Automatisches Transportsystem

Annina Schopen,

Automatisierter Materialfluss ersetzt Staplerverkehr

Bei Tilo im österreichischen Lohnsburg hat HaRo ein automatisches Transportsystem entwickelt, das eine ebenerdige Halle mit dem Untergeschoss verbindet. Das Konzept umfasst angetriebene Rollenbahnen, einen Senkrechtförderer und eine Drehbühne.

Drehstation mit integrierter Rollenbahn für mehrere Paletten im Blockstau. © HaRo Anlagen- und Fördertechnik

Hohe Wartungs- und Personalkosten, steigende Treibstoffpreise, Lärmbelästigung, wenig Flexibilität und ein großes Gefahrenpotenzial – zunehmend stellt sich die Frage, wie effizient der Einsatz von Flurförderzeugen, beispielsweise Gabelstapler, in Industriebetrieben tatsächlich noch ist. Mit ganzheitlichen Förderanlagen für den vollständig automatisierten Materialfluss bietet der sauerländische Fördertechnikhersteller HaRo Anlagen- und Fördertechnik zahlreiche Alternativen, um die Nachteile von Gabelstaplern durch Kosten- und Effizienzvorteile auszugleichen. Dies hat sich auch der österreichische Bodenhersteller Tilo zunutze gemacht, als er seine Gabelstapler auf dem Werksgelände für den Transport von der Produktion in die Lagerhalle durch eine unterirdische Palettenförderanlage ersetzt hat.

Palettenförderanlage im Tunnel

1950 als Tischlerei in Lohnsburg in Oberösterreich gegründet, hat sich Tilo mittlerweile zu einem international tätigen Familienunternehmen etabliert. 1950 legte Gustav Schrattenecker mit einem Lehrling und einer Hobelmaschine in einer rund 100 Quadratmeter kleinen Werkstatt den Grundstein für den heutigen Unternehmenserfolg. Im Verlauf der 70 folgenden Jahre wuchs nicht nur das Produktportfolio um Profil- und Sockelleisten sowie patentierte Parkettböden, auch die Produktionsfläche wurde kontinuierlich vergrößert. Steigende Kapazitätsauslastungen erforderten ein Umdenken der innerbetrieblichen Prozesse; vor allem in den vergangenen drei Jahren hat Tilo auf Digitalisierung und modernste Technik gesetzt. Dazu zählt auch die Installation eines unterirdischen Tunnels, der zwei Hallen miteinander verknüpfen und den Staplerverkehr auf dem Werksgelände reduzieren sollte. Mit diesem Anliegen wandte sich Tilo an die Rüthener HaRo-Gruppe und konkretisierte seine Anforderungen: Eine Förderanlage sollte die Paletten automatisiert aus der Produktions- in die Lagerhalle transportieren; die dazwischenliegende Straße durfte nicht beeinträchtigt werden. Der sauerländische Fördertechnikhersteller überzeugte seinen Kunden mit einem individualisierten Konzept, das eine Palettenförderanlage in einem unterirdischen Tunnel vorsah.

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Der Transport unterhalb der Erdoberfläche war nicht die einzige Projektbesonderheit: Mit 3 Meter Länge und 1,20 Meter Breite sind neben den gängigen Europaletten bei Tilo bis zu zwei Tonnen schwere Sonderpaletten im Einsatz. Zusätzlich war der Höhenunterschied zwischen der Produktionshalle im Untergeschoss und der ebenerdigen Lagerhalle zu überwinden. Für diese Spezifikationen erarbeitete das HaRo-Team gemeinsam mit Tilo ein Konzept, bestehend aus nur drei Hauptkomponenten: angetriebene Rollenbahnen, ein Senkrechtförderer und eine Drehbühne.

Details des automatisierten Materialflusses

In der Produktionshalle erfolgt die Aufgabe des Förderguts in Form von Sonder- oder Europaletten zunächst manuell. Dabei werden jeweils zwei Europaletten oder eine Sonderpalette im Blockstauverfahren über die rund 55

Stabil, langlebig und leise: angetriebene Rollenbahnen für den automatisierten Materialtransport bei Tilo. © HaRo Anlagen- und Fördertechnik

Meter lange Rollenbahnlinie durch den unterirdischen Tunnel befördert. Konstruktionsleiter der HaRo-Gruppe Markus Löseke erläutert den Blockstau: "Die Paletten werden so über die Bahn befördert, dass sie sich nicht berühren und das Fördergut geschont wird". Damit eventuell in den Tunnel eintretendes Wasser ablaufen kann, ist der Tunnel mit 1 % Gefälle versehen. "Die Rollenbahnen haben wir insofern an das Gefälle angepasst, als die Füße in ihrer Länge flexibel verstellbar sind", so Markus Löseke. Ohne dass es manueller Eingriffe bedarf, wird das Fördergut per Knopfdruck störungsfrei über die angetriebenen Rollenbahnen der HaRo-Serie Quickflex befördert. Zur Überwindung der Höhendifferenz zwischen Unter- und Erdgeschoss ist ein Vertikalförderer installiert.

"Die Paletten fahren völlig automatisiert in den Vertikalförderer ein und werden knapp sieben Meter in die Höhe bis ins Erdgeschoss der Lagerhalle transportiert", so Andreas Nehiba, Projektleitung der HaRo-Gruppe. Bis zu 30 Groß- oder 60 Europaletten kann der Senkrechtförderer zwischen den Ebenen stündlich bewegen. Auf die gleiche Weise fahren die Paletten anschließend aus dem Senkrechtförderer heraus. Ein Brandschutztor trennt die beiden Brandschutzabschnitte. Ein Schnelllauftor sichert den Zugang zum Vertikalförderer ab und vermeidet Zugluft.

Drehbühne mit Sicherheitseinrichtung

Zusätzlich ist im Erdgeschoss ein 90-Grad-Richtungswechsel zu vollziehen: Angesichts der Sondermaße der Paletten bei Tilo hat auch die Drehbühne einen erhöhten Durchmesser von 3,80

Meter. Eine Vollverkleidung verhindert, dass sich Mitarbeiter an der offenen Drehbühne verletzen können. Die Sicherheit hat oberste Priorität – das gilt auch für den Abnahmebereich: Nachdem die Paletten mittels angetriebener Rollenbahnen weitere 20 Meter in der Lagerhalle überwunden haben, werden sie zur Zwischenlagerung und zum Versand abgenommen. "Auch hier ist der Bereich durch Lichtgitter überwacht. Zusätzlich ist die gesamte Anlage mit einer Not-Reißleine versehen, deren Betätigung die gesamte Anlage unverzüglich stoppt", weiß Andreas Nehiba.

Angesichts steigender Kapazitätsauslastungen ist die Flexibilität bei Tilo wichtig. Die Förderstrecke dient neben dem automatischen Transport auch zur Palettenpufferung in Spitzenzeiten. Bis zu 24 Sonder- oder 48 Europaletten können bei Bedarf auf der gesamten Förderstrecke gepuffert werden, ohne dass die Produktion hierdurch beeinflusst wird oder ins Stocken gerät. Die HaRo-Komponenten sind bei Bedarf jederzeit erweiterbar. "Unsere Anlagen wachsen mit den Bedürfnissen unserer Kunden. Durch unser intelligentes Baukastensystem können wir unsere Systeme stetig anpassen", betont Christoph Hackländer als Geschäftsführer der HaRo-Gruppe.

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