Systemarchitektur

Andreas Mühlbauer,

Produktentwicklung mit der MBSE-Strategie

Führungskräfte aus dem Ingenieurwesen sind stetig auf der Suche nach besseren Methoden zur Integration elektronischer und Software-Systeme, um ihre Produkte schneller auf den Markt zu bringen. Hier bietet sich die nächste Generation des modellbasierten Systems Engineering an – eine digitalisierte Lösung, die die Komplexität der integrierten Systeme bewältigen kann.

Der digitale Zwilling unterstützt beispielsweise die Konstruktion und Entwicklung eines Überschallflugzeugs. © Siemens

Vielen aus der Automobil-, Elektronik- und Luft- und Raumfahrtindustrie dürfte die MBSE-Methodik (modellbasiertes Systems Engineering) bekannt sein. Frühere Implementierungen und Toolsets wurden in diesen Branchen jahrzehntelang als Weiterentwicklung des Systems Engineering eingesetzt, doch ein moderner MBSE-Ansatz funktioniert ganz anders. Der wohl wichtigste Unterschied ist die Art und Weise, wie die Informationen über das System erfasst, gespeichert und weitergegeben werden. Anstelle von Diagrammen werden Daten zentral mit sicheren Verbindungen zu anderen relevanten Informationen gespeichert. Daraus entsteht die Systemarchitektur oder Roadmap vom Entwicklungsprozess bis hin zum Servicebetrieb. Die verschiedenen Prozesse in der Produktentwicklung werden durch digitale Arbeitsabläufe unterstützt, welche die in einem Domänenwerkzeug getroffenen Entscheidungen und Arbeiten mit dem digitalen Zwilling verbinden. Diese "Single Source of Truth" macht die Daten leichter zugänglich für die multidisziplinäre Produktentwicklung.

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Die Systemarchitektur ist der wichtigste Aspekt des modellbasierten Systems Engineering. Ihre Hauptfunktion liegt in der Verwaltung von Entwicklungsprozessen über die gesamte Geschäfts- und Wertschöpfungskette hinweg. Ihre Erstellung ist der Startpunkt jedes Projekts. Die Systemarchitektur wird zur Definition dessen, was der Markt benötigt und zur Blaupause für die Entwicklung. Die Informationen in einer Systemarchitektur können recht umfangreich sein, beispielsweise können dies Anforderungen von Aufsichtsbehörden, Fertigungsbeschränkungen der vorhandenen Infrastruktur oder auch Zielkonfliktstudien sein. Die effektive Koordinierung dieser Informationen erfordert eine standardisierte Methodik. Für Systemingenieure sind deshalb Modellierungssprachen wie SysML und Modellierungstools wie System Modeling Workbench unerlässlich. Traditionell wurde jede Entscheidung, jede Analyse und jeder Prozess innerhalb der Entwicklung einer kleinen Gruppe von Systemingenieuren zugeteilt, die das Wissen an die verschiedenen Gruppen weitergaben. Doch die zunehmende Vernetzung der heutigen Produkte macht dies zu einem schwierigen Unterfangen. Statt dessen beginnen Unternehmen, den Prozess durch Digitalisierung zu demokratisieren. Relevante Entscheidungen werden an die multidisziplinären Gruppen weitergegeben, und an alle weitergereicht, die von den Veränderungen betroffen sind.

Effektiv kommunizieren

Eine robuste Systemarchitektur ist sehr wichtig, aber ohne gute Kommunikation gibt es keine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen. Die Kommunikation hat sich in den letzten Jahren im MBSE-Workflow dramatisch verbessert und wird mit SysML v2, der Modellierungssprache der nächsten Generation für Systems Engineering, weiter optimiert. Die meisten innovativen Branchen arbeiten immer noch mit digitalen Dokumenten, um das Verständnis ihrer komplexen Systeme zu vermitteln. Es besteht jedoch eine Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach einem verlässlichen roten Faden vom Konzept bis zum Service und dem Vorhandensein eines solchen.

SysML v2 zielt darauf ab, die Kommunikation für MBSE-Methoden zwischen den Bereichen Mechanik, Elektronik, Elektrik und Software zu verbessern. Frühere Implementierungen konnten viele der komplexen Systeme, die für Flugzeuge oder Automobile erforderlich sind, nicht modellieren, da die Modellierungssprache auf der Universal Modeling Language (UML) aufbaut, die ursprünglich nur für die Softwareentwicklung entwickelt wurde. Aufgrund der fehlenden nativen Funktionen sahen sich OEMs und Konstruktionsbüros gezwungen, benutzerdefinierte Erweiterungen für SysML zu kaufen und zu erstellen, um die Lücke zu schließen. Dadurch wurde jedoch der Zweck einer standardisierten Modellierungssprache zunichte gemacht. Das Ziel von SysML v2 ist es, die durch das UML-Erbe auferlegten Beschränkungen zu beseitigen und eine Syntax zu integrieren, die es ermöglicht, die Modelle von Systemarchitekten und Unternehmen zu handhaben.

Nachgelagerte Anwendungen

Kommunikation ist wichtig, um eine genaue Systemarchitektur zu erstellen, diese innerhalb einer Organisation zu verbreiten und damit die Entwicklung abzubilden. Zudem ermöglicht sie auch die Wiederverwendung der Informationen, die diese Modelle enthalten. Die nachgelagerte Wiederverwendung ist einer der am schwierigsten zu definierenden Vorteile für ein Unternehmen, da sie in einer sehr breiten Palette von Anwendungen auftreten kann. Ein Beispiel ist die Wiederverwendung von Softwarefunktionen, um die Komplexität des Codes zu verringern. Der letztendliche Datenfluss kann sehr unterschiedlich sein, aber die Nutzung der Systemarchitektur zur Planung dieser Anwendungsfälle und zur Optimierung der Verarbeitung verbessert die Effektivität der vernetzten Systeme erheblich. Nachgelagerte Datenanwendungen können auch die eher geschäftsorientierten Bereiche der Produktentwicklung beeinflussen. So lassen sich CAD-Daten aus der Konstruktion bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Konstruktionszyklus zur Erstellung von Marketingmaterialien verwenden.

Entwicklungszyklen im MBSE-Workflow. © Siemens

Modellbasiertes Systems Engineering bedeutet für jedes Unternehmen etwas anderes, aber jede Implementierung beruht auf einer genauen und kommunizierbaren Systemarchitektur. Um ein erfolgreiches Produkt zu entwickeln, muss man die Anforderungen, die Kosten, die Materialien, die Herstellungsprozesse, die Sicherheit und die Produkte der Konkurrenz kennen.

Eine Analyse der vorhandenen Informationen lässt sich mit der richtigen Softwarelösung frühzeitig durchgeführen und ermöglicht einen größeren Gestaltungsspielraum. Siemens verfeinert den modellbasierten Systems Engineering-Ansatz in seinem Xcelerator-Softwareportfolio für die Zukunft komplexer und globaler Entwicklungsprogramme.

Autor: Tim Kinman, Vice President, Trending Solutions Consulting & Global Program Lead for Systems Digitalization, Siemens Digital Industries Software 

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