Handhabung von Mikrobauteilen

Andreas Mühlbauer,

Kontaktverhalten zwischen Geckofolie und Mikrokugeln

Sphärische Mikrostrukturen mit Greifern zu handhaben ist schwierig, da die Mikrobauteile leicht beschädigt werden, wenn zu große Kräfte wirken, sich unter Umständen aber auch nicht vom Greifer lösen. Mittels einer Simulation lassen sich die benötigten Kräfte für spezielle Greifer bestimmen.

Lichtmikroskopie eines Schnitts durch die Geckofolie. © bime

Die Handhabung von Mikrobauteilen stellt nach wie vor eine Herausforderung in der Handhabungstechnologie dar. Insbesondere sphärische Geometrien erschweren das Greifen, da bei einer imperfekten Anpassung an die Größe der Kugel diese nur punktförmig in Kontakt mit dem Greifer tritt. Dadurch kommt es zu hohen Flächenpressungen, die das Risiko einer Beschädigung noch weiter erhöhen. Zudem weisen Mikrobauteile im Vergleich zu ihrem Volumen eine große Oberfläche auf. Dies kann dazu führen, dass ihre Gewichtskraft nicht ausreicht, um die Adhäsionskräfte zu überwinden, und sie sich somit nicht vom Greifer lösen. Daher wird im Bereich der Mikrohandhabung nach geeigneten Alternativen zu herkömmlichen Greifern geforscht. Eine Möglichkeit, diese Hindernisse zu umgehen, ist die Verwendung adhäsiver Greifer. In diesem Bereich gibt es seit der Jahrtausendwende große Fortschritte in der Bionik, die versucht, die adhäsiven Mikrostrukturen von Lebewesen zu imitieren. Eine Untergruppe dieser Strukturen sind die pilzkopfförmigen, adhäsiven Mikrostrukturen, die ihre Inspiration in den Haftorganen von Käfern haben. Im Gegensatz zu herkömmlichen adhäsiven Produkten handelt es sich dabei nicht um Klebstoffe im ursprünglichen Sinn, da sie vollkommen ohne physikalisches Abbinden oder chemisches Aushärten auskommen. Basierend auf dieser Technologie existieren kommerzielle Produkte, die oft vereinfacht als Geckofolie bezeichnet werden.

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Die Nutzung von Geckofolie zum Greifen von Mikrokugeln reduziert die Gefahr von Beschädigungen, birgt jedoch gleichzeitig neue Herausforderungen. Durch die sphärische Form kann nicht wie bei einem flächigen Bauteil die Anzahl der haftenden Mikrostrukturen aus der Kontaktfläche zwischen Geckofolie und Bauteil ermittelt werden. Die Kraft, bei der sich die Mikrokugel von der Geckofolie löst, ist jedoch für die Auslegung eines Handhabungssystems essenziell. Einerseits soll die Kugel sicher gehalten und transportiert werden, andererseits muss sie aber auch wieder gelöst werden können. Um schon vor der Entwicklung eines Greifers Erkenntnisse über seine Eignung im Hinblick auf diese Kriterien zu erlangen, wird ein Modell des Systems aus Mikrokugel und Mikrostruktur benötigt, mit dem sich das Kontaktverhalten zwischen Mikrostrukturen und Mikrokugeln vorhersagen lässt.

Versuchsaufbau zum definierten Eindrücken von Mikrokugeln in Geckofolie. © bime

Simulation bestimmt die benötigte Kraft

Ein am bime entwickeltes Simulationsmodell ermöglicht die Berechnung der Kraft, die benötigt wird, um Mikrokugeln unterschiedlicher Größen von einer Geckofolie zu lösen. Zudem lässt sich die benötigte Eindrückkraft ermitteln, ab der die maximale Haftkraft erreicht wird. Die Simulation basiert auf der Modellierung der pilzkopfförmigen Haftelemente als voneinander unabhängige Federn.

Eine Validierung kann durch einen Vergleich der Simulationsergebnisse mit experimentellen Beobachtungen erfolgen. Für diesen Zweck wird ein Versuchsaufbau konstruiert, mit dem die Anzahl der haftenden Elemente bei definierter Eindringtiefe ermittelt werden kann. Das Funktionsprinzip des Aufbaus ist die Beobachtung der pilzkopfförmigen Mikrostruktur, während sie im Kontakt mit einer Mikrokugel ist. Dabei können haftende und nicht haftende Pilzköpfe anhand ihrer Form und Helligkeit unterschieden werden. Diese sind zum einen durch die Änderung des Brechungsindex an der Grenzfläche zwischen Kugel und Pilzkopf und zum anderen durch die Dehnung, Stauchung und Biegung der Haftelemente bedingt. Der Vergleich der Simulationsergebnisse mit den am Versuchsaufbau vorgenommenen Messungen zeigt eine gute Übereinstimmung im Hinblick auf die Anzahl der im Gleichgewichtzustand anhaftenden Elemente der Mikrostruktur. Dabei zeigt sich auch, dass eine Erhöhung der Eindrückkraft ab einem je nach Kugelgröße unterschiedlichem Grenzwert zu keiner weiteren Erhöhung der benötigten Ablösekraft führt.

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