Handhabungstechnik
Vakuum-Handhabungssysteme: Halten mit Luft
Mit Vakuum-Handhabungssystemen lassen sich sehr unterschiedliche Objekte anfassen und bewegen, wie beispielsweise Fässer, Blechzuschnitte, Kartonpackungen oder auch Betonblöcke. Kleinste Sauger haben eine Saugöffnung von nur einem Millimeter, große Gegenstände mit einer Masse von 40 000 Kilogramm können ebenfalls mit Vakuum umgesetzt und transportiert werden. Der Werkstoff der Greifobjekte spielt keine Rolle. Der Aufbau von Vakuum-Haltesystemen ist zudem mechanisch einfach und die Einbindung in Steuerungsabläufe macht keine Probleme. Neben einbaufertigen Modulen reicht der Spannbogen vom einfachen Saugergreifer für Roboter bis zum stationären Spannplatz.
Funktionseinheiten
Allgemein besteht das Bestreben darin, modulare Baueinheiten zu schaffen, die sich vielseitig kombinieren lassen, um möglichst unterschiedlichen Anwendungen genügen zu können. Das in Bild 1 gezeigte Modul besteht aus Sauger, Befestigungswinkel und einem Federstößel zum Ausgleich von Höhendifferenzen an der Greifobjektoberfläche. Zur Erhaltung des Vakuums durch Reduzierung des Volumenstroms einzelner Sauger ist ein Strömungswiderstand zwischen Federstößel und Sauger bereits eingebaut. Solche Saugermodule werden oft in der Blechteilhandhabung, an Holzbearbeitungsmaschinen und in der Möbelindustrie eingesetzt.
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Eine praktische Ausführung ist auch der in Bild 2 dargestellte Inline-Ejektor zur Sauglufterzeugung. Das Prinzip ist einfach und enthält keine beweglichen Elemente. Er ist kostengünstig, wartungs- und verschleißfrei. Die Druckluft strömt in den Ejektor ein und wird dann an der Venturidüse eingeschnürt. Die auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigte Druckluft (gefiltert und schmiermittelfrei) mischt sich mit der angesaugten Luft und wird seitlich in die Atmosphäre abgegeben. Vor der Empfängerdüse entsteht ein Sog. Das bewirkt am Vakuumanschluss einen negativen Überdruck. Eine Venturidüse erzeugt etwa 0,75 bar bei einem Versorgungsdruck von 3,5 bar.
In der Kombination von Inline-Ejektor, Grundplatte und Scheibensauger ergibt sich ein Vakuumgreifkopf mit denkbar einfachem Aufbau, wie er in Bild 3 gezeigt wird. Die Bauform ist nur wenig sperrig, die Störkontur ist klein. Die Ejektoren lassen sich zwecks Reinigung übrigens auch zerlegen.
Es geht auch anders
Die Idee geht auf Daniel Bernoulli zurück. Der Schweizer Mathematiker lebte von 1700 bis 1782. Er fand heraus, dass der Druck in einem fließenden Fluid umso mehr abnimmt, je schneller die Strömung wird. Die Gesamtenergie ist über den ganzen Strömungsweg konstant. Daraus ergibt sich, dass eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit immer von einem geringeren Druck begleitet wird. So entsteht eine Druckdifferenz, die man für das berührungslose Greifen nutzen kann. Man bezeichnet dieses physikalische Phänomen als Anströmparadoxon. Das Bild 4 zeigt einen derartigen Greifer. Der Speisedruck für ungeölte Druckluft liegt im Bereich von 1 bis 7 bar. Der Greifer ist lebensmitteltauglich und kann zum Beispiel schokoladierte Kekse erfassen und transportieren, ohne dass Spuren auf dem Greifobjekt verbleiben. Die Funktion ist unabhängig von der Oberfläche und sie wäre auch in Flüssigkeiten gegeben. Weil keine beweglichen Teile im Spiel sind, ist der Bernoulligreifer auch wartungsfrei. Die Haltekräfte sind allerdings nicht sehr hoch (0,9 bis 6 Newton), abhängig von Druck und Durchmesser. Der Greifer ist relativ ungenau in der Position und schlupfbehaftet.
Stationäre Spanneinrichtung
Spannen mit Vakuum kann auch an Bearbeitungsplätzen ein praktisches Haltesystem ergeben, z.B. in Form des in Bild 5 gezeigten Spanntisches. An Handarbeitsplätzen ist die Tischebene dann noch in mehreren Achsen neigbar, um eine ergonomisch günstige Körperhaltung möglich zu machen. Im Bild wird eine Variante der Steuerung gezeigt. Jeder Scheibensauger ist hier über ein Strömungsventil angeschlossen. Beim Aufsetzen von Plattenmaterial schaltet sich das Saugerfeld selbsttätig ein. Bei nicht belegten Saugern schaltet das Strömungsventil den jeweiligen Volumenstrom ab. Das ist nicht nur eine Vereinfachung der Handhabung, sondern dient auch zur Sicherung des Vakuumkreises. Für das Abnehmen genügt ein Druckluftstoß. Es kann aber auch günstig sein, wenn das Werkstück zunächst aufgelegt, dann sorgfältig ausgerichtet und zuletzt per Handschalter gespannt wird.
Das Gebiet der Vakuumspannvorrichtungen ist natürlich wesentlich umfangreicher, denn das Halten mit Saugluft spielt auch an Bearbeitungsmaschinen eine wichtige Rolle als durchaus flexibles Aufspannmittel. Es gibt sogar Drehfutter, die die Teile mit Vakuum halten. Der Bedarf an Vakuumspannern ist angestiegen, weil Werkstücke aus Leichtmetalllegierungen und Faserverbundwerkstoffen zunehmend eingesetzt werden und magnetisch nicht spannbar sind. Die flächenförmige Krafteinbringung begünstig besonders das Spannen von verformungs- und schwingungsempfindlichen Bauteilen. he