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Fliegender Wechsel
Hebt ein hochentwickeltes Militärflugzeug wie der Airbus A400M zum ersten Mal ab, ist das für die verantwortlichen Luft- und Raumfahrtingenieure ein emotionaler Moment: Monatelang, manchmal sogar jahrelang, haben die Experten die Teilsysteme entwickelt und ihr Zusammenspiel erprobt. Geht der Start der fertigen Maschine dann reibungslos vonstatten, ist den Fachleuten ein kleines technologisches Meisterstück gelungen. Dafür braucht es aber nicht nur das spezialisierte Fachwissen der Ingenieure. Auch das Planen und Verwalten eines derart komplexen Projektes muss reibungslos erfolgen. Zu diesem Zweck setzt Susanne Bohlin, IT Strategy Manager beim Ingenieurdienstleister Garner CAD Technic (GCT), das Projektmanagement-System Microsoft Project Server auf Basis von Sharepoint ein: „Als Zulieferer in der Luft- und Raumfahrtindustrie bieten wir unseren Kunden das gesamte Leistungsspektrum – vom einsatzfertigen Maschinenteil über das gesamte Projektmanagement bis hin zur Koordination der Subunternehmer“, beschreibt Susanne Bohlin die Anforderungen. „Deshalb arbeiten wir mit einem Projektmanagement-System, das auf der einen Seite den Profis im Projektteam alle nötigen Werkzeuge an die Hand gibt, zum anderen den Ingenieuren im Kundeneinsatz eine einfache Möglichkeit bietet, auf die für sie relevanten Projektdaten zugreifen zu können.“
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Als die Kunden von GCT wie Airbus, Boeing oder EADS nach und nach das Aufrüsten ihrer Microsoft Project Server- und Sharepoint-Systeme in Angriff nahmen, war auch für GCT selbst der Zeitpunkt für ein Upgrade gekommen: „Gerade beim Planen und Bauen von Flugzeugen, Raumfahrzeugen oder auch Satelliten ist es unglaublich wichtig, die reibungslose Kommunikation mit dem Kunden zu gewährleisten. Denn schließlich muss am Ende ein absolut sicheres und funktionierendes Transportmittel auf der Startrampe stehen. Geht bei einem derart komplexen Projekt aufgrund eines technischen Problems zum Beispiel eine Änderungsanfrage des Kunden oder gar ein Problembericht unter, dann kostet das im äußersten Fall vielleicht Leben.“
Zeit für einen Umstieg
Ein weiterer ausschlaggebender Grund für ein Upgrade des Microsoft-Systems war neben der Kompatibilität mit den Kundensystemen die übersichtlichere, projektübergreifende Dokumentenverwaltung. „Beim Test von Microsoft Project Server 2007 haben wir festgestellt, dass diese neue Version komplett anders war, viel ausgereifter als die Version 2003“, berichtet Bohlin. In der Version 2003 war Sharepoint als Content Management System lediglich über eine Schnittstelle an den Microsoft Project Server angebunden. In der Version 2007 ist Sharepoint sozusagen das Betriebssystem für den Microsoft Project Server. Das heißt, die gesamte Funktionalität des Microsoft Project Server ist nun in die Webseitenstruktur von Sharepoint eingebettet. Dadurch können die Projektleiter die zu Verfügung stehenden Funktionen einfacher nutzen. „Auch die verbesserten Kollaborations-Möglichkeiten haben uns überzeugt“, zählt Bohlin einen weiteren Punkt für das Upgrade auf. „Alle Office-Produkte wie Excel oder Outlook lassen sich mühelos in die Arbeit mit Sharepoint integrieren. Das vereinfacht die tägliche Arbeit schon enorm.“
Hohe Anforderungen
Das gesamte Projekt sei sehr vielschichtig gewesen, beschreibt die IT-Managerin die Migration. Denn neben dem reinen Upgrade gab es zusätzlich viele unternehmensspezifische Erweiterungen umzusetzen. Es sollte zum Beispiel die Anlage der Projekte für die Projektmanager erleichtert werden, die Projektleiter sollten Projektstammdaten nicht mehr manuell mit dem ERP-System Microsoft Dynamics NAV abgleichen müssen. Außerdem wünschte sich GCT eine Erweiterung ihrer so genannten Skill-Management-Datenbank. In dieser Datenbank pflegt der Ingenieurdienstleister alle wichtigen Informationen zu seinen freiberuflichen Ingenieuren, wie besondere Qualifikationen oder bereits erfolgte Kundeneinsätze. Braucht nun ein GCT-Kunde wie Boeing auf einen Schlag 200 Ingenieure für einen ganz bestimmten Job, kommt diese Skill-Management-Datenbank zum Einsatz.
Um diese komplexe Aufgabe zu stemmen, hat das Team um die IT-Managerin zusammen mit den Fachleuten von TPG zunächst einmal den groben Rahmen des Projekts abgesteckt. Mit Hilfe der von TPG entwickelten Migrations-Methode konnten beide Teams in sieben Schritten – angefangen bei der Planung über eine Test-Migration bis hin zur Produktivsetzung – die Anforderungen von GCT auf Machbarkeit prüfen und schließlich umsetzen. „Wir hatten zu Beginn einen Riesenhaufen an Ideen, die neu entwickelt werden sollten. Dank sorgfältiger Analyse haben wir allerdings schnell gemerkt, was bei diesem geplanten Upgrade machbar war und was nicht“, kommentiert Bohlin die Planungsphase.
Schrittweise Umsetzung
In einem ersten Schritt begannen die beiden Teams damit die Funktionalität der Skill-Management-Datenbank zu erweitern. Dazu integrierten sie TPG ResourceLink in die Datenbank. Dieses Produkt sorgt dafür, dass sämtliche Ressourcendaten aus unterschiedlichen Quellen automatisch in den Microsoft Enterprise Resource Pool importiert werden und so im Hintergrund ständig aktualisiert werden. Für den schnellen Zugriff auf die benötigten Daten wurde die Datenbank schließlich noch als Web-Frontend in Sharepoint eingebettet. Im zweiten Schritt folgte die Entwicklung des Project-Self-Creator, einer Webseite, die die Neuanlage eines Projekts erheblich vereinfacht: Der Projektleiter gibt jetzt nur noch die Stammdaten seines Projekts ein. Der Project-Self-Creator speichert diese Daten dann automatisch im Microsoft Project Server und Sharepoint. Aus dem ERP-System Microsoft Dynamics NAV generiert der Project-Self-Creator eine neue Projektnummer und legt das Projekt mit einer eigenen Nomenklatur mit einem neuen Namen ab.
Und schließlich entwickelten GCT und TPG mit Hilfe des Microsoft-Partners Kumavision die Schnittstelle zwischen dem Microsoft Project Server und Microsoft Dynamics NAV völlig neu.
Der nächste Schritt war der Aufbau eines Testsystems sowie das Überspielen der Projektdaten und das Anpassen an das neue System. In diesem Schritt wurden nicht nur die Microsoft Project Server Daten aus der alten in die neue Version überspielt. Es wurde auch jeder einzelne Workspace aus Sharepoint 2.0 migriert. Das heißt, sämtliche Dokumente, die zum Projekt gehören, wie Aufgabendefinition und Zeichnungen, mussten von GCT und TPG sorgfältig in Sharepoint 2007 gehoben werden. Nachdem die Einzelanpassung mehrerer Projektsites gut verlaufen war, wagten die Fachleute den nächsten Schritt und übertrugen gleich mehrere hundert Projektsites in einem Durchgang.
Um hierbei wirklich alle Übertragungsfehler zu eliminieren, die von den Pilotanwendern gemeldet wurden, wiederholte das Team dieses Procedere ganze drei Mal – nach wie vor auf dem Testsystem. „Sobald dieser Schritt abgeschlossen war, implementierten wir in Zusammenarbeit mit dem TPG Team neue Funktionen in das Testsystem, wie zum Beispiel die neue Version der Skill-Management-Datenbank und den Project-Self-Creator“, beschreibt Bohlin das Vorgehen.
Vom Testsystem zum Produktivsystem
Das Testsystem hatte schließlich einen gewissen Reifegrad erreicht und die Teams begannen, das neue Produktivsystem vorzubereiten, also neue, sehr leistungsfähige Server aufzusetzen und Features und Schnittstellen darauf einzurichten. Zudem mussten die Benutzer über die Umstellung informiert und geschult werden. „Ende November haben wir das 2003er-System gesperrt und angefangen, die rund 1.000 Projekte aus dem Testsystem in das Produktivsystem zu übertragen. Und auch wenn es viel Arbeit war, so viele Projekte in das neue System zu übertragen, gab es kaum Fehler“, erinnert sich die IT-Managerin. Nachdem die Produktivmigration abgeschlossen war, wurde auf die Arbeitsplatzrechner der Mitarbeiter noch die Client-Version des aktualisierten Microsoft-Systems installiert und anschließend das Produktivsystem live geschaltet.
Die gesamte Migration lief für ein derartig großes Projekt überraschend schnell ab. Das erste Treffen zwischen GCT und TPG fand im Mai 2010 statt, das Projekt selbst wurde zwischen Mai und September abgewickelt, gefolgt von intensiven Tests im Oktober. Und schon im November ging das neue Produktivsystem an den Start.
Seit das aktualisierte System auf den GCT-Rechnern läuft, hat Susanne Bohlin die Rückmeldungen der Anwender gesammelt und ausgewertet. „Bis jetzt gab es viel positives Feedback“, meint die IT-Managerin. „Die Anwender sind recht begeistert von der neuen Lösung, weil sie über die Projektportale in Sharepoint projektbezogene Dokumente viel schneller finden.“ Derzeit arbeiten 15 Projektmanager und rund 350 Projektmitarbeiter regelmäßig mit der neuen Version von Microsoft Project Server und Sharepoint 2007. Am häufigsten nutzen sie das System, um projektbezogene Informationen sowie Ist-Arbeitsstunden zurück zu melden. Weitere 500 Mitarbeiter, die vor allem bei Kunden und Partnern im Einsatz sind, greifen außerdem auf Sharepoint zu, um ihre Arbeit zu dokumentieren und Projektdaten abzurufen. Und die Nutzerzahl wird voraussichtlich steigen, je mehr Projekte in das neue System eingespeist werden. -sg-
Garner CAD Technic GmbH, Wessling Tel. 08153/9313-0, http://www.garner.de
TPG The Project Group GmbH, München Tel. 089/615593-30, http://www.theprojectgroup.com
Microsoft GmbH, Unterschleißheim Tel. 089/3176-0, http://www.microsoft.com/germany