Zerspanen
Kennt man eine, kennt man alle
Matchmaker+
Anbieter zu den Themen im Artikel
Themen im Artikel
Kommt er – oder kommt er nicht? Jeder Flugreisende, der schon einmal auf sein Reisegepäck gewartet hat, kennt das erleichterte Gefühl, wenn das eigene Gepäckstück endlich auf dem Band auftaucht. Dass die Gepäckstücke in den Innenwelten der Flughäfen auf die richtige Bahn gelenkt werden, daran hat auch die Allar Zerspanungstechnik in Neuwied ihren Anteil. Denn das Unternehmen, das sich auf die Bearbeitung von Kunststoffen spezialisiert hat, fertigt unter anderem auch Weichen für die Gepäcktransportanlagen in Flughäfen.
Gegründet wurde die Allar Zerspanungstechnik GmbH & Co. KG von Willi Allar, der sich 1994 im Rahmen eines Management-Buy-Out gemeinsam mit vier Mitarbeitern selbstständig machte. Heute produzieren 26 Mitarbeiter in den zwei Hallen in Neuwied (bei Koblenz) in zwei Schichten Präzisionsteile aus Kunststoff für alle Bereiche der Industrie. „Unser Kundenkreis reicht von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Abfüllanlagenhersteller und Medizintechnik über die Schwerindustrie, Kranbau und Logistikbranche bis zur Verpackungsindustrie“, erklärt Fertigungsleiter Frank von Schwartzenberg, der seit 1995 bei dem Kunststoff-Zerspaner arbeitet und die Materie aus dem FF kennt. Gefertigt wird in Losgrößen von eins bis zu 1.500 Stück. Von Schwartzenberg: „Bei höheren Stückzahlen kommt dann meist Spritzguss zum Zug, da rechnet sich die Kunststoffbearbeitung nicht mehr.“
Spannung in der Nische
Konstruktionsbauteile aus technischen Kunststoffen zeichnen sich gegenüber herkömmlichen Werkstoffen durch zahlreiche vorteilhafte Eigenschaften aus - unter anderem durch geringes spezifisches Gewicht, Verschleißfestigkeit und Beständigkeit gegen Korrosion und Chemikalien. „Daher lassen sich mit Bauteilen aus Kunststoff häufig bessere Ergebnisse als mit anderen Werkstoffen erzielen“, erklärt der Fertigungsleiter. „Die meisten Kunststoffe können auch in der Lebensmittelindustrie und in der Medizin eingesetzt werden. Außerdem bieten sie die Möglichkeit, durch Beimischung von verschiedenen Stoffen die Gleiteigenschaften wesentlich zu verbessern. Bearbeitet werden bei Allar technische Kunststoffe aller Couleur bis hin zu mit Kohlefaser oder Glasfaser verstärkten Hochleistungskunststoffen. Doch das Spanen von Kunststoffen ist kein Kinderspiel: Vor allem die Spanbildung, aber auch der Wärmeeintrag, die elektrostatische Aufladung, die Duktilität des Werkstoffs sowie Spannungen im Werkstoff und vieles mehr sind dabei zu beachten. Von Schwartzenberg: „Kunststoffbearbeitung ist eine Nische, da gibt es nicht so viele Anbieter. Da ist entsprechendes Know-how gefordert.“ Spezielle Kunststoffwerkzeuge sind allerdings nicht notwendig, Allar greift hier auf Werkzeuge zur Aluminium- und Holzbearbeitung zurück. „Wichtig ist dabei vor allem die Kantenschärfe“ verrät von Schwartzenberg, „beschichtete Werkzeuge kommen daher nicht in Frage.“
Bei den Maschinen setzt Allar seit Jahren vor allem auf Werkzeugmaschinen von Haas Automation. Derzeit sind 15 Haas-Maschinen bei dem Kunststoffbearbeiter im Einsatz: vier VF4, davon zwei SS, vier VF2 sowie eine VF3, eine VF6, eine MDC 500 und eine Drehmaschine SL 30. Frank von Schwartzenberg: „Eine der VF4 SS ist als 5-Achs-Maschine ausgerüstet, die anderen sind teils 4-Achsmaschinen, so dass ein Rundtisch genutzt werden kann.“
Abgerundet wird der Haas-Maschinenpark durch vier Minimill. Diese werden bei Allar auf Grund ihres Gewichtes von unter einer Tonne und dem geschweißten Bett auch als Beistell-Maschinen eingesetzt. „Das kommt häufig vor, dass die Maschinen mit dem Hubwagen neben eine Drehmaschine platziert werden, um dann als Beistell-Maschine mit Rundtisch zu arbeiten. Da wird nur noch geschaut, dass sie gerade steht und los geht’s. Ich kenne keine vergleichbare Maschine, mit der man das so machen kann.“
Schneller Service, einfache Wartung
Neben den Haas-Maschinen stehen in den Hallen noch einige Maschinen anderer Hersteller, ausgerüstet mit Bosch- und Heidenhain-Steuerungen. Für die Dominanz der Haas-Maschinen sprechen aber etliche Gründe, wie Fertigungsleiter von Schwartzenberg erläutert: „Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr attraktiv, die Steuerung ist einfach zu erlernen, die Zuverlässigkeit hoch, die Wartung einfach und der Service schnell und effizient. Da passt einfach alles.“
Als Allar Mitte der 90er Jahre die ersten drei Haas-Maschinen kaufte, wurden die zudem im Bundle mit dem CAD-/CAM-System Vector von Centriforce vertrieben. „Von Anfang an hat sich das für uns als sehr effektive und einfach zu erlernende Lösung erwiesen, und seit einem Jahr arbeiten wir mit der 3D-Version“, erklärt von Schwartzenberg.
Steuerung mit Heimvorteil
Sehr einfach zu bedienen und zu erlernen sei auch die Haas-eigene Steuerung, wie der Fertigungsleiter betont: „Wir haben von der großen Maschine mit fünf Achsen bis zur kleinen Maschine mit drei Achsen dieselbe Steuerung. Gleichgültig, welche Maschinengröße bedient oder programmiert werden soll – die Programme sind von den großen auf kleine Maschinen übertragbar und umgekehrt. Das bedeutet für uns natürlich eine sehr hohe Flexibilität. Denn dadurch ist das Personal nicht maschinengebunden, sondern kann an jeder Maschine eingesetzt werden. Das ist ein immens großer Vorteil.“ Selbst die Steuerung an der Drehmaschine ist mit denen der Fräsmaschinen prinzipiell identisch. Allerdings entstehen beim Drehen von Kunststoff erhebliche Fliessspäne, „was eine Menge Know-how des Programmierers voraussetzt“, sagt von Schwartzenberg. „Aber im Grunde kann jeder Fräser, der an einer Haas-Fräsmaschine gearbeitet hat, auch an einer Haas-Drehmaschine drehen. Man fühlt sich sofort zuhause.“
Obwohl es sich bei der Haas-Steuerung um eine relativ einfache ISO-Steuerung handelt, werden auf ihr bei Allar auch hochkomplexe Teile effizient gefertigt. Die Programmierung erfolgt dabei durch die Facharbeiter im CAD-/CAM-System. Bei dem Kunststoffbearbeiter wird nach dem Einrichterprinzip gearbeitet, das heißt ein gewisser Anteil des Personals sind gelernte Facharbeiter, die die Maschinen selbstständig einrichten und auch die Programme am CAD-/CAM-System schreiben, während der andere Teil des Personals sich aus Maschinenbedienern zusammensetzt, die von Maschine zu Maschine wechseln. Daher sei es wichtig, dass überall dieselbe Steuerung im Einsatz sei, so dass auch ein Bediener mal selbstständig eine Werkzeugkorrektur machen könne.
„Im Vergleich zu unseren Heidenhain- oder Bosch-Steuerungen, die wir auch im Hause haben, sind die Haas-Steuerungen kinderleicht zu bedienen und die ISO-Programme wesentlich kürzer und übersichtlicher“, vergleicht von Schwartzenberg, „und auch hochkomplexe Teile lassen sich damit fertigen. Für unsere Zwecke ist diese Art der Programmierung optimal.“
Ebenfalls gelobt wird von dem Fertigungsleiter die „ein-Schaltschrank-für-alle-Modelle-Strategie“ von Haas. Denn wenn ein Fehler bei einer der 15 Maschinen auftritt, ist er auf den anderen Maschinen reproduzierbar. „Wenn wir den Fehler an der einen Maschine kennen, kennen wir ihn an allen“, erklärt von Schwartzenberg. „das ist ein Vorteil, den wir nicht mehr missen möchten.“ Nicht missen möchte er auch die Qualität des Haas-Services: „Wenn es mal zu einem Maschinenstillstand kommt, ist der Service innerhalb von einem Tag da und genauso schnell wieder weg. Auch das ist ein gewaltiger Vorteil. Bei anderen Maschinenherstellern kann es passieren, dass man zwei Tage auf den Monteur wartet, der dann zwei oder drei Tage im Haus ist. Da fehlt uns nachher eine ganze Woche in der Produktion.“
Gleicher Aufbau - Einfache Selbsthilfe
Betreut wird Allar Zerspanungstechnik von dem Haas-Händler Katzenmeier Maschinenservice GmbH in Darmstadt. Doch auch das Selbst-Handanlegen ist bei den Haas-Maschinen kein Problem, wie von Schwartzenberg betont. Wer mehrere Haas habe und auch öfter mal selbst Wartung oder Reparatur durchführe, der kenne sich an jeder aus. „Das ist wie früher beim Käfer wenn man die Motorhaube aufmachte – man weiß sofort, wo was ist, und muss nicht jedes Mal suchen und neu anfangen. Wenn man mehrere Maschinentypen hat, dann ist das immer ein Problem. Aber so können wir uns meist selbst helfen, was auf jeden Fall ein weiterer großer Vorteil ist. Und die Ersatzteilversorgung ist bombastisch“, betont der Fertigungsleiter: „heute anrufen, morgen ist das Teil da – in 15 Jahren noch nie anders erlebt.“
Also rundum zufrieden? Erst auf mehrmaliges Nachfragen fällt Frank von Schwartzenberg doch noch ein Kritikpunkt an den Haas-Maschinen ein: „Mein Wunsch an Haas wäre eine preiswerte Netzwerkanbindung. Eigentlich ist es heute Usus, dass eine CNC-Maschine ans Firmennetzwerk angeschlossen wird. Doch die LAN-Anbindung für eine Haas-Maschine kostet einen 4-stelligen Euro-Betrag, während eine LAN-Karte für den PC keine 15 Euro kostet. Deshalb haben wir das bisher nicht realisiert, sondern spielen die Programme über Disketten oder USB-Sticks ein, was auch einwandfrei funktioniert. Aber es wäre einfacher und schneller, wenn wir das über LAN machen könnten.“