Antriebskonzept
Durch und durch eine Lösung
Antriebslösung für die Produktion eines Leichtbau-Werkstoffs. Bis zu 70 Prozent Gewichtsersparnis gegenüber herkömmlichen Holzwerkstoffplatten bietet der Leichtbau-Werkstoff Lisocore von Lightweight Solutions. Alles andere als „leicht“ waren die Anforderungen an die automatisierte Handlingstechnik der Anlage.
Hohe Dynamik für optimierte Zykluszeiten, wiederholgenaue Präzision beim Handling der mehrere Quadratmeter großen Deckschichten und Verbundelemente, Flexibilität hinsichtlich der zu bewegenden Elementmassen und zuverlässige Verfügbarkeit: So lauteten die Kernanforderungen an die Servotechnik – die von fast 100 Hypoid- und Planetengetrieben sowie Ritzel/Zahnstange-Linearsystemen samt Schmierzubehör von Wittenstein alpha erfüllt werden. „Ausschlaggebend für die sichere Beherrschung der Handlingkinematiken ist vor allem die Tatsache, dass uns Wittenstein mit umfangreichen Simulationen und Auslegungsberechnungen über die gesamte Projektlaufzeit hinweg zeitnah und umfassend unterstützt hat“, hebt Michael Schäpers, Geschäftsführer von Lightweight Solutions und Erfinder von Lisocore, die fachliche Beratungskompetenz bei der gemeinsamen Betrachtung der Antriebsauslegung hervor.
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Mehr als „nur“ leicht
Er spricht vom Engineering Support und den Servogetrieben für die Herstellung des Leichtbau-Werkstoffes Lisocore. Dies ist kein Leichtbau-Werkstoff wie jeder andere, sondern ein High-Tech-Produkt mit hohem Engineeringanteil. Michael Schäpers: „Der Werkstoff besteht aus mindestens zwei dünnen Deckschichten, die durch eine dreidimensional geformte Kernstruktur miteinander verbunden werden. Durch punktuelles Fräsen der Deckschichten entstehen Vertiefungen, in denen die Kernstruktur formschlüssig aufgenommen wird.“ Für die stoffschlüssige Verbindung sorgt eine hochfeste Verklebung. Lisocore ist somit form- und stoffschlüssig verbunden. Dadurch unterscheidet sich Lisocore von allen bestehenden Leichtbau-Werkstoffen. Lisocore benötigt etwa 50 bis 70 Prozent weniger Materialeinsatz und ist entsprechend leichter als herkömmliche Holzwerkstoffplatten. „Gleichzeitig eröffnen die speziellen Eigenschaften, zum Beispiel die hohe Biege- und Verbundfestigkeit oder die optimierte Tragwirkung, vielfältige Einsatzmöglichkeiten des Leichtbau-Werkstoffs im Möbel- und Innenausbau, im Messe- und Ladenbau, bei der Inneneinrichtung von Reisemobilen, Schiffen und Yachten sowie im Bühnen- und Kulissenbau, aber auch als Transportverpackung in der Logistik“, führt Schäpers aus.
Auslegungssicherheit durch Engineering-Unterstützung
Mit der Produktionslinie für etwa zwei Millionen Quadratmeter Lisocore pro Jahr hat das Tochterunternehmen lws Maschinenbau Neuland betreten.“Mit Hilfe der eigens entwickelten Auslegungssoftware Cymex hat Wittenstein die Last- und Bewegungsdaten der verschiedenen Förderelemente und Portalachsen simuliert und bei Bedarf angepasst. Bei der Konfiguration von Antriebssträngen greift die Software auf eine ständig aktualisierte Datenbank zu, in der etwa 14.000 Motorvarianten von mehr als 50 Herstellern gelistet sind – darunter auch die Motoren von Beckhoff, für die sich lws Maschinenbau entschieden hatte. Daneben umfasst Cymex 5 mehr als 8.000 verschiedene Getriebe sowie gut 200 Kombinationen von Wittenstein-Linearsystemen mit allen relevanten technischen Spezifikationen. „Mit Hilfe der Auslegungssoftware konnten wir die Getriebe so dimensionieren, dass die Motoren nur zu maximal 75 bis 80 Prozent belastet sind und entsprechend schonend und geräuschoptimiert betrieben werden können“, erklärt Michael Schäpers. „Gleichzeitig stoßen die Antriebsstränge bei höherer Belastung, etwa durch stärkere Kernmaterialien oder Deckschichten, nicht gleich an ihre Grenzen – das heißt, die Produktionslinie ist so flexibel und verfügbar, dass auch neue Lisocore-Varianten gefertigt werden können.“
Dynamisches Handling
Die Produktionslinie hat eine Grundfläche von etwa 500 Quadratmetern. Marcus Wehner, Leiter Vertrieb und FuE bei Lightweight Solutions: „Im ersten Arbeitsschritt der Anlage nimmt ein sogenannter Plattenwender von einem Stapel eine Deckplatte auf und legt sie auf einem Förderelement ab, das sie zur nächsten Station transportiert.“ Diese Handhabung erforderte einen besonderen auslegungstechnischen Feinschliff – zum einen, weil über der liegenden Platte eine entsprechend großvolumige Luftsäule steht, deren Gewicht beziehungsweise Verdrängung durch die Bewegung kinematisch berücksichtigt werden muss. Zudem überlagern sich in der Schwenkeinheit simultan ausgeführte Hub- und Drehbewegungen. „Mit Hilfe von Wittenstein haben wir verschiedene Belastungszustände und Bewegungsabläufe von Schwenkarm-Drehantrieben sowie Motor-Getriebe-Kombinationen für den Z-Hub simuliert“, ergänzt Schäpers. Mit dem Simulationstool SAM lassen sich solche komplexen Mechanismen und überlagerte Kinematiken abbilden. Anschließend genügen wenige Mausklicks, um die Berechnungsergebnisse aus der Simulation zu importieren und eine konkrete Getriebewahl zu treffen. Als optimale Getriebe für den Schwenkarm berechnete die Auslegungssoftware SPK+-Winkelgetriebe in Baugröße 240 mit integrierter Abtriebsstufe, die durch ihre Leistung und Verdrehsteifigkeit ein dynamisches und präzises Handling der Deckschichtplatten ermöglicht. Die beiden Antriebe für die Z-Achse des Plattenwenders sind mit leistungsdichten Planetengetrieben der Baureihe RP+ ausgestattet, deren hochsteifer Getriebeaufbau für Positioniergenauigkeit beim Aufnehmen und Absetzen der Platten sorgt.
Der Bereich der Deckplattenzuführung ist mit zwei Plattenwendern ausgestattet; ein dritter setzt eine beleimte Deckplatte entsprechend so um, dass der lose Gesamtverbund positionsgenau zusammengelegt und anschließend verpresst werden kann. An die doppelte Zuführstation schließen sich verschiedene Förder- und Zustellmodule an, die durchgängig mit dem wirtschaftlichen Einsteigermodell der CP-Baureihe in funktionsgerechten Baugrößen ausgestattet sind. Getriebe der kompakten, leistungsdichten Baureihen XP+ und TP+ – zum Teil als Ritzel/Zahnstange-Systeme – dominieren rund um die Heizpresse sowie in den Portalachsen im Bohrautomat, im Leimautomat und im Palettier-Portal, das die fertigen Verbundplatten automatisch stapelt, umreift und verpackt.
Daniel Meißner/bw
Halle 4, Stand 221