiel. Lediglich Schwingarm, Greifer und Antriebsmotor sind zu ergänzen. An die Hub-Schrittbewegung ist man zwar für alle Zeiten gebunden, jedoch können die Hersteller der Kurvengetriebe auf erstaunlich viele Kundenwünsche bezüglich Bewegungsverlauf (Schaltzeit, Schaltwinkel, Rastzeit, Hub) und zu bewegende Massen eingehen. Die Kurvengetriebe gibt es in Baugrößen gestuft, so dass eine gute Anpassung an die Anforderungen möglich ist.
Diese Geräte laufen schnell, sind genau und außerdem sehr geräuscharm. Auch Überkopfanordnungen sind meistens zulässig, wie man es in Bild 3 sehen kann. Das Handlinggerät ist hier an einem Gestell hängend befestigt. So lässt sich manchmal ein Platzproblem lösen. Auch den Rundschalttisch und die Transferstrecke könnte man mit Hilfe von Globoidkurven-Getrieben antreiben.
Rundschalttisch mit Direktantrieb
Das ist eine zukunftsträchtige Lösung, bei der man auf alle Getriebe zwischen Elektromotor und Rundtisch-Drehteller gänzlich verzichtet hat. Direktantriebe sparen Masse ein, verkleinern die Reibungsverluste und erübrigen das ansonsten auftretende Spiel zwischen den einzelnen Übertragungselementen. Damit sind diese Antriebe besonders für hochdynamische Aufgaben geeignet. Der in Bild 4 mit Organisationsbeispiel und Grobdarstellung gezeigte Rundschalttisch wurde eigens für die Montage entwickelt. Er verfügt über eine exzellente Lagerung des Drehtellers, damit die erforderliche Genauigkeit gesichert ist. Ein besonderer Vorzug ist natürlich die freie Programmierbarkeit der Schwenkwinkel. Außerdem ist der Rundtisch schnell und schafft z.B. 80 Takte je Minute bei 16 Basisteilaufnahmen zu je 1,5 Kilogramm Masse. Ein induktives oder optisch quasi-absolutes Messsystem wurde im Lager integriert, eine mechanische Klemmung ist optional möglich. Der Rundtisch kann mit Steuerungen verschiedener Hersteller betrieben werden.
Für die Organisation der Montage lassen sich verschiedene Abläufe gestalten. So kann der Drehteller mit Werkstückaufnahmen für unterschiedliche Basisteile ausgestattet werden, wie es in Bild 4 dargestellt ist. Das Taktregime wird jeweils elektronisch so vorgegeben, dass die gerade aktuellen Aufnahmen die zugehörigen Montageeinheiten erreichen. Es ist sogar denkbar, Vormontage und Fertigmontage im 2-Runden-Zyklus zu absolvieren. Beim ersten Umlauf wird vormontiert, im zweiten Umlauf werden die Unterbaugruppen dann mit der Basisbaugruppe verbaut. Es lassen sich auch noch andere Ablauffolgen ausdenken. Der Direktantrieb folgt der gesetzmäßigen Tendenz, Lösungen mechanisch zu vereinfachen und Variabilität und Intelligenz der Elektronik zu übertragen.
Alles Scheibe oder was
Auch im klassischen ,,Kurvendesign" gibt es noch etliche Pick-and-Place-Geräte, wie man am Beispiel in Bild 5 sehen kann, die mit Scheibenkurven laufen. Hub und Verfahrweg sind hier in den Kurven verewigt, eingeschlossen die bewegungsoptimierten Start- und Abbremsrampen in den Endpositionen. Für diese Geräte wie für die anderen gilt, dass die höchste Anzahl von Bewegungszyklen bisher nur mit Kurvensteuerungen erreicht werden können. Trotzdem bieten sie eine kultivierte Bewegung. Alle anderen Antriebe und Steuerungen sind langsamer. Flexibilitätswünsche bleiben natürlich auf der Strecke. Damit sind sie auf die Massenfertigung und Handhabung kleiner Werkstückmassen festgelegt. Man sieht beim dargestellten Gerät auch, dass sich weitere Geräte wie an einer Königswelle ankoppeln lassen. Die dann synchron mitlaufenden Geräte brauchen dadurch keinen eigenen Antriebsmotor.Stefan Hesse