Interview mit Sven Anders

"Nah an der Kugel"

Dem Strahl die Zeit lassen, die er benötigt – das ist das Geheimnis der Wasserstrahlschneidanlagen von Maximator Jet. Darüber hinaus ist das Zusammenspiel aller Komponenten wichtig: Die 3D-Köpfe, zum Beispiel, besitzen einen aktiven Ausgleich, der verfahrensbedingte Schnittwinkelfehler vermeidet. Über diesen und weitere Vorteile gegenüber anderen Verfahren unterhielt sich SCOPE-Chefredaktuer Hajo Stotz mit Sven Anders, dem Geschäftsführer von Maximator Jet.

Sven Anders

SCOPE: Herr Anders, Maximator Jet bietet seit rund zwei Jahren auch 3D-Wasserstrahlschneidanlagen an. Warum sind Sie so spät in die Technik eingestiegen?

Anders: Das stimmt so nicht ganz. Wir haben unsere erste 3D-Portal-Wasserstrahlschneidanlage bereits im Jahr 2001 realisiert, seinerzeit für einen Automobilzulieferer, der Türrahmendichtungen für einen namhaften bayerischen Automobilhersteller produziert. Dabei handelte es sich um eine speziell für die Anwendung projektierte Anlage. In den darauffolgenden Jahren haben wir mehrfach 3D-Projekte mit 6-Achs-Roboter realisiert, sowohl Reinwasser als auch Abrasiv. Das tun wir auch heute noch und werden das auch in Zukunft tun. Die Serien-3D-Wasserstrahlschneidanlagen STM3D, die Sie meinen, gibt es noch nicht so lange, das ist richtig. Diese sind einfach aufgrund des höheren Bedarfs am Markt in den letzten Jahren entstanden und werden nun mehr oder weniger von der Stange verkauft. Wobei natürlich jede Anlage speziell auf die Anforderung des Kunden zugeschnitten und konfiguriert wird.

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SCOPE: Was sind die Vorteile von 3D-Wasserstrahlschneiden im Vergleich zu anderen Verfahren?

Anders: 3D-Wasserstrahlschneidanlagen bieten einfach noch mehr Einsatzmöglichkeiten für das ohnehin sehr vielseitige Verfahren Wasserstrahlschneiden. Teile können nicht nur zugeschnitten, sondern gleich mit Funktionsflächen o.ä. versehen werden. Volumenbauteile können von mehreren Seiten in einer Aufspannung bearbeitet werden. Die 3D-Köpfe bieten außerdem den Vorteil, dass aufgrund des aktiven Ausgleichs des verfahrensbedingten Schnittwinkelfehlers, Teile viel schneller mit senkrechten Kanten geschnitten werden können als mit einer 2D-Anlage.

SCOPE: Und was sind die begrenzenden Faktoren beim 3D-Wasserstrahlschneiden?

Anders: Begrenzender Faktor ist zum einen die Sicherheit. Dem Wasserstrahl wäre es grundsätzlich egal, in welche Richtung er strahlt bzw. schneidet, aber das darf er natürlich nicht, da sonst Mensch und Maschine in Gefahr wären. Der Wasserstrahl, speziell der Abrasiv-Wasserstrahl sollte am Materialaustritt immer aufgefangen werden, in der Regel also im Wasserbecken landen. Deshalb sind 3D-Schneidköpfe vom möglichen Anstellwinkel her immer begrenzt.

Speziell bei der Bearbeitung von Volumenbauteilen mit dem dreidimensional geführten Wasserstrahl kommt es sehr häufig vor, dass sich hinter dem zu schneidenden Bereich andere Bauteilbereiche befinden. Hier kann, wie auch beim 2D-Schneiden nur bedingt dafür gesorgt werden, dass diese nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Natürlich können wir mit dem Wasserstrahl immer noch keine Kugel erzeugen – aber wir arbeiten dran.

SCOPE: Welche Rolle spielen Reflexionen des Wasserstrahls durch die Schrägstellung des Schneidkopfes?

Anders: Wenn materialbedingt richtig geschnitten wird, d.h. die entsprechend richtigen Parameter gefahren werden, tritt der Strahl wie auch beim 2D-Schneiden an der Materialunterseite wieder aus und sollte sicherheitsbedingt im Schneidbecken verschwinden. D.h. am Schnitt selbst treten nicht mehr Reflexionen auf als beim senkrechten Schneiden. Reflexionen an der Materialauflage oder Unterkonstruktionen können vermehrt auftreten. Da sich in Abhängigkeit vom Schnittwinkel der Arbeitsbereich verkleinert, also zur Beckenmitte wandert, stellt das aber kein Sicherheitsrisiko dar.

SCOPE: Je komplexer die 3D-Form, desto kleiner wird der Arbeitsraum? Ist das korrekt?

Anders: Komplexität hat erst einmal nichts mit dem Schnittwinkel zu tun. Der Arbeitsbereich wird immer kleiner, je weiter man den Kopf zur Beckenaußenkante hin neigt, d.h. größerer Schnittwinkel kleinerer Arbeitsbereich.

SCOPE: Warum ändert sich die Schnittfugenbreite bei Materialeintritt und bei Materialaustritt beim 3D-Wasserstrahlschneiden mit der Schnittgeschwindigkeit?

Anders: Das in der Regel die Schnittfuge am Materialeintritt breiter (so breit wie der Strahl selbst) als am Materialaustritt ist, hat nichts mit 3D zu tun. Der physikalische Effekt ist in alle Richtungen gleich, der Strahl verliert im Material seine Energie und deshalb kann er nicht mehr so viel abtragen und der Schnittspalt wird zum Materialaustritt hin schmaler. Je mehr Zeit man dem Strahl lässt (langsamer schneidet), um so mehr kann der Strahl auch in der Schnittfuge abtragen. Der Schnittspalt wird breiter. Beim 3D-Schneiden ist die dickenabhängige Geschwindigkeitsinterpolation nur etwas komplexer als beim 2D-Schneiden, weil sich die Materialdicke in Abhängigkeit vom Schnittwinkel ändert.

SCOPE: Wirkt sich dieser Effekt bei dünnen Materialien und dicken Materialien unterschiedlich aus?

Anders: Nein, dieser physikalische Effekt ist bei allen Materialdicken gleich. Rein optisch wirkt der Unterschied zwischen Materialeintritt und Materialaustritt bei dünnen Materialien im Verhältnis nur mehr als bei dicken Materialien, obwohl er eigentlich gleich ist. Das bedeutet auch, dass der Schnittwinkelfehler bei dünneren Materialien größer ist als bei dicken.

SCOPE: Sind für das 3D-Wasserstrahlschneiden Hochdruckschneidköpfe Voraussetzung?

Anders: Wir setzen bei unseren 3D-Schneidköpfen die gleichen Schneidventile und Abrasivköpfe wie bei den 2D-Anlagen ein. Das hat den Vorteil, dass keine speziellen Komponenten notwendig sind. Für den Kunden ist es viel einfacher von 2D auf 3D umzusteigen. Er muss sich nicht an neue Komponenten gewöhnen und kann die gleichen Verschleißteile verwenden.

SCOPE: Ist der Verschleiß der Schneidköpfe damit höher?

Anders: Der Verschleiß hat nichts damit zu tun, ob 2D oder 3D geschnitten wird. Die Anlage insgesamt ist etwas aufwändiger. Man hat zwei Achsen mehr, Motoren, Kabel, Endstufen, Softwaremodule.

SCOPE: Welches sind die härtesten, und welches die weichsten Materialien, die Ihre Anlagen schneiden können?

Anders: Das ist das Schöne am Wasserstrahlschneiden – von weich bis hart ist alles möglich. Sehr weiche Materialien sind z.B. offenporige Schaumstoffe oder gelartige Substanzen. Sehr harte Materialien sind Oxidkeramiken und Sintermetalle.

Intec Halle 2, Stand E34

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