Handhabungstechnik
Faszination der bewegten Scheibe
,,Das Weltall ist ein Kreis, dessen Mittelpunkt Ãberall, dessen Umfang nirgends ist." So sah es jedenfalls der Physiker, Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal vor 350 Jahren, was auch aus heutiger Sicht gar nicht so verkehrt ist. Kreise haben aber nicht nur Symbolgehalt. In seiner technischen VerkÃrperung sind Kreise als Kugel, Rolle, Rad und Scheibe eine archaische und unverzichtbare Grundform. Eigentlich gehÃren sie auch zum Fundament unserer gesamten Technik. Es verwundert deshalb nicht, dass man fÃr Einrichtungen zum ZufÃhren und Ordnen von Kleinteilen seit Beginn der Industrieautomatisierung ebenfalls die Scheibe als brauchbares aktives Element herausgefunden hat.
Scheibenvielfalt
Man kÃnnte die rundlaufenden ZufÃhrgerÃte nach ihrer Scheibenform einteilen. Zuerst waren die Zellenradbunker im Einsatz, die oft auch als ScheibensortiergerÃte bezeichnet werden. Eine weitere Spezies sind ZufÃhrgerÃte mit kegeligen Scheiben in verschiedenen Versionen, sowohl konkav als auch konvex ausgebildet. Sie werden vor allem fÃr kleine lÃngliche Teile verwendet. Und dann natÃrlich die SchrÃgscheibenbunker, die wohl besser als ZentrifugalfÃrderer bekannt sind und FliehkrÃfte ausnutzen. Auch mit Dauermagneten besetzte Senkrechtscheiben wurden schon als ZufÃhrgerÃt fÃr ferromagnetische Rohteile ausgefÃhrt. Wie einfach ein ScheibenrotorgerÃt sein kann, zeigt das Bild 1. Damit kann man z.B. Teile in MÃnzengrÃÃe zufÃhren. Vom Querbalken erfasste Teile liegen flach auf der Scheibe und rollen bei entsprechender SchrÃglage in den seitlichen AbfÃhrkanal. Damit sind sie dann auch schon orientiert, sofern sich nicht Vorder- und RÃckseite unterscheiden.
Zellenradbunker
Diese ZufÃhrgerÃte wurden zuerst fÃr die Bereitstellung von Massenteilen wie z.B. HÃlsen in der Produktion von kleinkalibriger Munition, von KnÃpfen und GlÃhlampensockeln eingesetzt. Das Prinzip ist also alt, aber keineswegs altbacken. In Bild 2 wird ein solches BunkerzufÃhrgerÃt in seinen Hauptteilen gezeigt. Die im Bunker befindlichen WerkstÃcke, vorzugsweise Schraubkappen, SteckverschlÃsse, Scheiben, HÃlsen u.Ã. fallen in die Formnester, werden dabei orientiert und an einer Ausgabestelle geordnet ausgeschleust. Ist der Magazinschacht gefÃllt, kann eine selbsttÃtige Sperre den Nachlauf verhindern. Die Teile wandern dann im Zellenrad weiter. Man kann auch die ZufÃhrvorrichtung zeitweilig abschalten. Der Bunkeraufsatz lÃsst sich Ãberdies mit einem NachladebehÃlter oder Bunker-FÃrderband komplettieren. Das erleichtert oder erspart die Hebearbeit beim AuffÃllen des GerÃtes. Moderne Zellenradbunker haben darÃber hinaus z.B. ein FÃrderband, mit dem die geordneten Teile zur Be- oder Verarbeitungsmaschine mit stufenlos stellbarer Geschwindigkeit gebracht werden.
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Anstelle der Formnester gibt es auch die MÃglichkeit, Bolzen auf der Scheibe anzubringen, auf denen sich dann Hohlteile aufspieÃen. Schraubkappen, die sich auf den Bolzen setzen, werden bis zu einer Rampe transportiert, Ãbernommen und angehoben. Sie gleiten dann in eine Rinne, wÃhrend der Bolzen unter der Rampe durchlÃuft. Weitere Varianten zum Ausschleusen sieht man in Bild 3. Je nach WerkstÃckform, -grÃÃe, Symmetrieeigenschaften, Schwerpunktlage und Ausschleusprinzip kann man mit Minutenleistungen zwischen 50 bis 250 Teilen rechnen. Damit ist diese Art von ZufÃhreinrichtungen besonders fÃr Automaten im unteren und mittleren Leistungsspektrum geeignet, z.B. an FÃll- und Verpackungsmaschinen, wo kleine Kunststoffflaschen oder Schraubkappen bereitzustellen sind. Die GerÃte laufen Ãbrigens sehr gerÃuscharm und schonen das Arbeitsgut. Ja man kann sogar das Zellenrad auswechselbar machen, wenn andere Ãhnliche Teile zuzufÃhren sind. Die Scheibe (Zellenrad) ist dann zweigeteilt, damit das Umbauen schnell geht. Es ist also eine gewisse FlexibilitÃt durchaus gewÃhrleistet.
Ordnungshilfen
Bereits bei 70 Jahre alten Zellenradbunkern hatte man AbstreifbÃrsten eingebaut, damit die ZufÃhrteile besser den Weg in die Zellen (Formnester) finden, wie z.B. bei der ZufÃhrung von Einzelteilen fÃr DruckknÃpfe. Ebenso interessant wie einfach sind immer auch BlasdÃsen. Dazu zeigt das Bild 4a ein Beispiel. ZunÃchst haben alle Teile die Chance einen Platz im Formnest zu finden. Im Bereich der LuftdÃsen werden dann Teile in Falschlage ausgesondert. Der bodenseitige Luftstrahl wird in diesem Fall vom WerkstÃck aufgenommen. Das Teil hebt sich dadurch etwas an und wird schlieÃlich vom horizontalen Luftstrahl der SeitendÃse erfasst und in den Bunker zurÃckgeblasen. Das Prinzip ist sehr wirkungsvoll.
NatÃrlich lassen sich die Teile auch auÃerhalb der ZufÃhreinrichtung noch effektiv ordnen. Ein Beispiel wird in Bild 4b gezeigt. Es werden Verschlussdeckel geordnet. Die gefÃrderten Deckel werden per Luftstrahl in entsprechende SortierkanÃle gelenkt, je nach Seitenlage. Weil es dem Ordnen durch Gleichrichten entspricht und keine Teile zurÃck zum Bunker gewiesen werden, ist in diesem Fall auch die Minutenleistung grÃÃer als beim Ordnen durch Auslesen. Druckluft macht es berÃhrungslos mÃglich.
Dass man auch die Schwerpunktlage fÃr das selbsttÃtige mechanische Orientieren ausnutzen kann, ist altbekannt. Trotzdem soll in Bild 5 noch einmal gezeigt werden, wie's geht. Man kann den Masseschwerpunkt ausnutzen und auch die ÃuÃere Form des WerkstÃcks. Liegt der Schwerpunkt auÃerhalb der geometrischen Symmetrie, braucht man immer eine Kippkante (Bild 5a), damit die Schwerkraft angreifen kann.
Bei der LÃsung nach Bild 5b wird die Teileform ausgenutzt. Falschlagenteile werden an einer Rampe aus dem Formnest ausgehoben und in die Richtiglage gedreht. Man kann auch einen Abweiser gestalten, der die Falschlagenteile in den Bunker zurÃckgelenkt.
Zum Schluss: Wenn auch neuere Entwicklungen mit Zentrifugalscheibentechnik, Bildverarbeitung oder Vibration gegenwÃrtig mehr Ãffentliches Interesse erfahren, sollten wir doch die altbewÃhrten ZufÃhrtechniken nicht vergessen. Immerhin gibt es sie noch, die Hersteller, die Ãber das Know how verfÃgen, um funktionssichere ZufÃhrtechnik dieser Art mit einer gewissen UmrÃstbarkeit herzustellen. Seien wir ehrlich: In vielen FÃllen werden doch hÃchste Minutenleistungen gar nicht benÃtigt.
,,Man stÃre mir meine Kreise nicht!" soll einst Archimedes von Syrakus beschwÃrend ausgerufen haben.Hesse Stefan