Wege zur Pressenautomatisierung
Handhabung von Blechzuschnitten
Die Handhabungstechnik ist eine Querschnittsdisziplin, die Anleihen aus verschiedenen Fachgebieten aufnimmt. Das automatische Zubringen von Teilen gehört dazu und soll heute nicht nur schnell und sicher, sondern auch beschädigungsfrei erfolgen. Bewährte Endeffektoren für den sanften Griff sind die Vakuumsauger in verschiedenen Materialien, Härtegraden und Ausführungen, die ganz besonders bei der Zuführung von Ronden und Blechzuschnitten gern eingesetzt werden. Schließlich muss die Handhabungstechnik auch mit den steigenden Hubzahlen der Pressen Schritt halten, was eine zeitliche Optimierung außerdem notwendig macht. Wie sich Handhabungseinrichtungen gestalten lassen, soll an einigen praxisbewährten Beispielen erläutert werden.
Abnehmen vom Blechstapel
Das Auflösen eines Dünnblechpakets ist fürs Erste ein einfacher ein- oder zweiachsiger Abhebevorgang. Das Blech wird mittig mit einem oder mehreren Vakuumsaugern erfasst. Probleme entstehen dann, wenn es um vorgeölte oder gefettete Bleche geht, die aneinander haften können. Die Zuführung von Doppelblechen wäre aber eine gefährliche Sache und muss unbedingt verhindert werden. Bewährt hat sich das Durchwölben des Bleches beim Abheben. Das wird rein mechanisch erzwungen, wie man es in Bild 1 sehen kann. Zufällig anhaftende Bleche springen infolge der Biegespannung dabei ab und bleiben zurück. Das angehobene Blech federt im Beispiel in die Abzugswalzen und wird reibschlüssig vom Stapel abgezogen. Je nach Höhe des Blechpaketes kann noch ein Hubtisch notwendig werden.
Vakuumsauger werden auch bei der in Bild 2 gezeigten Zuführeinrichtung verwendet. Die Blechzuschnitte, beispielsweise Ronden, werden bis ins Tiefziehwerkzeug gebracht. Das erfolgt in zwei Wegschritten. Eine Lineareinheit mit Sauger bringt das vom Spreizmagneten fächerartig angehobene Teil bis zur Zwischenablage und legt es ab. Von dort wird es dann erneut aufgenommen und über dem Ziehwerkzeug freigegeben. Die beiden Wegschritte laufen zeitlich parallel ab. Gleichzeitig sorgt ein vorn angebrachter Schieberfinger für das Auswerfen des schon fertigen Ziehteils. Werkstückausheber haben das Ziehteil aus dem Unterwerkzeug herausgebracht, so dass es lose aufliegt.
Die magnetische Aufspreizung der Bleche kommt zustande, weil die einzelnen Bleche gleichpolig magnetisiert werden und gleiche Pole stoßen sich bekanntlich ab.
Magnetisches Auffächern wird auch bei der Zuführeinrichtung nach Bild 3 ausgenutzt. Die oberste Eisenblechtafel wird angehoben und haftet hängend an den Magnetrollen. Eine leichte Neigung der Magnetrollenbahn sorgt dafür, dass die Platine durch Schwerkraftwirkung seitlich abrollt. Die Magnetrollenbahn kann auch angetrieben sein, weshalb man dann keine Bahnneigung benötigt. Es folgt die Übergabe auf eine normale Rollenstrecke mit Eigenantrieb. Man könnte an deren Stelle auch einen permanentmagnetischen Gurtbandförderer einsetzen, der in der Bauhöhe flacher ist und die Platine bis zum Werkzeug im Inneren der Presse bewegen kann. Das Platinenpaket muss vertikal nachgeführt werden, wofür häufig ein Hubtisch zum Einsatz kommt.
Vielfach müssen Teile von einer Presse zur nächsten gebracht werden. Das lässt sich mit allein stehenden oder angebauten Drehgelenkrobotern gut machen. Dafür gibt es Standardlösungen. Viel schneller bewältigen das oftmals massearme Lineargeräte mit zwei gesteuerten Achsen im C-Zyklus. Der Vertikalhub ist kurz und deshalb zeitsparend schnell. Den Aufbau kann man in Bild 4 sehen. Das bewährte Prinzip der Hubaufteilung mit Nutzung einer Weg-Zwischenposition wird auch hier zugrunde gelegt. Man kann damit nicht nur flache Zuschnitte transferieren, sondern gegebenenfalls auch kleinere Blechformteile, beispielsweise ein Ziehstück, hin zur nächsten Presse mit einem Beschneidewerkzeug. Das Zuführgerät enthält eine eigene Steuerung und kann als Zusatzgerät zwischen zwei Pressen zur Verkettungseinrichtung werden.
Bandvorschub mit Schubklinke
Vorschubapparate für Band und Streifen gibt es vielfältig, wie beispielweise Walzen-, Klemmrollen-, Klemmmesser- und Klemmzangenvorschübe. Der Antrieb wird oft von der Hubbewegung des Pressenstößels abgeleitet oder von der Drehung der Pressenwelle. Soll der Vorschub abgeschaltet werden, dann muss man die Presse zum Stillstand bringen. Ein anderer Weg wird in Bild 5 a+b am Beispiel eines Haken- oder Klinkenvorschubs vorgestellt. Es wird eine zusätzliche Koppelstelle für den Bewegungsablauf eingebaut.
Der Einsatz eines Klinkenvorschubs ist natürlich nur möglich, wenn ein relativ steifer Abfallstanzstreifen bestehen bleibt, bei dem also bereits die Teile ausgeschnitten sind. Sonst hätte eine Schubklinke keinen soliden Angriffspunkt. Die Klinke wird von einer Nutkurve gesteuert. Die sitzt aber nicht wie üblich direkt am Werkzeugoberteil, sondern an einem kleinen Schlitten. Wird dieser nach unten ausgefahren, unterbleibt der Vorschubhub, auch wenn die Presse weiterläuft. In diesem Fall wirkt der Minischlitten lediglich wie eine pneumatische Feder. Damit lässt sich auf einfache Weise eine Sicherheitsfunktion aufbauen. Stellt ein Sensor plötzlich überhöhte Schneidkräfte fest, kann der Bandvorschub selbsttätig von der Steuerung abgestellt werden. Damit hat man durch Abkopplung der Bewegung einen Schutz vor Überlastung und Beschädigung von Maschine und Schnittwerkzeug. Der Hakenvorschub ist für Hubzahlen bis etwa 150 Hübe je Minute einsetzbar und bringt es auf Vorschubgenauigkeiten im Bereich von etwa 0,15 bis 0,4 Millimeter.
Dr.-Ing. habil. Stefan Hesse
Literatur
Krahn, H.; Nörthemann, K.-H.; Strzys, P.; Hesse, S.: Konstruktionselemente 2. Umform- und Schneidwerkzeuge, Vogel Buchverlag, Würzburg 1996