Sicherheitssystem für Roboter
Sichere Mensch-Roboter-Interaktion
Bei unterschiedlichsten Arbeitsabläufen werden Menschen von Robotern unterstützt. Mehr Flexibilität und Produktivität sind die wichtigsten Ziele eines solchen kooperativen Roboterbetriebs, gleichzeitig ist die Personensicherheit ein Muss. Flexible Sicherheitssysteme sorgen für produktive Arbeitsprozesse und zugleich sichere Arbeitsumgebungen.
Kooperative Roboteranwendungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sich Mensch und Maschine zu unterschiedlichen Zeitpunkten den gleichen Arbeitsraum teilen. Mechanisch trennende Schutzeinrichtungen, bei denen der Werker nur durch eine Sicherheitstür zum Roboter gelangen kann, sind für optimale und effiziente Arbeitsabläufe jedoch oft hinderlich. Daher werden solche Roboterszenarien, deren Ziel ja ein Mehr an Produktivität ist, mit einem offen zugänglichen Arbeitsraum konzipiert – der im laufendem Betrieb zugleich zum Gefahrenbereich wird. Berührungslose Sicherheit in jedem Moment, mit situativ-adaptierter Geschwindigkeitsanpassung zu optimaler Roboterleistung, beides umgesetzt auf der Basis eines breiten Applikationswissens.
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Eine solche sicherheitsgeprüft und integrationsfertige Systemlösung für kooperative Roboteranwendungen bietet Sick mit sBot Speed-UR. Die zentralen Komponenten sind ein Sicherheits-Laserscanner S300 mini und eine Sicherheitssteuerung FlexiSoft. Dabei zielt das Sicherheitspaket nicht nur auf den Schutz von Personen im Arbeitsumfeld eines Roboters, sondern zugleich auch auf die Prozesseffizienz der Mensch-Roboter-Interaktion. Sicherheit und Produktivität sind so zwei Seiten derselben Medaille. Möglich macht die sichere und produktive Zusammenarbeit von Mensch und Maschine das adaptive Wahrnehmungsvermögen des Sicherheitssystems sBot Speed-UR, mit dem es die Betriebsbedingungen des Roboters automatisch an die Position von Personen in dessen Umfeld anpasst.
Adaptive Wahrnehmung für höhere Produktivität
Das „Auge“ des Systems ist ein Sicherheits-Laserscanner S300 mini. Er erfüllt die sicherheitstechnischen Anforderungen des Performance Level d nach EN ISO 13849 sowie SIL2 nach IEC 61508 und entspricht den Anforderungen an optoelektronische Schutzeinrichtung gemäß Typ 3 der IEC 61496. Die Reichweite des 270°-Schutzfeldes beträgt bis zu 3 m. Das visuelle Wahrnehmungsvermögen des Sensors erlaubt es, innerhalb des Sichtfeldes unterschiedliche Feldsätze zu überwachen – jeweils bestehend aus einem Warn- und einem Schutzfeld. Im Kontext des Sicherheitssystems sBot Speed-UR werden zwei Feldsätze überwacht, die jeweils abhängig von der aktuellen Robotergeschwindigkeit sind und die Grundlage des adaptiven Wahrnehmungsvermögens bilden.
Die Sicherheitssteuerung FlexiSoft – auch sie erfüllt alle relevanten sicherheitstechnischen Vorgaben – fungiert als intelligentes Bindeglied zwischen dem Laserscanner und der Robotersteuerung. Sie ist im Falle einer Personenannäherung für die Aktivierung der definierten sicherheitsüberwachten Geschwindigkeit des Roboters verantwortlich – bis hin zum Auslösen des Sicherheitshalts oder, wenn nötig, eines Not-Halts. Hat die Person das Schutzfeld wieder verlassen, prüft die Sicherheitssteuerung, ob die Bedingungen für einen gefahrlosen, automatischen Wiederanlauf erfüllt sind. Auf dieses Weise wird auch ein unerwartetes Anlaufen des Roboters sicher vermieden, beispielsweise bei Einricht- oder Servicearbeiten.
Das Sicherheitssystem passt die Betriebsbedingungen von Robotern entsprechend des Aufenthalts von Personen in dessen Arbeitsbereich an und unterstützt so die optimale Produktivität von Roboteranwendungen. Der Überwachung des Arbeitsraums des Roboters erfolgt durch zwei Feldsätze: Der größere Feldsatz 1 ist, was Bewegungsdynamik, Maschinennachlauf und Gefährdungsrisiko betrifft, auf die Produktionsgeschwindigkeit des Roboters ausgelegt. Der geometrisch kleinere Feldsatz 2 berücksichtigt diese Faktoren bei einer sicher reduzierter Maschinengeschwindigkeit, wie sie sich durch Personen ergibt, die vom größeren Feldsatz detektiert werden.
Weniger Stillstand, schonender Roboterbetrieb
Was heißt das konkret im kooperativen Roboterbetrieb? Betritt eine Person im laufenden Prozess das Warnfeld von Feldsatz 1, reduziert der Roboter sicher seine Geschwindigkeit. Da der Roboter jetzt langsamer läuft und dementsprechend eine geringere Dynamik und kürzere Nachlaufzeit im Falle eines Sicherheits- oder Not-Halt aufweist, aktiviert das sBot Speed-UR jetzt Feldsatz 2 mit einem verkleinerten Schutzfeld. Erst wenn dieses betreten wird, geht der Roboter in den Sicherheitshalt über. Entfernt sich die Person wieder aus dem Arbeitsbereich, läuft der Roboter automatisch wieder an – zunächst noch mit sicher reduzierter Geschwindigkeit und überwacht durch Feldsatz 2. Danach nimmt er die ursprüngliche Arbeitsgeschwindigkeit mit Absicherung durch Feldsatz 1 wieder auf.
Diese so sicher überwachte Reduzierung der Geschwindigkeit bedeutet gegenüber einem vollständigen Stopp und Prozessstillstand mehr Produktivität und Verfügbarkeit bei optimierter Mensch-Roboter-Interaktion. Das Sicherheitssystem erlaubt es zudem, den Roboter im Einrichtbetrieb manuell zu bewegen, um beispielsweise Greifpunkte einzulernen. Neue Aufgaben können so schnell und flexibel eingerichtet werden. Das sanft geregelte, zweistufige Abbremsen und Beschleunigen beim automatischen Wiederanfahren vermeidet zudem unnötigen Verschleiß am Roboter und seinen Antriebskomponenten, was sich positiv auf die Lebensdauer auswirken kann.
Einfache Adaption an unterschiedliche Einsatzorte
Die Wirtschaftlichkeit von Robotern steigt mit der Möglichkeit, sie für unterschiedliche Tätigkeiten in wechselnden Arbeitsumfeldern einzusetzen. Mit sBot Speed-UR ist dies möglich. In der Steuerung des Sicherheitssystems lassen sich unterschiedliche, orts- und funktionsbezogene Konfigurationen von Feldsätzen hinterlegen. Aktiviert werden können die jeweils korrekten Schutzfeldeinstellungen beispielsweise dann, wenn ein RFID-Sicherheitssystem wie das TR4 von Sick dem Roboter seine neue Arbeitsposition meldet. Mit der korrekten Identifikation der Arbeitsposition werden die Einstellungen des Sicherheitssystems für die neue Arbeitsumgebung freigegeben. Der Anwender braucht den Roboter also nur in Position zu bringen, um ihn startklar zu machen. Ohne Freigabe durch den richtigen ID-Code, also beispielsweise an einem falschen oder einem nicht vorgesehenen Aufstellungsort, kann sBot Speed-UR – und damit der Roboter – nicht gestartet werden.
Die Systemvariante sBot Speed-UR ist die erste herstellerbezogene Ausführung des Sicherheitssystems sBot Speed. Sie ist in wesentlichen Punkten speziell auf den Einsatz in den Robotermodellen UR3, UR5 und UR10 des Herstellers Universal Robots abgestimmt. Dies betrifft beispielsweise den UR-spezifischen Verdrahtungsplan und die Parametereinstellungen für die wählbaren Betriebsarten „Aktivbetrieb“ und „Programmiermodus“. Auch die Beschreibung und Anbindung zusätzlicher Sicherheitskomponenten, die zur Erfüllung relevanter Sicherheitsstandards erforderlich sind, sowie die Einstellhinweise für die UR-Sicherheitskonfiguration sind speziell auf die genannten Robotermodelle ausgelegt. Der Verdrahtungsplan, das Sicherheitslogik-Programm, die UR-bezogenen Parametereinstellungen und die SISTEMA-Datei sind zudem in der Dokumentation enthalten. Das Sicherheitssystem ermöglicht es dem Inbetriebnehmer oder dem Bediener, beim Einrichten des Roboters oder bei Änderungen von Funktionen den Roboter zu programmieren und dabei sicher zu bewegen, beispielsweise zum Einlernen von Greifpunkten.
Das Sicherheitssystem sBot Speed und die Variante sBot Speed-UR ermöglichen es, frei zugängliche Roboterapplikationen individuell bis Performance Level d nach ISO 13849 abzusichern. Dies gilt gleichermaßen für die Erstausrüstung von Robotern wie auch deren nachträgliches, sicherheitstechnisches und funktionales Retrofit. Das Sicherheitssystem sBot Speed und die Variante sBot Speed-UR sind sofort verfügbar, weitere Varianten mit anderen Roboter-Herstellern sind in Vorbereitung. Jede Variante von sBot Speed ist dabei migrationsfähig: Zusätzliche Sicherheitsfunktionen können auch nachträglich in die Sicherheitssteuerung implementiert werden.
Felipe Pino, Produktmanager Global Business Center Industrial Safety bei Sick / ag