Marktanalyse
Wie KI die Arbeitswelt verändert
Durch Künstliche Intelligenz und Automatisierung verändert sich der Arbeitsalltag und damit auch der Mensch. Welchen Einfluss die Digitalisierung auf den Menschen hat und welche Fähigkeiten und Kompetenzen an Bedeutung gewinnen werden, zeigt eine aktuelle Studie.
Dass sich durch die digitale Transformation auch der Arbeitsalltag ändern wird, ist keine große Neuigkeit. Dass sich die Kompetenz der Angestellten den neuen Gegebenheiten anpassen muss, ist ebenfalls bekannt. Doch was passiert eigentlich mit den Menschen auf persönlicher Ebene? Wie werden sich die Fertigkeiten verändern?
Technologische Kompetenz gefragter als händische Fähigkeiten
Diesen Fragen widmet sich die aktuelle Studie „Shift skills – Automation and the future of the workforce“, welche das McKinsey Global Institute (MGI), die Forschungseinrichtung der gleichnamigen Unternehmensberatung, Ende Mai veröffentlicht hat. Erstmals wurde darin quantifiziert, welchen Effekt der Einsatz neuer Technologien auf die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten hat. Untersucht wurden exemplarisch fünf Branchen: Banken und Versicherungen, Energie, Gesundheit, verarbeitende Industrie sowie Handel. Im Mittelpunkt der Untersuchung standen neben Deutschland auch die USA, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien.
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Bis zum Jahr 2030 wird der Anteil der Arbeit, der technisches Wissen voraussetzt, um bis zu 55 Prozent ansteigen, händische oder motorische Fertigkeiten werden immer weniger benötigt werden (–14 Prozent). Gleichzeitig gewinnen soziale und emotionale Kompetenzen an Bedeutung. Der Anteil der Arbeitszeit, der diese Fähigkeiten erfordert, wird bis zum Jahr 2030 um rund 24 Prozent zunehmen. So lassen sich die zentralen Ergebnisse der Studie zusammenfassen.
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Der Rückgang der Arbeitszeit, die auf rein händische Fähigkeiten entfällt, wird demnach in Deutschland bis zum Jahr 2030 um 22 Prozent zurückgehen. Das ist laut Studie ein deutlicherer Rückgang als in den anderen Ländern. Anna Wiesinger, Ko-Autorin der Studie, erklärt das Ergebnis: „Grund dafür ist, dass Stellen vor allem im verarbeitenden Gewerbe immer weniger physische Kraft und händisches Steuern von Maschinen erfordern werden.“ Die technologischen Fähigkeiten der Arbeiter in Deutschland seien im internationalen Vergleich schon heute vergleichsweise hoch, erläutert Wiesinger weiter. Die Studie zeigt: Deutschland liegt gegenwärtig mit einem Anteil von 14 Prozent der Arbeitszeit, die auf technologische Expertise entfällt, vor den USA und Frankreich mit je 11 Prozent oder Großbritannien mit 12 Prozent. Bis zum Jahr 2030 wird sich dieser Anteil in Deutschland auf 19 Prozent erhöhen. Zu den untersuchten Fähigkeiten zählen IT-Expertise, Programmier- und Analysekenntnisse sowie wissenschaftliche Forschungs- und technische Designfähigkeit. Wiesinger: „Deutschland baut den Schwerpunkt auf Technologiefähigkeiten aus.“
Soziale und emotionale Kompetenz gewinnen an Bedeutung
Die Studie zeigt, dass durch Automatisierung und künstliche Intelligenz andere Fähigkeiten an Bedeutung gewinnen werden. So wird in Deutschland der Anteil an Arbeitszeit, der soziale und emotionale Fähigkeiten voraussetzt, um knapp ein Viertel auf dann 20 Prozent zunehmen. Konkret heißt das: Auch in Zeiten der Digitalisierung gewinnen Kommunikations- und Verhandlungsgeschick, Empathie und Führungsvermögen weiter an Bedeutung. Die MGI-Analyse sagt insgesamt eine durch Automatisierung weiter zunehmende Nachfrage nach Arbeitnehmern voraus, doch diese Fachkräfte sind bereits heute knapp verfügbar.
Der Gesundheitssektor nimmt im internationalen Branchenvergleich eine Sonderrolle ein. Wiesinger: „Der Gesundheitsbereich ist der einzige Sektor, in dem auch die Nachfrage nach körperlichen und händischen Fähigkeiten weiter steigt, weltweit um ca. fünf Millionen Arbeitskräfte.“ Dies liege vor allem an dem demografisch bedingten steigenden Bedarf an Krankenschwestern, Pflegern oder Physiotherapeuten. In der Finanzbranche ist mit einer weitreichenden Automatisierung von Verwaltungstätigkeiten zu rechnen. Ähnlich das Bild im Handel: Automatisierung von unterstützenden administrativen Tätigkeiten, dafür mehr Kundeninteraktion.
Mitarbeiterqualifizierung wird zum Wettbewerbsvorteil
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen laut der Studie ihre Mitarbeiter gezielt aus- und weiterbilden. „Jeder dritte Top-Manager fürchtet, dass fehlende Fähigkeiten in der Belegschaft direkte negative Auswirkungen auf die Geschäftsbilanz haben können“, erläutert Wiesinger die Ergebnisse einer Befragung von 3.000 Vorständen in sieben Ländern. Jeder vierte Befragte äußert die Sorge, dass Wachstumsziele verfehlt werden. Auf die Frage nach den wichtigsten Veränderungen von Organisationsstrukturen in den nächsten Jahren nennt ein Viertel die Einführung und Förderung breiterer Trainingsangebote für Angestellte. Wiesinger: „Die Kernaufgabe wird es daher sein, Mitarbeiter schnell genug mit Fähigkeiten für die Zukunft auszustatten.“ Das viel zitierte lebenslange Lernen werde immer wichtiger.
Nach Unterlagen von McKinsey / ag