KI + Datenanalyse

Content Management auf dem Vormarsch

Michael Wendenburg, Sevilla, (www.wendenburg.net)

Bild: Telekom
Gebrauchsanweisungen, Montageanleitungen, Service- und Wartungshandbücher, Produkt- und Ersatzteilkataloge – Berge an technischen Dokumenten werden in der Industrie jeden Tag erzeugt. Und das nicht nur in einer, sondern in zig verschiedenen Sprachen. Um die Informationsflut effizienter zu kanalisieren, setzen viele Unternehmen auf spezielle Content-Management-Systeme. Wie die Auswahl und Implementierung der Software am besten gelingt, verrät die neue tekom-Studie.

Die wachsende Produktvielfalt, das babylonische Sprachgewirr auf den globalen Zielmärkten, die hohen rechtlichen Anforderungen und nicht zuletzt die wachsenden Ansprüche der Kunden an die Qualität der Dokumentation haben in den letzten Jahren zu einem starken Rationalisierungsdruck in der technischen Dokumentation geführt. Immer mehr Firmen lösen deshalb die traditionellen Desktop-Publishing-Verfahren durch datenbankgestützte Redaktions- und Publikationsprozesse ab, die eine automatische Zusammenstellung der Dokumentation aus wieder verwendbaren Informationsbausteinen ermöglichen. Grundlage für die Automatisierung sind spezielle Content-Management-Systeme (CMS).

Die Gesellschaft für technische Kommunikation e.V. (tekom) hat diesen Trend bereits im Jahre 2005 im Rahmen einer Studie untersucht, die vor kurzem in einer erweiterten und aktualisierten Fassung vorgestellt wurde. Der aktuelle Leitfaden belegt auf eindrucksvolle Weise die zunehmende Verbreitung von CMS in den technischen Redaktionen. Während solche Systeme vor drei Jahren nur in jeder fünften Abteilung und meist in Großunternehmen zu finden waren, nutzt inzwischen fast ein Drittel der befragten Unternehmen ein CMS (siehe Grafik). Rechnet man noch die Firmen dazu, die gerade in Begriff sind, ein CMS auszuwählen oder einzuführen, liegt der Anteil bei fast 50 Prozent. Die Studie zeigt außerdem, dass die Technologie nicht nur für Großunternehmen Rationalisierungspotential bietet, sondern dass auch kleinere und mittelständische Unternehmen großen Bedarf dafür haben, wenngleich sie vielleicht nicht den Funktionsumfang einer High-end-CMS-Lösung benötigen.

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Die tekom-Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Karlsruhe und dem Fraunhofer IAO Stuttgart erstellt. Um ein repräsentatives Bild von den Anforderungen im Bereich des Managements der technischen Informationen zu erhalten, führten die Verfasser eine Anwenderbefragung durch, an der sich über 600 Führungskräfte aus verschiedenen Unternehmen und Branchen des produzierenden Gewerbes beteiligten. Dabei stellte sich heraus, dass die Unternehmen den überwiegenden Anteil der Dokumentation (84,2 Prozent) intern erstellen. Kein Wunder also, dass selbst bei klassischen Mittelständlern mit 250 bis 500 Mitarbeitern im Mittel mehr als fünf Mitarbeiter mit der Dokumentationserstellung beschäftigt sind – und das ohne die Übersetzung zu berücksichtigen. In aller Regel sind die Dokumentationsabteilungen für mehrere Informationsprodukte verantwortlich, wobei Bedienungsanleitungen, Montageanleitungen und Wartungsanleitungen mit Abstand die wichtigsten sind. Immerhin 38 Prozent der Befragten gaben an, sowohl für die Inhalte der klassischen Handbücher, als auch für Marketing- und Vertriebsunterlagen (Datenblätter, Produktkataloge etc.) zuständig zu sein, was für eine Verknüpfung der Informationsarten auf daten- und systemtechnischer Ebene spricht. Ein interessantes Phänomen ist, dass sich Online-Hilfen nicht mehr nur in der Software-Entwicklung, sondern auch in anderen Branchen wie der optischen Industrie, der Antriebs- und Steuerungstechnik oder im Bereich der elektronischen Konsumgüter als wichtiges Informationsprodukt etabliert haben. Obwohl fast alle Unternehmen ihre Informationsprodukte in gedruckter Form zur Verfügung stellen, nimmt die Bereitstellung über das Internet oder auf CD zu, was für die Wiederverwendung der einmal erstellten Informationen spricht.

Gründe, die für ein CMS sprechen

Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz eines CMS hängt von vielen Einflussfaktoren ab. Neben unternehmenspolitischen Gründen, spielen die Zahl und Komplexität der Produkte, die Variantenvielfalt und die Anzahl der Änderungen während der Produktentwicklung beziehungsweise nach der Markteinführung eine wichtige Rolle. Für den CMS-Einsatz entscheiden sich der Studie zufolge typischerweise Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und mehr als fünf Mitarbeitern in der technischen Dokumentation, die Komponenten- oder Serienfertigung betreiben, mindestens 25 neue Dokumentationen pro Jahr neu erstellen, und das landesweit oder international, die im Schnitt in fünf Sprachen übersetzt werden müssen. Kleine Unternehmen, die einsprachige Informationsprodukte erstellen und keine Inhalte wieder verwenden können, entscheiden sich eher dagegen.

Wichtig für die Entscheidung pro oder contra CMS ist natürlich auch der für die Implementierung erforderliche finanzielle und personelle Aufwand. Gerade Altdatenmigration, Vereinheitlichung der Texte, Strukturierung der Information sowie die Modularisierung der Dokumentation verursachen relativ hohe Aufwendungen. Die Angaben über die durchschnittlichen Investitionskosten sind aufgrund der Abweichungen vom Mittelwert allerdings wenig aussagekräftig, wobei kurioserweise die Zahl der Ausreißer sowohl bei den ganz kleinen, als auch bei den ganz großen Unternehmen größer ist als im Mittelfeld. Unternehmen mit 251 und 500 Mitarbeitern geben gemittelt 72.333 Euro für ein CMS aus – der Median, das heißt der Punkt, bei dem 50 Prozent aller Werte liegen, beträgt 60.000 Euro. Auch die Projektlaufzeit schwankt in Abhängigkeit von der Anzahl der Mitarbeiter in der technischen Dokumentation relativ stark: In der Regel – so die Studie – kann man bei einer Abteilung von 6 bis 10 Mitarbeitern von einer Gesamtdauer zwischen 9 und 24 Monaten ausgehen.

Interessant ist, dass das Content Management trotz der Unterschiede bei Investitionskosten und Projektlaufzeiten von den Anwendern durch die Bank gute Noten bekommt. Knapp 58 Prozent der Befragten schätzen das Kosten-Nutzen-Verhältnis nach der CMS-Einführung positiv und weitere 18 Prozent sogar sehr positiv ein; lediglich vier Prozent der Befragten äußerten sich negativ. Mehr als die 60 Prozent der Unternehmen gehen von einem Return-on-Invest binnen von drei Jahren aus. Ein ähnlich wohlwollendes Bild ergab sich bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem CMS, das sich nicht immer mit den Erfahrungen aus den Projekten deckt. Prof. Dr. Wolfgang Ziegler von der Fachhochschule Karlsruhe warnte deshalb bei der Vorstellung der Studie die Anbieter davor, dieses Ergebnis zu überbewerten.

Die tekom-Studie wendet sich an Fachverantwortliche und Entscheidungsträger, die sich mit Auswahl, Einführung und Betrieb eines Content-Management-Systems auseinandersetzen. Sie gliedert sich in drei Teile, deren erster darstellt, wie die Unternehmen heute mit ihren technischen Informationen umgehen, welche Werkzeuge sie einsetzen und welche Gründe für oder gegen den Einsatz eines CMS sprechen. Der zweite Teil beschreibt kritische Erfolgsfaktoren für die Systemeinführung und schlägt ein praxiserprobtes Vorgehensmodell vor, das den optimalen Weg von der Ist-Analyse über Soll-Konzeption und Auswahl zum laufenden System aufzeigt. Teil drei gibt einen guten Überblick über die am Markt verfügbaren CMS-Lösungen.

Insgesamt 26 CMS-Hersteller gaben in einem Fragebogen ausführlich Auskunft über die Funktionalität ihrer Systeme. Dabei zeigte sich, dass die Systeme in funktionaler Hinsicht immer ähnlicher werden. Erhebliche Unterschiede gibt es allerdings hinsichtlich der Art und Weise, wie sie den Redaktionsprozess unterstützen, sowie in punkto Datenmodellierung, Skalierbarkeit und Integrationsfähigkeit in andere Unternehmensanwendungen. Erkennbar ist außerdem der Trend, Standardsysteme mit vorkonfiguriertem Funktionsumfang und flexiblen Lizenzmodellen anzubieten, was den Einführungsaufwand reduziert und dem CMS-Einsatz im Mittelstand entgegen kommt. Abgerundet wird die Studie über CMS durch eine Reihe von Erfahrungsberichten von Kunden der führenden Systemanbieter. Sie kann zum Preis von 260 Euro bei der tekom (www.tekom.de) bestellt werden. Für Verbandsmitglieder kostet sie 170 Euro. -we-

Tekom, Stuttgart Tel. 0711/65704-54, http://www.tekom.de

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