Smart Building
Digital denken
„Brandschutz 4.0 oder ‚Das sichere Gebäude der Zukunft‘“ – mit diesem Impulsvortrag forderte Hekatron-Geschäftsführer Peter Ohmberger als Keynote-Speaker auf dem Feuertrutz-Brandschutzkongress die Sicherheitsbranche zum Umdenken auf. Er zeigte, welche Chancen und welche Herausforderungen die voranschreitende Digitalisierung für die Branche mit sich bringt.
„Wenn wir heute über die Digitalisierung und darüber sprechen, wie die Arbeits- und Lebenswelten in zehn Jahren aussehen werden, muss uns klar sein, dass wir uns schon mitten drin im digitalen Transformationsprozess befinden und dass dieser mit jedem Tag immer schneller voranschreitet“, betonte Peter Ohmberger einleitend auf dem Brandschutzkongress in Nürnberg. Als Beispiel nannte er Smartphones, die zunehmend zu intelligenten Assistenten werden, und Systeme, die dem menschlichen Verkäufer überlegen sind. Die Gebäudetechnik scheint dagegen etwas träge voranzukommen. So werde in weiten Bereichen des anlagentechnischen Brandschutzes noch gearbeitet wie schon vor 25 Jahren.
„Denken Sie nur an die jährliche Melderprüfung vor Ort – oder auch die Tatsache, dass direkt nebeneinander innerhalb eines Gebäudes oft technisch verwandte Brandschutzgewerke wie Rauch-Wärme-Abzugsanlagen, Feststellanlagen und Brandmeldeanlagen existieren, als ob sie nichts miteinander zu tun hätten“, führte Ohmberger aus. „Ich glaube definitiv nicht, dass solche ineffizienten Prozesse in einer technologischen und vernetzten Welt der Zukunft akzeptiert werden.“
Das unterstreicht auch die Trendstudie „Das sichere Gebäude der Zukunft“, die Hekatron in Kooperation mit dem Zukunftsforschungsinstitut 2b AHead ThinkTank und dem Berliner Sicherheitsfacherrichter Schlentzek & Kühn erarbeitet hat. Laut Studie wird das Gebäude der Zukunft durch den Einsatz von Technologie und Vernetzung nicht nur sicherer, sondern auch zunehmend smart. Allerdings – so ein Hinweis aus der Studie – steigt durch den Einsatz smarter Technologien die Komplexität der sogenannten Smart Buildings. Für die Baubranche bedeute dies ein Umdenken. Es geht nicht mehr nur um das Errichten physischer Mauern, das Verlegen von Rohrleitungen und das Ziehen von Stromkabeln. Es geht um die Vernetzung der Gewerke und Systeme und das Abbilden dieser in der Planung. Das Building Information Modeling (BIM) ermöglicht eben dieses Gesamtgebäudeverständnis. Es bildet den gesamten Lebenszyklus eines Smart Buildings ab – vom Entwerfen und Planen über den Bau bis hin zum Betrieb. Es ermöglicht ein virtuelles Bild des Gebäudes – den „digitalen Zwilling“ – und schafft einen Überblick über die Tätigkeiten und Verknüpfung der einzelnen Gewerke. Das BIM zeigt den Planungsfortschritt und führt eine Plausibilitätsprüfung der einzelnen Arbeitsschritte durch.
Daten-Produzent für BIM
Wie konkret die Digitalisierung Einzug in die Baubranche halten kann, zeigt die Siemens-Division Building Technologies mit der Entwicklung und Veröffentlichung von Datenmaterial, passend für die Planung mit der BIM-Methode. Die BIM-Daten von Building Technologies gibt es derzeit für über 1.200 Produkte aus den Bereichen Feldgeräte, Automation, KNX und Brandschutz. Das Datenmaterial wird künftig sukzessive erweitert, so dass der Daten-Pool Mitte des Jahres bereits über 2.000 Produkte umfassen soll.
Die BIM-Daten werden im REVIT-Format von Autodesk zur Verfügung gestellt und können auch ins offene IFC-Format (Industry Foundation Classes), VDI oder in das in Großbritannien gebräuchliche CIBSE-Format (Chartered Institution of Building Services Engineers) konvertiert werden. Die Datensätze entsprechen den Kriterien von ISO16757 (ehemals VDI3805).
Um die Vorteile des BIM hervorzuheben, hat Siemens vier Grundprinzipien des BIM-Prozesses definiert. Demnach sei es effizienter, zweimal zu bauen: Zunächst entsteht das digitale Modell und anschließend der eigentliche Bau. Dies führt zu einer besseren Zusammenarbeit, früheren Erkennung von Fehlern und Konflikten und einem schnelleren Bauprozess mit weniger Mängeln. Als zweites hebt das Unternehmen den Nutzen des gemeinsamen Planens und Bauens hervor: Alle Stakeholder sind am Planungsprozess beteiligt, sodass Änderungen im Modell vorgenommen werden können und kosten- und zeitintensive Modifizierungen auf der Baustelle vermieden werden. Darüber hinaus soll Mehrwert dadurch generiert werden, dass Daten nur einmal erstellt werden müssen. So ist es effizienter, Zeit in einen präzisen Plan zu investieren, statt einen Mitarbeiter mit Metermaß auf die Baustelle zu schicken, um Neuvermessungen durchzuführen, heißt es seitens Siemens. Das vierte Grundprinzip betrachtet den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden: Das Datenmodell erleichtert Service, Wartung und Entsorgung.
Politik spielt mit
Welche Bedeutung BIM hat, zeigt der Aktionsplan Großprojekte, den das Bundeskabinett vor rund 1,5 Jahren beschlossen hat. Ziel des Aktionsplans ist es, für mehr Kostensicherheit und Termintreue bei der Umsetzung großer Bauvorhaben zu sorgen. BIM ist ein Teil des Planes und soll laut Stufenplan in drei Schritten eingeführt werden: Nach einer Vorbereitungsphase bis 2017 und einer Pilotphase bis 2020 soll das digitale Planen und Bauen mit BIM ab 2020 bei allen neuen Verkehrsinfrastrukturprojekten des Bundes verbindlich zum Einsatz kommen.
„Wir wollen das Digitale Planen und Bauen bundesweit zum Standard machen“, bekräftigte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Ziel sei, den Grundsatz „Erst virtuell, dann real bauen“ zur Regel werden zu lassen.
Für den Hekatron-Geschäftsführer ist klar, dass der ganze Digitalisierungsprozess massive Auswirkungen auf die Sicherheitsbranche haben wird, und appelliert an die Betroffenen: „Denken Sie Brandschutz und Sicherheit neu! Wir dürfen nicht bei der Funktion der Gefahrenabwehr stehenbleiben – wir müssen unseren Kunden ‚security as a service’ bieten und Schnittstellen zu anderen Lebensbereichen wie Finanzen, Energieeffizienz, Entertainment und Gesundheit schaffen.“ Denn für Ohmberger ist klar, dass nur derjenige in der Sicherheitsbranche im Spiel bleiben kann, der sich zum Anbieter von Komplettlösungen, Dienstleistungen und Wissensverkauf entwickelt. Caterina Schröder