Automatisierungszelle am Stahlwerker-Arbeitsplatz.
Mehr Ergonomie an der Schmelze
Ein Stahlwerk in Südeuropa realisierte ein Automatisierungsprojekt, um die harten Arbeitsbedingungen für die Werker an der Schmelze zu verbessern. Wesentliche Komponenten der Roboterzelle sind Greifer und Zentrierstation von IPR für die Probenentnahme.
Extreme Hitze und Schmutz sind die harten Bedingungen in einem Stahlwerk. In dieser rauen Umgebung ziehen Werker – bisher meist händisch – Material- und Temperaturproben, um eine hohe Produktqualität zu gewährleisten. Konkret wird mit Hilfsmitteln eine Probe aus der Schmelze, die 1.600 Grad Celsius heißen Rohstahl führt, entnommen. Diese Arbeitssituation will jetzt ein Stahlwerk in Südeuropa verbessern, indem künftig der Prozess der Probenentnahmen über Roboter und Greifer gesteuert wird. Der beauftragte Anlagenbauer SMS Mevac kennt die damit verbundenen Anforderungen und setzt daher eine Automatisierungszelle von IPR (Intelligente Peripherien für Roboter) ein. Sie übernimmt die körperlich belastende Handarbeit der Stahlwerker und verbessert so die Ergonomie am Arbeitsplatz entscheidend.
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Um sich vor Temperaturen um 1.600 Grad Celsius zu schützen, sind die Mitarbeiter für die Probenentnahme bisher mit speziellen Schutzanzügen ausgerüstet und handhaben die rund ein Meter langen Messsonden zusätzlich an einer langen metallenen Lanze. Eine Arbeitssituation, die ergonomisch extrem belastend ist durch die Arbeitskleidung bei großer Hitze und das Tragen und Bewegen des Stabs am ausgestreckten Arm.
SMS Mevac aus Essen erhielt den Auftrag, eine ergonomisch deutlich verbesserte Robotiklösung zu entwickeln. Das Unternehmen hat sich als Engineeringunternehmen auf Stahlwerke spezialisiert. Es bietet seinen Kunden sowohl Ingenieurdienstleistungen und Ausrüstungslieferung als auch deren Montage und Inbetriebnahme sowie Schulungen und Kundendienst. Mittels eines speziell für hohe Temperaturen ausgerüsteten IPR-Greifers holt der Roboter in einem Magazinschrank gelagerte Temperatur- oder Material-Messsonden ab. Diese sind allerdings viel zu kurz, um direkt in die Pfanne einzutauchen. Daher kommt zusätzlich eine Lanzenverfahreinheit aus Metall zum Einsatz. Mit rund zehn Metern hat sie eine Länge, die eine Probeentnahme des heißen Roheisens möglich macht. Da die Lanzenverfahreinheit für die Durchführung der weiteren Prozesse zu ungenau verfahren würde, muss sie in einer Zentrierstation ausgerichtet werden, die IPR speziell für die extreme Umgebung in einem Stahlwerk entwickelt hat. Nachdem sie dort ihre exakte Position erhält, wird ihr mit einer definierten Kraft von 100 Kilogramm durch den Robotikgreifer die Messsonde aufgezogen. Anschließend kann diese Einheit zielgenau in die Schmelze eintauchen, um die Probe zu entnehmen.
Auch beim Ausfahren positioniert sie sich in der Zentrierstation für eine exakte Ausrichtung, und eine darin integrierte Stickstoffstation löscht die Flammen der Messsonde, die aus einem schwer entflammbaren Papprohr und einem nicht brennbaren Sandkern besteht. Abschließend wird die Messsonde durch den Robotik-Greifer in einen Abwurfschacht platziert. Hier legt ein Werker die darin enthaltene Materialprobe frei und verschickt sie per Rohrpost an das Labor. Die Zelle steht fest verschraubt auf einem Metallrahmen – eine Bauweise, die die Installationszeit beim Stahlwerk vor Ort herabsetzt. Denn bereits in der Testsituation der Automatisierungseinheit bei IPR in Eppingen lässt sich im Vorfeld alles genau programmieren. Ist die Zelle ausgeliefert und aufgebaut, kann sie schnell in Betrieb genommen werden.
Seit 28 Jahren ist IPR auf die Entwicklung und Herstellung von Produkten rund um Industrieroboter spezialisiert. Neben einem breiten Angebot an pneumatischen, elektrischen und hydraulischen Komponenten und Applikationen sorgt das Unternehmen mit seinen Automatisierungslösungen für reibungslose Abläufe in der Montage-, Handhabungstechnik sowie bei Be- und Entladungseinheiten. Von der ersten Projektanfrage im Herbst 2016 bis zur Realisierung und Inbetriebnahme der Automatisierungszelle für Probeentnahmen im Stahlwerk vergingen acht Monate; diese schnelle Durchführung des Projekts gelang dank der produktiven Kooperation zwischen SMS Mevac und IPR reibungslos.
pb