Montagetechnik
Am Pumpen-Picker
Wer in der kalten Jahreszeit einen Heizkörperthermostaten aufdreht, nutzt eine Erfindung des dänischen Herstellers Danfoss. Das 1933 gegründete Unternehmen zählt heute zu den weltweit führenden Herstellern von Regeltechnik in der Heizungsbranche. Eher Branchenkennern ist hingegen bekannt, dass das Unternehmen auch als einer der Mainplayer im Bereich wartungsarmer Hochdruckpumpen im Markt steht. Die Montage dieser Bausteine etwa von Niedrigenergieanlagen ist derart aufwendig, dass sie aus Qualitäts- und Sicherheitsgründen nach wie vor manuell erfolgen muss. Als Danfoss im Frühjahr 2010 im Bereich High-Pressure Systems die Planungen für eine Lageroptimierung aufnahm, stand neben der Arbeitsplatzverbesserung auch mehr Prozesssicherheit im Fokus. Platzeinsparung, Durchsatzsteigerung, Prozessoptimierung, Transparenz und Ergonomie waren weitere Stichpunkte. Danfoss suchte obendrein eine ausbaufähige und anpassungsfähige Lösung. Den Zuschlag für das Projekt erhielt SSI Schäfer in Neunkirchen. Auf Basis einer Pick-at-Work-Montageanlage und dem intelligenten E-Pick-Kommissioniersystem von SSI Schäfer in Graz hat der Intralogistikspezialist ein umfassendes Konzept präsentiert. In Kombination mit Durchlaufregalen und unter Einbindung IT-gestützter Werkzeuge sowie durch Anbindung an das Danfoss-SAP-System entstand eine Gesamtlösung für nahezu hundert Prozent Prozesssicherheit.
Teile-Verwechslung ausgeschlossen
Um Verwechslungen bei unterschiedlichen Varianten zu vermeiden, hat Danfoss bei der Lagerung der Pumpenteile und Montagekomponenten zunächst das zuvor genutzte Paternoster-System durch drei Kolli-Durchlaufregale abgelöst. Die jeweils acht Meter langen und knapp drei Meter hohen Regale sind mit rund 400 Behältern aus dem Produktprogramm von SSI Schäfer bestückt. Oberhalb des Regals sind Palettenstellplätze für größere Pumpenteile und den Nachschub der Regalanlage eingerichtet. Daher wurde die Gesamtbelastbarkeit des Durchlaufregals statisch höher ausgelegt und die übliche Fachlast auf 1.000 Kilogramm pro Regal erhöht. In einem nächsten Schritt wurde auf eine papierlose Kommissionierung umgestellt. Dazu sind die Pickplätze der Regalanlage mit einem Pick-by-Light-System ausgestattet.
In einem letzten Umstellungsprozess wurde in dem 15 Quadratmeter großen Montagebereich das Herz der Anlage geschaffen: das lichtgesteuerte Pick-at-Work-Montage- und integrierte E-Pick-Kommissioniersystem. Pick-at-Work wurde von SSI Schäfer insbesondere für die Koordination von Montagearbeitsplätzen sowie der Bauteileoptimierung entwickelt. Besonderheit: Der Mitarbeiter wählt die Aufträge am Arbeitsplatz über ein Display aus, woraufhin die Lagerplätze der zu verbauenden Teile in der richtigen zu kommissionierenden und montierenden Reihenfolge aufleuchten. Im System hinterlegte Bilder der Montageschritte führen dabei nacheinander Schritt für Schritt durch den Arbeitsprozess. Quittierungen von Picks und Montageschritten an der Lichtleiste und auf dem Touchscreen der Displayanzeige geben Prozesssicherheit und sorgen für optimale Montageergebnisse. Durch die Anbindung an das Warehouse-Management-System (WMS) wird überdies kontinuierlich der Bestand in den Durchlaufregalen überwacht und gegebenenfalls die Nachschubversorgung automatisch angestoßen.
Das Zusammenstellen der Nachschubversorgung regelt das E-Pick-System. Dazu werden die Montageaufträge produkt- und auftragsbezogen aus SAP direkt in das E-Pick-System übergeben. Auch hier werden die Aufträge über ein Display ausgewählt, woraufhin die Lagerplätze der zu kommissionierenden Teile aufleuchten. Angestrebt sind bis zu sechs Monteure, die im laufenden Wechsel an dem mit einer eigenen IP-Adresse ausgestatteten Arbeitsplatz agieren. Dieses stößt in Kommunikation mit dem WMS die Kommissionierung der erforderlichen Materialien in den drei Durchlaufregalen an. Wenn die Übergabe aller angeforderten Teile abgeschlossen ist, gibt das System die Montage der Auftragspumpe frei.
Intelligente Interaktion zwischen den Systemen
Früher entstanden oft schon bei den Picks aus der Paternoster-Anlage Fehlleistungen, die die Montage verzögerten und im schlimmsten Falle zu fehlerhaften Montagen führten. Durch die redundant integrierten Qualitätssicherungsmaßnahmen des neuen Systems und die direkte Anbindung an das hauseigene SAP-System sind solche Fehler an dem Pick-at-Work-Arbeitsplatz jetzt ausgeschlossen. Hierfür war eine intelligente IT-Anbindung erforderlich. SSI Schäfer hat einen autarken Kommunikationsadapter für die Interaktion zwischen E-Pick-System und SAP entwickelt. So steht mit der Montage-Anlage eine herstellerunabhängige Linux-basierte IT für das Picksystem zur Verfügung.
Mehr noch: Durch das Einspeisen der elektronischen Montageanleitungen entfällt eine Hinterlegung gedruckter Montagemappen am Arbeitsplatz. Änderungen der Montageabläufe beziehungsweise der erforderlichen Komponenten sind problemlos integrierbar. Durch die direkte Kommunikation zwischen E-pick, WMS- und SAP-System kann die Steuerung und Überwachung von externen Montagewerkzeugen in die Prozesse eingebunden werden. Bei Danfoss etwa sind für die Fertigungsprozesse der Pumpen Drehmomentschrauber und Messuhren erforderlich. Kommen bei der Montage diese Komponenten zum Einsatz, werden die weiteren Montageschritte erst angezeigt, wenn die Werkzeuge ordnungsgemäß eingesetzt wurden. Dabei wird nicht nur die Verwendung des Instrumentes überprüft, sondern auch etwa der Zug der Schrauben und Muttern. Erst wenn diese mit dem optimalen Drehmoment ansitzen, wird der Prozess als abgeschlossen an das System gemeldet und der nächste Prozessschritt zur Anzeige auf dem Display freigegeben. Gleiches gilt für die Messuhren, die beispielsweise die Montage von Wellendichtungen überwachen. Die Steuerung beider Werkzeuge erfolgt über E-Pick. In der Kombination aus Regalanlage, ergonomischem Arbeitsplatz und E-Pick sowie durch die Einbindung zahlreicher Features ist hier eine High-End-Lösung der Pick-at-Work-Station geschaffen worden. pb