Hybrides Projektmanagement
Unerwartete Probleme für agile Methoden
Wenn Abteilungen oder Unternehmen agile Methoden nutzen, treffen sie regelmäßig auf Bereiche und Unternehmen, die noch klassisch vorgehen. Das kann zu größeren Missverständnissen und unnötigen Reibungsverlusten führen. Das muss nicht sein, denn die agilen Arbeitsweisen lassen sich mit klassischen Ansätzen zu einem hybriden Ansatz verbinden. Von Franziska Klemme
Wenn klassische und agile Arbeitsweisen aufeinandertreffen, geht es nicht nur um die „richtige“ Methode. Agiles Projektmanagement erfordert zum einen neue Methoden und zum anderen auch andere Einstellungen, Denkweisen bzw. Haltungen. Deshalb ist hier oft vom Kulturwandel und einem neuen Mindset die Rede. Statt dem Projektmanager übernimmt jetzt das Team die Verantwortung und Selbstorganisation. Aufgaben werden nicht mehr klassisch "von oben herab" zugeteilt, sondern die Aufwände für einzelne Arbeitspakete werden in interdisziplinären Teams gemeinsam abgeschätzt und verteilt.
Agile Arbeitsmethoden sind allerdings nicht für alle Aufgaben gleichermaßen geeignet. Bei der Entscheidung zwischen agilem und traditionellem Projektmanagement hilft es, zunächst die Anforderungen zu hinterfragen und zu klären, mit welchen Methoden, Tools oder Technologien das beste Ergebnis erzielt werden kann. Je stärker man sich in die beidseitige Unsicherheit begibt, desto mehr kommen agile Methoden in Frage. Vor allem ein hoher Grad an Komplexität und/oder einem hohen Entwicklungsanteil sind typische Charakteristika von Projekten, für die sich ein agiler Ansatz eignet. Bei einfachen bis komplizierten Sachverhalten ist weiterhin das traditionelle Projektmanagement vorzuziehen. Das trifft vor allem auf Projekte zu, die klare Anforderungen voraussetzen oder die durch Gesetze und Vorschriften reguliert sind (vgl. den Textkasten „Agiles und traditionelles Projektmanagement im Vergleich“).
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Agiles und traditionelles Projektmanagement im Vergleich |
Der Kunde wird im agilen Projektmanagement stärker in das Projekt mit eingebunden, indem dieser Zwischenergebnisse präsentiert bekommt und daran Änderungswünsche äußern kann. Durch die kontinuierliche Einbindung in das Projekt bleiben die Kosten für Änderungen über die gesamte Projektlaufzeit niedrig. Dies liegt vor allem daran, dass Probleme bereits am Ende einer Iteration aufgedeckt werden und in der nachfolgenden Iteration korrigiert werden können. Aus einem Projektmanager, der im traditionell aufgesetzten Projekt zu Beginn alle Aufgaben festlegt, verteilt und für den Erfolg des Projektes verantwortlich ist (alle Aufgaben zu den vorab kalkulierten Kosten termingerecht abgeschlossen), wird im agilen Kontext ein Product Owner, der die Termine und Kosten zu Beginn festlegt und das Projekt vorantreibt. |
Der hybride Ansatz verbindet klassische und agile Methoden
In einem hybriden Ansatz können die Vorteile beider Projektmanagementansätze genutzt werden. Dabei gibt es im Grunde zwei unterschiedliche Herangehensweisen: einen parallelen Einsatz beider Ansätze mit klaren Angrenzungen, bspw. nach Abteilungen, Planungslevel oder nach Projekten oder einen vermischten Einsatz der Methoden (s. Praxisbeispiele). In der Praxis findet man derzeit vor allem klassische Ansätze, die durch agile Methoden angereichert werden. Hierdurch lassen sich die Schwächen des klassischen Projektmanagements umgehen und Projekte flexibel vollzogen werden. Auf der einen Seite werden die agilen Aspekte genutzt, um dem Team eine gemeinsame Vision zu geben, den Austausch innerhalb des Projektes zu erhöhen und einzelne Projektteile iterativ zu gestalten. Auf der anderen Seite dient das klassische Projektmanagement dazu, den Anforderungen an ein vorausplanendes Vorgehen gerecht zu werden.
Ein häufiger und unkoordinierter Wechsel zwischen den Vorgehensweisen kann sich jedoch negativ auf die Prozessstabilität auswirken. Daher ist es wichtig, die Methoden sinnvoll zu kombinieren: unklare Teile agil, klare Teile klassisch gestalten. Wichtig ist darüber hinaus eine genaue Definition der Schnittstellen sowie kontinuierliche Synchronisierung zwischen den klassisch und agil organisierten Teilen eines Projektes bzw. einer Organisation.
Aus der Praxis: traditionelle und agile Ansätze verbinden
1. Bei Großprojekten: Grundaufbau des Projektes bleibt klassisch, (einzelne Teilprojekte agil).
- Als übergeordnetes Ziel steht eine Erhöhung der Effizienz während der Projektarbeit, so dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden kann.
- Um den Informationsaustausch zwischen den unterschiedlich organisierten Teilprojekten zu gewährleisten, ist es sinnvoll, die klassische Meeting-Kultur auch übergeordnet durch agile Methoden, wie Sprint Planning, Daily Scrum oder Sprint Reviews zu ergänzen.
2. In unterschiedlichen klassischen Projektphasen, bspw. der Konzeption und Spezifikation agil arbeiten, sobald es in die Umsetzung geht, wieder den klassischen Ansatz wählen.
3. Lediglich einzelne Abteilungen, bspw. die Entwicklung oder IT arbeiten nach dem agilen Projektmanagement. Andere Abteilungen in der Auftragsabwicklung (z. B. Produktion) sowie nicht wertschöpfende Stellen (z. B. Controlling, Vertrieb, Marketing) wählen den klassischen Ansatz.
4. Einzelne Projekte innerhalb eines Unternehmens arbeiten agil, auf Management-Ebene (Lenkungsausschüsse, Programmorganisation) sowie in Richtung externen Parteien wird weiterhin klassisch gearbeitet.
Fazit - schrittweise zur hybriden Projektarbeit
Grundsätzlich gilt: Klare Regeln für den Aufbau und Ablauf des hybriden Projektes sind nötig, um das Verständnis für die jeweilige Arbeitsweise zu erhöhen und die Bearbeitung der Teilprojekte transparenter zu gestalten. Eine starre Abgrenzung von agilen und klassischen (Teil-)Projekten sollte daher vermieden werden. Infolgedessen sind die Schnittstellen zwischen den Projektgruppen in den Bereichen der Kommunikations- und Steuerungsmechanismen besonders wichtig. Eine kontinuierlichere Kommunikation und Transparenz (Stichwort Kollaboration) hat auch auf die klassische Projektorganisation einen positiven Effekt. Die Agilität ist somit hauptsächlich eine Veränderung im Mindset. Sie ermöglicht eine schrittweise Umstrukturierung zur hybriden Projektarbeit, die sich dem Tempo des Unternehmens anpasst.
Franziska Klemme, Beraterin Lischke Consulting