Handhabungstechnik
Peripherie – zweite Automationsebene
Industrieroboter können heute Werkzeuge zur Bearbeitung von Teilen programmgemäß führen oder montieren, was man dann als Wertschöpfung verbucht. Häufig sind es aber flexible Handhabungsautomaten, die die Maschinen beschicken sowie entladen und somit Hilfsarbeiten ausführen. Das zählt nicht als Werterhöhung der Objekte, ist aber nicht vermeidbar. Damit das möglichst effektiv erfolgen kann, muss man einiges tun. Das Roboterumfeld, seine Peripherie, sollte mit viel Überlegung geplant werden: Kurze Wege, wenig Leerfahrten, Mehrmaschinenbedienung, eventuell automatischer Greiferwechsel und zeitlich parallel ablaufende Aktionen sind gefragt.
Doppelgreifer sparen Zeit
Für Bearbeitungsmaschinen gilt nach einem Werkstückwechsel möglichst schnell wieder mit der Bearbeitung beginnen zu können. Die sogenannte Span-zu-Span-Zeit soll zu einem Minimum werden. Nebenzeiten sind zu senken. Eine bewährte Lösung ist die Verwendung von Doppelgreifern (Bild 1). Beim Abholen eines fertigen Werkstücks wird mit der zweiten Hand bereits das nächste Rohteil mitgebracht. Danach hat der Roboter Zeit, sich mit den Handhabungen an den Werkstück-Trägermagazinen zu befassen. Günstig ist im ersten Beispiel auch die Aufteilung der fürs Handhaben notwendigen Bewegungsachsen in den Maschinenbeschicker am Portal und das Palettenhandlinggerät.
Firmen zum Artikel
Zeit wird auch gespart, wenn der Roboter mehrere gleiche Teile als Sammelobjekt anfassen kann, statt jedes Teil einzeln manipulieren zu müssen. Das Zusammenstellen der Teile hat in der Peripherie zu erfolgen. Wie so etwas aussehen kann, wird in Bild 2 an einem Beispiel vermittelt. In einer Transferpresse (Stufenumformautomat) werden in sehr kurzen Taktzeiten tiefgezogene Formteile aus Eisenblech gefertigt und dann ausgegeben. Die Teile werden gehoben und einzeln an ein magnetisches Förderband „geklebt“. Das Magnetfeld wird von Permanent- und einem Elektromagneten aufgebracht. Das Magnetförderband bewegt sich quer zum Sammelförderer. Gezieltes Abschalten des Elektromagneten am Ende des Querförderers führt zum gleichzeitigen Lösen mehrerer Teile, was eine Reihenbildung von Objekten bewirkt. Diese Gruppe von Teilen nimmt dann ein Roboter in einer Aktion mit einem Mehrfachgreifer auf und stellt sie in Beizpaletten für den nachfolgenden Arbeitsgang. Die Teile haben im Beispiel einen Durchmesser von 100 bis 200 Millimeter und eine Masse bis ein Kilogramm.
Hilfestellung bei Langgut
Rohre und Stangen werden meist als Langgut gebündelt geliefert und müssen vereinzelt werden, wenn der Roboter mit geeigneter Greiftechnik zupacken soll. Die Objekte müssen greifgerecht bereitgestellt werden, was bei langen Teilen wegen der Durchbiegung technischer Hilfen bedarf. Für diesen Fall zeigt das Bild 3 ein Peripheriegerät. Die Rohrabschnitte befinden sich in der dargestellten, in Längsrichtung verstellbaren Mulde. Diese ist sowohl Speicher (für etwa 30 Rohre bei 34 Millimeter Durchmesser) als auch Vereinzler. Über die Länge sind mehrere Prismen verteilt. Sie fahren von unten in das gestapelte Gut. Bei jedem Hub wird jeweils ein Objekt vom Prisma sicher erfasst und aus der Menge der Teile emporgehoben. In oberster Stellung kann dann das Rohr von einem Roboter oder einer speziellen Handhabungseinrichtung in Portalbauart übernommen werden.
Roboter als Alleskönner?
Im Beispiel nach Bild 4 wäre das mit einem deutlichen „Ja“ zu beantworten. Zwei im Außendurchmesser unterschiedliche Scheiben sind durch Schweißen einer kreisförmigen Kehlnaht miteinander zu verbinden. Der Schweißbrenner ist fest aufgebaut, und alle erforderlichen Aktionen erledigt der Roboter mit einem speziellen Dorngreifer. Erst holt er sich die große Scheibe aus einem Magazin und betätigt sich als Zuteiler. Dann spießt er die zweite Scheibe auf. Beide Teile werden von einer Druckfeder aneinander gepresst. Mit der Achse 6 bewegt er nun die eingespannte Baugruppe rundum am fest aufgebauten Schweißbrenner vorbei. Die Naht wird gelegt. Zum Schluss streift der Roboter die fertige Baugruppe vom Dorn ab, und sie fällt in eine Boxpalette.
Hat man sehr spezielles Arbeitsgut, beispielsweise Möbelspanplatten, und einen Prozess ohne ständige Veränderungen, dann kann eine einfache Handlingeinrichtung kostengünstiger als ein Roboterarbeitsplatz sein. Das Bild 5 demonstriert das an einem Beispiel. Es wird ein Plattenstapel in eine Werkstückreihe aufgelöst. Im Beispiel ist die Stapelhöhe eine Variable. Das Abstapelgerät mit seinen Vakuumsaugern fährt immer nur Fixpunkte an. Deshalb muss der Stapel laufend nachgeführt werden (Hubtisch). Die Tragfähigkeit für die 800 mal 2.500 Millimeter großen Platten liegt bei etwa 35 Kilogramm. Die Saugertraverse ist mit zehn Saugern bestückt (mehrere Pendeltraversen hintereinander längs der Plattenlänge). Die Platten werden auf einem Bandförderer abgelegt. Das Gerät wäre auch im umgedrehten Ablauf einsetzbar: Abnehmen vom Band und Aufreihung zu einem Stapel. Stefan Hesse