Zerspanen

HSK-Spannung leicht gemacht

Vorbei sind die Zeiten, da Automatikspannsätze aufwändig von zwei Seiten verschraubt werden mussten. Denn die Spanntechnik-Spezialisten von SiGMA haben eine HSK-Spannpatrone entwickelt, die komplett vorgespannt von vorne montiert werden kann. Neben einer extrem kurzen Montagezeit glänzt diese Lösung durch besonders hohe Spannkraft und Wuchtgüte.
Sigma baut die ASS Automatikspanner in den Größen HSK 25 bis HSK 100 in Standard-, Präzisions- und Sonderausführung. Außerdem gibt es eine Flansch- und eine Direkteinbauvariante.

Um das Zerspanwerkzeug mit der Spindel zu verbinden, sind heutzutage verschiedene Schnittstellen verfügbar. Es gibt noch immer Steilkegel in unterschiedlichen Größen, die zwar lange Zeit dominierend waren, aber inzwischen eher als Auslaufmodelle gelten. Zumindest in der Großserienfertigung haben ihnen Hohlschaftkegel (HSK) den Rang abgelaufen. Der HSK ist vom Aufbau her genauer und steifer - "einfach eine Klasse besser", sagt Josef Reinauer, Gründer und Geschäftsführer der Sigma Spanntechnik GmbH. Er zählt zu den Spezialisten auf dem Gebiet Werkzeugspanntechnik und ganz besonders für den HSK. Schließlich gehört er mit zu den Erfindern dieser Technik und hat vor 20 Jahren die Entwicklung und Normierung des HSK wesentlich vorangetrieben. Heute ist Josef Reinauer mit seiner Firma als unabhängiger Entwickler von Spannsystemen für die Holz- und Metallzerspanung tätig und bedient namhafte Werkzeug- und Spindelhersteller mit Sonderentwicklungen rund um den HSK. Eines seiner Spezialgebiete sind HSK-Spanner in manueller und seit kurzem auch automatischer Ausführung. Josef Reinauer erklärt: "Beim Thema Automatikspanner waren wir lange Zeit sehr zurückhaltend, da der Markt gut besetzt ist. Dann kam uns aber die Idee zu einem Automatikspannsatz, der einerseits konstruktiv bedingt höhere Spannkräfte als üblich aufweist und andererseits als Patronensystem fix und fertig voreingestellt in kürzester Zeit montiert werden kann." Aus der Idee entwickelte der praxisorientierte Tüftler mit seinem Team ein ausgereiftes Produkt, das sein Unternehmen mit Unterstützung diverser Zulieferanten selbst produziert und unter der Produktbezeichnung ASS in verschiedenen Größen und Ausführungen an Spindelhersteller und Werkzeugmaschinenbauer vertreibt.

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Voreingestellte Patrone ist in Minutenschnelle montiert

Der HSK-Spannsatz und vor allem die Ausführung als Spannpatrone unterscheiden sich von herkömmlichen Lösungen in entscheidenden Punkten. Der wichtigste Vorteil vorneweg: Konventionelle Automatikspanner sind so aufgebaut, dass die Zange und andere Komponenten von vorne in die Spindel eingebracht werden. Von der Spindelrückseite aus wird die Zugstange mit den Tellerfedern oder einer Röhrs-Feder ergänzt, die für die automatische Spannung zuständig sind. Das Federpaket wird mit Druck gespannt und dann mit dem Spannsatz verschraubt. Dabei müssen die Spannkraft und das Ausstoßmaß eingestellt werden. Der gesamte Vorgang ist aufwändig. Das gilt auch für den Reparaturfall. Sollte ein Schaden am Spanner auftreten, muss der Anwender erst hinten die komplette Löseeinheit mit Drehzuführung und die Zugstange abmontieren, bevor er vorne den Kolben löst und den Spanner entfernen und Reparieren kann. Bei dem Sigma HSK-Automatikspanner, den es als kompakte Patrone gibt, stellt sich der Vorgang wesentlich einfacher dar. Diese HSK-Spannpatrone ist nämlich bereits fertig vormontiert und Spannkraft sowie Ausstoßmaß eingestellt. Sie lässt sich komplett von vorne in die Spindel einführen, montieren und wieder demontieren. Das ist so einfach, dass sogar der Endanwender selbst Hand anlegen und innerhalb weniger Minuten einen neuen Spannsatz in seine Maschine montieren könnte. Bei herkömmlichen Systemen ist ein Servicemitarbeiter des Spindelherstellers mit Sicherheit eine halbe Stunde beschäftigt.

Drahtgeschnittene Zange sorgt für hohe Einzugskraft

Ein besonderer Vorteil des ASS HSK-Spannsatzes liegt in seiner hohen Spann- und geringen Lösekraft, auf die Josef Reinauer ein großes Augenmerk gelegt hat: "Durch die gewählten Konstruktionsmaße haben wir es geschafft, eine Kraftverstärkung um Faktor 7 zu erreichen und nicht - wie viele andere - nur einen Faktor von etwa 3,5. Dadurch können wir unsere Federpakete wesentlich schwächer auslegen und trotzdem große Spannkräfte erreichen. Das wirkt sich unter anderem auf die geringere Baugröße unseres Spannsatzes aus." Verantwortliches Kernelement dieser SiGMA-Entwicklung ist die achtgliedrige Spannzange. Ihre Glieder werden aus einem bereits fertig wärmebehandelten Drehling durch Drahtschneiden erzeugt, wodurch kaum Schlitzverluste entstehen. Die Zange bleibt großvolumig und weist einen maximalen Materialquerschnitt auf, der wiederum eine wichtige Basis für eine hohe übertragbare Spannkraft ist. Josef Reinauer weiß aus seiner langjährigen Erfahrung, dass es zwar Fälle gibt, in denen keine hohen Kräfte gewünscht werden, "zum Beispiel bei leichter Bearbeitung mit einer schwachen Spindel. Aber den HSK-Spanner so zu modifizieren, dass die Haltekräfte schwächer sind, ist kein Problem. Wenn der Anwender jedoch eine massive, kräftige Spindel hat und beispielsweise ein 40 kg schweres Werkzeug einspannen will, dann ist größtmögliche Einzugskraft notwendig. Mit unserem ASS HSK50-Spannsatz können wir die von Kunden gefordert 23 kN bieten." Josef Reinauer hat sich sowohl die Kontur der Spannzange als auch die Herstellungsweise schützen lassen. Denn darin liegt ein großer Teil des Erfolgsgeheimnisses des HSK-Automatikspannsatzes. Der Schnitt ist v-förmig, und die Zangenelemente werden unten durch ein kleines Kunststoffgelenk verbunden, so dass sie sich fürs Schließen und Öffnen der Zange zusammen- und auseinanderbewegen können - was letztendlich für die Aufnahme des Werkzeugs notwendig ist. Das Gelenk fungiert außerdem als Abstandshalter zwischen den Zangenelementen, damit eine gleichmäßige Verteilung gewährleistet ist. So ist der Spanner als Ganzes rotationssymmetrisch und erreicht eine sehr hohe Wuchtgüte. Laut Entwickler Reinauer wurde die Wuchtgüte mehrfach getestet: "Wir haben Spindeln mit und ohne unseren ASS-Spanner gemessen. Tatsächlich konnten wir keinen entscheidenden Unterschied feststellen. Sie lief in beiden Fällen nahezu schwingungsfrei."

Konzentrische Fertigung von einer Seite

Zur hohen Rundlaufgenauigkeit und Wuchtgüte des HSK-Spannsatzes beziehungsweise der gesamten Spannpatrone trägt die absolut konzentrische Fertigung bei. Die Entwickler haben darauf geachtet, dass alle Bohrungen, Passungen und Sitze von einer Seite in einer Aufspannung gefertigt werden können. Das spart Zeit und erhöht die Genauigkeit. Dieser Vorteil gilt gleichermaßen für die Spindelhersteller, die zur Aufnahme der Patrone deren Form als Innenkontur in die Spindel einbringen müssen. Auch sie können komplett von einer Seite her zerspanen, was Kosten spart und beste Konzentrizität, Rundläufe und Genauigkeiten ermöglicht. Ein weiteres Qualitätsmerkmal, das ebenfalls zur hohen Wuchtgüte beiträgt, ist die einsatzgehärtete und präzisionsgeschliffene Zugstange, die als Führung für das Federpaket dient. Sigma misst die Bohrungen der zugelieferten Tellerfedern und wählt diejenigen aus, die in einer bestimmten engen Toleranz liegen.

Spannpatrone hat bereits Kanäle für Blasluft integriert

Ein anderes wichtiges Merkmal, durch das sich die HSK-Spannpatrone von anderen Automatikspannern abhebt, sind integrierte Luftkanäle, die für eine Blasreinigung der Anlagefläche sorgen. Der Spanner ist so aufgebaut, dass am hinteren Ende durch einen eigenen Kanal Blasluft zugeführt werden kann, die innen durch die Schubstange nach vorne und dann in Seitenkanäle gelangt. Über eine sogenannte Luftringkammer wird sie zu acht Düsen geführt, die dafür sorgen, dass die Luft während des Fügens den gesamten HSK bis an die Planfläche bestreicht. Je weiter der HSK eingeführt wird, umso kleiner wird der Luftspalt und umso höher die Beschleunigung der Luft. Durch diesen Effekt wird der Schmutz weggeblasen. Josef Reinauer: "Das heißt im Klartext: Unser Spanner bringt die Luftkanäle gleich mit. So muss die Spindel dafür nicht extra gebohrt werden, was dem Spindelhersteller einen erheblichen Arbeitsaufwand erspart."

Verschiedene Varianten und Größen

Sigma baut die ASS Automatikspanner in den Größen HSK 25 bis HSK 100 in Standard- oder Präzisionsausführung, die sich für Hochgeschwindigkeitsbearbeitung eignet. Es gibt sie als bloße HSK-Spannsätze zum Einbau in rotierende Spindeln, wobei die Zugvorrichtung vom Spindelbauer selbst beigesteuert werden muss. Wesentlich komfortabler sind die HSK-Spannpatronen, die das Tellerfederpaket fertig vorgespannt und eingestellt enthalten. SiGMA bietet dafür auch individuelle gestaltbare Löseeinheiten an. Die HSK-Spannpatrone gibt es - ebenso wie den HSK-Spannsatz - in zwei Varianten: mit und ohne Flansch. Bei der Flanschvariante, die bereits einen HSK enthält, wird der ASS-Spanner in die Spindel geschoben und über den Flansch angeschraubt. Die flanschlose HSK-Spannpatrone für den Direkteinbau eignet sich für Spindeln, deren Lagerdurchmesser keinen Platz für einen Flansch bietet. Sie enthält von Hersteller-Seite keinen HSK, denn dieser ist Bestandteil der Spindel. Die Spannpatrone wird über einen Einschraubring befestigt, der mittels Montageglocke zusammen mit der kompletten Spannpatrone eingeschraubt wird. Mitnehmersteine lassen sich bei Bedarf nach der Spannmontage separat einbauen.

Fischer AG setzt auf ASS-Automatik-Spanner

Inzwischen sind die Automatikspanner von Sigma in der Industrie angekommen. Die Fischer AG, renommierter Hersteller von Präzisionsspindeln, setzt diese in Spindeln für den Formen- und Werkzeugbau sowie die Leichtzerspanung ein. Johann Puter, Projektleiter Forschung und Entwicklung Bereich Aerospace / Leichtbau, erklärt: "Bei Neuentwicklungen von Spindelsystemen streben wir nebst einer gesteigerten Performance immer auch eine reduzierte Komplexität des mechanischen Systems an. Im Bereich der Werkzeugspannung bringt der Einsatz der Sigma ASS-Spannsysteme genau diese Vorteile mit sich. Durch die integrierte Hubbegrenzung und die deutlich kleineren Betätigungskräfte kann insbesondere der Aufbau der Löseeinheit kompakter und einfacher ausgelegt werden." Fischer erreicht durch die integrale Spannpatrone eine signifikante Zeiteinsparung im Montageprozess. Das optimale Preis- Leistungsverhältnis unterstreicht zusätzlich die wirtschaftlichen Vorteile dieses Systems. "In Zusammenarbeit mit dem Hersteller konnten wir die Spannsysteme bereits erfolgreich in Spindeln für den Formen- und Werkzeugbau sowie die Leichtzerspanung integrieren", bestätigt Johann Puter. lg

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