Roboter

Feinfühlig wie ein Glasbläser

Das Unternehmen Robu Glasfilter-Geräte bearbeitet, verschmilzt und beschriftet Borosilicatgläser automatisch in einem Anlagendurchlauf. Um diese weltweit einmalige Lösung zu ermöglichen, hat Robu mit Partnern die Grenzen des Machbaren ausgelotet. Im Zentrum der Anlage, die über das ABB-Simulations- und Offline-Programmiertool Robot Studio voruntersucht worden ist, stehen ein CO2-Laser und zwei sechsachsige ABB-Roboter.

Nutschen, Tiegel und Trichter – Robu Glasfilter-Geräte produziert Sinterglas-Filterelemente für Hersteller von Laborgeräten und Laborbedarf. Auf der vollautomatischen roboter- und laserbasierenden Handling-, Verschmelz- und Beschriftungsanlage fertigt das Unternehmen Laborgläser aus Borosilicatglas 3.3. Ein Verfahren, das die konventionelle Arbeit mit Gasflammen und Drehbänken erübrigt. „Auslöser für die Investition waren ein spürbarer Mangel an Glasfacharbeitern“, erklärt Geschäftsführer Stephan Curland. „Daraus resultierte der Wunsch, stärker auf Automation zu setzen.“ Konzipiert wurde die Anlage vom Eichstätter Unternehmen Trebbin, das vor allem auf den Bau von Sondermaschinen spezialisiert ist. Als Partner sind ABB Automation und Feha Laser Tec beteiligt gewesen. Feha entwickelt und fertigt die CO2-Laserstrahlungsquellen sowie optische Elemente zur Strahlführung und -formung.

Auf Basis der CO2-Laserstrahlung ist ein Konzept entstanden, das die Nachteile der herkömmlichen Warmbearbeitung wesentlich verringert. Zumal die Laserstrahlung eine hundertprozentige Reproduzierbarkeit durch eine gezielte und kontrollierte lokale Wärmeeinbringung gewährleistet. Außerdem lässt sich die Viskosität des Glases exakt überwachen, die eingebrachte Strahlungsleistung direkt anzeigen und der Laserstrahl optimal steuern

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Für Geschäftsführer Gerhard Trebbin ist es eine Herausforderung gewesen, ein rotierendes zwölfachsiges roboterunterstütztes Verfahren zu entwickeln. „Alle Prozessschritte müssen auf einer Symmetrieachse ablaufen, also auch sämtliche Roboterachsen. Unsere Anlage ist die erste robotergestützte Glasdrehbank, die ein rotierendes Glasrohr im heiß zu verarbeitenden Zustand durch kooperierende Roboter bewegen kann. Die Roboter halten dabei den Stauch- und Ziehprozessen stand, die wir benötigen, um Glas zu verformen. Gleichzeitig sind sie feinfühlig wie Glasbläser.“ Die Grundlage für die Teamarbeit der beiden Roboter hat ABB mit der Funktionalität Multi Move geschaffen, die es ermöglicht, bis zu vier Roboter und 36 externe Achsen über eine Steuerung anzusprechen.

Eine weitere Herausforderung hat Trebbin darin gesehen, die jeweils sechs Achsen der beiden ABB-Roboter IRB 140 und die vier Achsen des CO2-Lasers simultan zu bewegen. Die Lösung hat er mit Unterstützung von Feha und ABB gefunden. Die besonderen Ansprüche, die Trebbin in diesem Anwendungsfall an ein Robotersystem stellt, erfüllt der Roboterhersteller durch einen absoluten Synchronlauf mit Multi-Move-Funktion, das Unendlichdrehen der Greifer und einem hohen Bedienkomfort.

Nach der Konzeptentwicklung hat Trebbin durch die Offline-Programmier- und Simulationssoftware Robot Studio von ABB die geplanten Abläufe der Anlage simuliert. Schäfer zu den Gründen: „Die Software ist dafür ausgelegt, schon in der Konzeptionsphase eines Projektes mehrere alternative Lösungen zu visualisieren und zu bewerten. So ist es möglich, Roboterprogramme bereits vor der Auslieferung der Roboter und anderer Ausrüstung in Robot Studio realitätsgetreu zu testen und zu verifizieren.“ Ferner kann die Software in der Inbetriebnahmephase helfen, Programme an den realen Robotern zu optimieren. Der Anwender ist überdies in der Lage − bei laufender Produktion − Programme für neue oder geänderte Teile offline zu erstellen oder zu modifizieren, was Stillstandszeiten auf ein Minimum beschränkt.

Zunächst greift einer der Roboter ein Borosilicatglasrohr und der andere eine Glasfilterscheibe, die er in das Rohr hineinschiebt. Beide Roboter fahren das Werkstück synchron drehend an eine Formrolle heran, die eine Einschnürung in das vom CO2-Laser erwärmte Glas einarbeitet. Die Präzisions-Dreibackengreifer der Roboter, ausgelegt für rotationssymmetrische Glasbauteile, gleichen die Gegenbewegungen der Formrolle aus, die durch den Querdruck zur Achse sowie durch Stauch- und Ziehbewegungen entstehen.

Im folgenden Fügeprozess schmilzt der CO2-Laser die Glasfilterscheibe ein, die mit dem Glasrohr rotiert. „Für den Schmelzprozess sind höchstpräzise Roboter gefragt“, so Schäfer. Positionierten sie die Glasfilterscheibe nicht exakt im Glasrohr, käme es zu einem Fehler, der erst im späteren Einsatz auffallen würde.“ Wichtig ist auch der richtige Abstand des Glasrohrs zum Brennpunkt, um unbeherrschbare thermische Spannungen zu verhindern. Sollte die Leistung des Lasers, die variierbar ist, im Fokus dennoch zu hoch oder zu niedrig sein, verändern die Roboter ihren Abstand zum Brennpunkt. „Durch die Parametrierbarkeit der Laserquelle kann Robu die Filter mit einem einzigen Laser bei hoher Leistung im Borosilicatglas verschmelzen und in einem späteren Schritt die Außenwände der Glasfiltertiegel − ohne Mikrostrukturen zu zerstören − mit reduzierter Leistung beschriften. Dafür nutzt der Glasfiltergerätehersteller ein von Feha entwickeltes Mikroabtragverfahren.

Curland: „Da wir mehrere werkstückspezifische Greifer und Formrollen verwenden, sind wir in der Lage, Gläser mit verschiedenen Geometrien, Wanddicken, Rohraußen- und Innendurchmessern, Filterfeinheiten und Längen zu produzieren. Die thermischen und roboterspezifischen Prozesse werden jeweils darauf ausgerichtet.“ Zudem sind alle Prozessstufen parametrierbar und der Gesamtprozess lässt sich modular zusammenstellen und auf neue Produkte abstimmen. Überdies ist die Steuerungssoftware für den Bediener frei zugänglich. Er kann daher unterschiedliche Strahlbewegungen und für die ABB-Roboter wechselnde Gravurbilder eingeben. Die Anlage hat ihren Betrieb im Herbst 2013 aufgenommen. Curland geht von einer Amortisation innerhalb von drei Jahren aus. ee

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