Highspeed-Fräsen im Doppelpack
Aluprofile präzise bearbeiten mit Robotern
Die Fräsbearbeitung von Aluminiumprofilen für Premium-Duschkabinen verlangte nach einer wegweisenden Automatisierungslösung. Kurze Taktzeiten, kompromisslose Flexibilität und hohe Präzision hießen die Anforderungen, die sich nur mit einer ausgeklügelten Roboterzelle erfüllen ließen.
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Kermi mit Sitz im niederbayrischen Plattling zählt mit rund 1.300 Mitarbeitern zu den international führenden Herstellern in den Bereichen Heiztechnik und Duschdesign. Das Komplettprogramm an Heizkörpern und Duschkabinen überzeugt mit erstklassigem Design, das regelmäßig Preise und Auszeichnungen erhält. Auch produktionsseitig setzt das Unternehmen Maßstäbe, liefert hochwertige Duschkabinen nach Kundenspezifikation selbst in Losgröße 1.
Was das für ein neues Fräszentrum zur ein-, zwei- und dreiseitigen Bearbeitung von Aluminiumprofilen für Duschkabinen bedeutet, bringt die Betriebsmittelplanung bei Kermi auf den Punkt: „Die Anlage sollte mit kleinen und größeren Serien ebenso zurechtkommen wie mit Losgröße 1. Zudem sollten alle Spann- und Fräsvorgänge vollautomatisch ablaufen, um kürzeste Taktzeiten zu gewährleisten. Das alles bei einer geforderten Genauigkeit im Zehntelmillimeterbereich. Nachdem insbesondere für die Drei-Seiten-Bearbeitung unter kurzen Durchlaufzeiten eine klassische Sonderanlage nicht in Frage kam, sahen wir die einzige Lösung in einer Roboterfräszelle.“
Doch auch diese Lösung sollte sich während der gesamten Realisierungsphase als ernstzunehmende, technische Herausforderung erweisen. Nur der Beharrlichkeit und dem Know-how der hauseigenen Werkstechnik sowie der kompetenten Unterstützung durch den Roboterlieferanten Yaskawa ist es zu verdanken, dass die Anlage seit geraumer Zeit die hochgesteckten Erwartungen erfüllt. Aber der Reihe nach.
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Meisterstück der Automation
Zunächst machte man sich bei Kermi an die Konstruktion der Anlage. Dabei zeigte sich beim Blick auf das Teilespektrum, dass die Komplettbearbeitung der rund 50 Profiltypen mit Längen von 500 bis 2.500 Millimetern und unterschiedlichen Profilquerschnitten nur mit zwei parallel arbeitenden Fräsrobotern tatzeitkonform zu bewerkstelligen sein würde. Insgesamt ergeben sich durch die Kombination von Profilen, Querschnitten und Bearbeitungskonturen mehrere tausend Varianten.
Die Realisierung der Fräszelle übernahm der hauseigene Kermi-Anlagenbau, der über jede Menge Know-how mit anspruchsvollen Aufgabenstellungen verfügt. Der Blick auf die Roboterfräszelle unterstreicht dessen Expertise. Auf relativ kleinem Raum entstand eine vollautomatisierte, hochkomplexe Anlage. Für die Fräsbearbeitung setzt man auf zwei Motoman MC2000.
Die Roboter sind mit Jäger Frässpindeln ausgestattet, die mit bis zu 45.000 Umdrehungen pro Minute arbeiten können. Selbstverständlich ist auch an eine Minimalmengenschmierung gedacht, die sich am Handgelenk des Roboters befindet. Alle Handhabungsvorgänge innerhalb der Zelle sind vollautomatisiert, dazu zählen der Wechsel der Spannwerkzeuge ebenso wir der Wechsel der Fräswerkzeuge. Zudem ist die Zelle mit zahlreichen sensorischen Kontrollsystemen ausgestattet, dank Visionsystem lässt sich die Fräsbearbeitung durch die Roboter über einen großen Monitor außerhalb der Zelle beobachten. Die Aufgabe des Anlagenbedieners beschränkt sich auf das lagerichtige Einlegen der Profile in das Fördersystem sowie auf die Teileentnahme einhergehend mit einer visuellen Qualitätsprüfung, bei der er die empfindlichen Aluprofile auf Beschädigungen kontrolliert.
Nach dem Einlegen der Profile beginnt deren Reise durch die Anlage, wobei an erster Stelle eine sensorische Kontrolle erfolgt, die anhand mehrerer Merkmale sicherstellt, dass sich das richtige Teil in der Zelle befindet. Von der Übergabeposition aus übernimmt der Greifer des Handhabungssystems das Profil und legt es in der Spannvorrichtung ab. Sind die Profile sicher gespannt, starten die beiden Motoman Roboter gleichzeitig mit der Fräsbearbeitung. Im Wesentlichen sind dabei sechs unterschiedlichen Konturtypen zu fräsen, darunter Bohrungen, Senkungen, Langlöcher und Schlitze. Die gerade benötigten Fräswerkzeuge holen sich die beiden Sechsachser an der Werkzeugwechselstation selbst ab. Der Wechsel erfolgt vollautomatischen parallel zur Bestückung der Zelle in den Nebenzeiten.
Wie hoch die Anforderungen an die Roboter hinsichtlich Geschwindigkeit und Präzision in der Praxis sind, hat alle Beteiligten überrascht: „Wir haben uns bei den Robotern für zwei Motoman MC2000 entschieden, da diese Sechsachser Maßstäbe hinsichtlich Geschwindigkeit und Präzision setzen. Nur mit diesen Maschinen erreichen wir beim Bahnfräsen die gewünschte Genauigkeit im Zehntelmillimeterbereich“, heißt es aus der Projektleitung.
Präzisionsroboter MC2000 mit überzeugender Performance
Diese Hochleistungsmaschinen verfügen über präzise Antriebe und Spezialgetriebe und punkten mit vorbildlicher Stabilität und im Vergleich zu Standardrobotern mit höherer Positionier- und Bahngenauigkeit. Eben deshalb kommen die MC2000 vorwiegend bei Laser-Applikationen zum Einsatz, eignen sich aber auch hervorragend für genaue Fräsbearbeitungen wie der Einsatz bei KERMI belegt. Hier sind die beiden Roboter in leicht geneigter Position montiert, um eventuell auftretendem Flankenspiel in den Getrieben der Achse 1 entgegen zu wirken.
„Als die beiden MC2000 installiert waren und mit beeindruckender Dynamik und Präzision ans Werk gingen, war schnell klar, dass mit dieser Lösung die definierten Vorgaben hinsichtlich Präzision, Taktzeit und Flexibilität auf jeden Fall zu erfüllen sein würden. Die schnellen und präzisen MC2000 sind mit einer Reichweite von über 2,2 Metern und 50 kg Traglast perfekt für diese Applikation geeignet“, berichtet Jürgen Riedinger, Senior Sales Manager bei Yaskawa.
Nach der Inbetriebnahme machte sich das Projektteam hochmotiviert an die Optimierung der Zelle, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Was die KERMI Programmierer aus den beiden MC2000 rausholen, ist einfach unglaublich. Die Roboterzelle erreicht heute Taktzeiten, die im Durchschnitt weit über die Hälfte kürzer sind als bei konventioneller Bearbeitung. Bei manchen Teilevarianten ist die Anlage bereits dreimal so schnell. Und die geforderte Präzision und Flexibilität werden problemlos eingehalten. Die Roboterzelle gilt heute als Referenz für das Highspeed-Fräsen im Unternehmen. kf/Ralf Högel