Pneumatische Meißelhämmer und Nadelentroster
Bleidichtungen staubarm sanieren
Nach gut 100 Jahren Betrieb traten Ermüdungserscheinungen an dem Elbtunnel auf, der die St.-Pauli-Landungsbrücken mit Hamburg-Steinwerder verbindet. Jetzt wird das touristische Wahrzeichen der Hansestadt fürs nächste Jahrhundert fitgemacht - mit Druckluftwerkzeugen von Atlas Copco Tools.
"Der St.-Pauli-Elbtunnel ist ein Denkmal und Wahrzeichen der Stadt Hamburg", sagt Victor Gozens von der HC Hagemann Construction Group, "und für uns zugleich eine bautechnische Herausforderung." Denn die Bauschäden an den Tunneln sind enorm. Die Planungen für eine Sanierung begannen 2008. "Insbesondere die Abdichtung gegen eindringendes Elbewasser entwickelte sich zu einer immer komplexeren Aufgabe, was die vorangegangenen Stichproben nicht erwarten ließen", so der Tunnelbauexperte. Er und sein Kollege Nils Bornemann von der Ed. Züblin AG sind die beiden Bauleiter der Arbeitsgemeinschaft (Arge), die derzeit die Oströhre des über 100 Jahre alten Doppeltunnels komplett entkernt.
Versteckter Verschleiß
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Erst nach vollständigem Entfernen der Tunnelverkleidung wurde sichtbar, dass auf 426,5 Metern Tunnellänge an zahlreichen Stellen Feuchtigkeit eindrang - und Korrosionsschäden in der Konstruktion hervorrief. Seinen Weg bahnt sich das brackige Flusswasser durch Stoßstellen an den sogenannten Tübbings. Das sind im Tiefbau-Jargon die zu einem kreisförmigen Gewölbe zusammengenieteten Stahlguss-Ringe, die den künstlichen Hohlraum unter der Elbe abstützen. Die seinerzeit beim Bau von Hand in die Spaltflächen zwischen den 1700 Tübbings eingetriebenen Bleidichtungen sind nach vielen Jahrzehnten schlicht ermüdet. Der aus dem ständigen Wechsel der Gezeiten herrührende unterschiedliche Wasserdruck und die Flussströmung seien eine permanente dynamische Belastung des Bauwerks, so dass man regelrecht von Verschleiß sprechen könne, beschreiben Bornemann und Gozens ein Problem, das sie mit Werkzeugen von Atlas Copco lösten.
Erhöhter Instandsetzungsbedarf
Nachdem die Mitarbeiter der Arge Wandfliesen, Fahrbahndecke und Betonverkleidungen aus der Tunnelröhre entfernt hatten, lagen 37.000 Meter alter Bleidichtungen frei. 15.000 Meter davon stellten sich als erneuerungsbedürftig heraus. Hätte man die alten Dichtungen ausgefräst und beschliffen, wären größere Mengen Staub aufgewirbelt worden. Um die Staubbelastung weitgehend zu vermeiden, suchten die Hamburger ein geeigneteres Reparaturverfahren. Dabei sollten auch die reduzierten Staubmengen zuverlässig abgesaugt werden. "Nachdem wir 70 unterschiedliche Werkzeuge von verschiedenen Anbietern auf ihre Praxistauglichkeit getestet hatten, entschieden wir uns für zwei Gerätetypen von Atlas Copco Tools", sagt Gozens. Die pneumatischen Meißelhämmer des Typs PRO-P2550 und die Nadelentroster PRO-P2540 verfügten im Vergleich zu den anderen getesteten Druckluft- und Elektrowerkzeugen über eine wirkungsvolle Staubabsaugung und zudem über die bessere Standzeit, so die beiden Bauleiter.
Hart aufs Material - sanft für die Bediener
Mehr als zwei Dutzend dieser Geräte sind mittlerweile in 24 Metern Tiefe im Dauereinsatz. Auf zwei Arbeitsschichten schälen die Werker das oxidierte und schadhafte Blei mit den handlichen Meißelhämmern aus den Spalten und Ritzen zwischen den Tübbings heraus. Bis zu 30 Millimeter des korrodierten Materials tragen sie dabei ab und füllen den entstandenen Hohlraum in mehreren Lagen mit Bleiwolle auf. Hiernach verstemmen sie den weichen metallischen Dichtstoff oberflächenbündig mit den P2550-Hämmern. Deren Frequenz von 40 Schlägen pro Sekunde sei für diese Arbeiten optimal, beurteilen die Sanierungsspezialisten die kraftvollen Hämmer. "Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die integrierte Vibrationsdämpfung, welche die Werker spürbar entlastet", versichert Nils Bornemann. Die Schläge wirken zwar mit voller Kraft aufs Material, aber dank der wirksamen Vibrationsdämpfung der Atlas-Copco-Werkzeuge werden die Rückschläge dermaßen stark abgefedert, dass sie die Werker kaum noch stören.
Längere Korrosionsbeständigkeit durch kontrollierte Schläge
Im letzten Arbeitsgang wird die neue Fugenfüllung zwischen den harten Tübbingsegmenten aus Bessemerstahl mit den P2550-Nadelentrostern regelrecht poliert. "Dieser Prozess verdichtet die Oberfläche des Bleis noch einmal zusätzlich und verbessert zugleich die Korrosionsbeständigkeit", unterstreicht Victor Gozens die Bedeutung der scheinbar rein kosmetischen Arbeit. Auch hier, wie überhaupt bei allen Arbeiten, die Bleistaub provozieren könnten, sitzt nach wenigen Handgriffen die Absaughaube in Sekundenschnelle auf dem Schlagwerkzeug und führt etwaigen Staub unschädlich fort.
"Dass die Absaugungen eingesetzt werden, kontrollieren nicht nur wir selbst. Auch externe Arbeitsmediziner haben ein wachsames Auge auf uns", stellt Victor Gozens klar. "Alle 56 Arbeiter im Tunnel unterliegen einem strengen Bio-Monitoring." Gerade weil man die Gesundheitsrisiken erkannt habe, könne man ihnen durch die geeigneten Werkzeuge mit ihrer effektiven Absaugung begegnen.
Verläuft alles weiter nach Plan, wird die Ertüchtigung der östlichen Elbtunnelröhre 2016 abgeschlossen. Danach will die Arge die Instandsetzung des westlichen Tunnels mit derselben Ausrüstung in Angriff nehmen. (Autor: Heiko Wenke)
Altes Verfahren mit modernen Werkzeugen neu definiert
Die vor über 100 Jahren in die Tunnelröhre des Hamburger Elbtunnels in mühevoller Handarbeit eingebrachten Bleidichtungen zwischen den Tübbings sind über die letzten Jahrzehnte oxidiert und schadhaft geworden. Reparatur oder Austausch standen zur Debatte.
Bei der Errichtung des ersten Elbtunnels gab es noch keine Kunststoffe. Diese wurden erst ab den 1930er Jahren eingesetzt. Weil aber der Versuch, die alte Bausubstanz mit heutigem Kunststoff auf chemischem Weg zu versiegeln, nicht den gewünschten Erfolg brachte, ging man "back to the Roots".
Die Tunnelbauexperten besannen sich auf eine Abdichtungstechnik aus der Bauzeit des Tunnels. Diese althergebrachte Arbeitsweise hatte sich bewährt und versprach die längste Haltbarkeit.
Obgleich das Verfahren in Deutschland seit rund 60 Jahren praktisch als ausgestorben galt, wird die fast vergessene Technik heute wieder mit überzeugendem Erfolg angewendet. Die Arbeitsgemeinschaft aus der HC Hagemann Construction Group und der Ed. Züblin AG rekrutierte für das Sanierungsprojekt einen eigenen Stab aus erfahrenen Metallbauern und Handwerkern. Die speziell ausgebildeten Männer erstellen die Bleidichtungen zwar nach der traditionellen Methode, jedoch mit modernen Werkzeugen. Die ergonomischen Geräte halten Erschütterungen aus dem Hand-Arm-System der Werker weitestmöglich fern. Im Gegensatz zu früher verhindern zudem bei allen Arbeitsschritten - Abtragen, Verstemmen der Bleiwolle und Vergüten der Oberfläche ¿ die Absaugung am Werkzeug sowie der Atemschutz der Bediener das ungewollte Einatmen gesundheitsgefährdenden Staubs.